Modulation der Töne. Wenn die lesenswürdige Beschreibung dieser Maschine nicht Erklärung eines schon vollendeten Werks, sondern Entwurf eines erst auszuführenden Plans wäre, so würden die meisten sie für eine sinnreiche Chimäre erklären. Vaucanson verfertigte noch außerdem einen Trommelschläger, der mit der einen Hand das Flageolet spielte, und mit der andern das Stück auf der Trommel mit einfachen, doppelten und Wirbelschlägen begleitete; ingleichen eine Ente, welche die Körner mit dem Schnabel aufnahm, kaute, verschlang, und durch die natürlichen Wege in einer verdauten Körnern ähnlichen Gestalt wieder von sich gab. Diese Ente schlug mit den Flügeln, richtete sich auf den Füßen in die Höhe, drehte den Hals u. s. w., und der Bau ihres Körpers war der Natur so viel möglich nachgeahmt. Diese Vaucansonschen Avtomate besitzt gegenwärtig Herr Hofrath Beireis in Helmstädt.
Die beyden Iaquet Droz in der Chaux-de-Fonds, Vater und Sohn, haben diese von Vaucanson zuerst in Aufnahme gebrachte Kunst noch höher getrieben, und durch avtomatische Mechanismen alles ausgeführt, was nur das fruchtbarste ganz für die Mechanik gebohrne Genie hat erdenken können. In der von Herrn Bernoulli herausgegebenen Beschreibung des Fürstenthums Welsch-Neuenburg und Vallengin (Sammlung kurzer Reisebeschreib. erster überzähliger Band. Berlin 1783. S. 152 u. f.) findet sich eine kurze Anzeige der Werke dieser berühmten Künstler, von deren jüngerem Vaucanson selbst gesagt haben soll, dieser junge Mann fange da an, wo er aufgehört habe. Die merkwürdigsten dieser Avtomate sind die Figur eines zweyjährigen Kindes, das sitzend an einem Pulte seine Feder eintancht, das Ueberflüßige wegschüttelt, und alles, was man ihm in französischer Sprache vorsagt, nachschreibt; eine andere ähnliche Figur, welche mit dem Bleystifte kleine Zeichnungen auf einer Schreibtafel verfertiget; ein Mädchen, das den Flügel spielt, und ein zusammengesetztes Stück von 4 1/2 Schuh ins Gevierte und 2--3 Schuh Höhe, welches mancherley Scenen der Natur
Modulation der Toͤne. Wenn die leſenswuͤrdige Beſchreibung dieſer Maſchine nicht Erklaͤrung eines ſchon vollendeten Werks, ſondern Entwurf eines erſt auszufuͤhrenden Plans waͤre, ſo wuͤrden die meiſten ſie fuͤr eine ſinnreiche Chimaͤre erklaͤren. Vaucanſon verfertigte noch außerdem einen Trommelſchlaͤger, der mit der einen Hand das Flageolet ſpielte, und mit der andern das Stuͤck auf der Trommel mit einfachen, doppelten und Wirbelſchlaͤgen begleitete; ingleichen eine Ente, welche die Koͤrner mit dem Schnabel aufnahm, kaute, verſchlang, und durch die natuͤrlichen Wege in einer verdauten Koͤrnern aͤhnlichen Geſtalt wieder von ſich gab. Dieſe Ente ſchlug mit den Fluͤgeln, richtete ſich auf den Fuͤßen in die Hoͤhe, drehte den Hals u. ſ. w., und der Bau ihres Koͤrpers war der Natur ſo viel moͤglich nachgeahmt. Dieſe Vaucanſonſchen Avtomate beſitzt gegenwaͤrtig Herr Hofrath Beireis in Helmſtaͤdt.
Die beyden Iaquet Droz in der Chaux-de-Fonds, Vater und Sohn, haben dieſe von Vaucanſon zuerſt in Aufnahme gebrachte Kunſt noch hoͤher getrieben, und durch avtomatiſche Mechaniſmen alles ausgefuͤhrt, was nur das fruchtbarſte ganz fuͤr die Mechanik gebohrne Genie hat erdenken koͤnnen. In der von Herrn Bernoulli herausgegebenen Beſchreibung des Fuͤrſtenthums Welſch-Neuenburg und Vallengin (Sammlung kurzer Reiſebeſchreib. erſter uͤberzaͤhliger Band. Berlin 1783. S. 152 u. f.) findet ſich eine kurze Anzeige der Werke dieſer beruͤhmten Kuͤnſtler, von deren juͤngerem Vaucanſon ſelbſt geſagt haben ſoll, dieſer junge Mann fange da an, wo er aufgehoͤrt habe. Die merkwuͤrdigſten dieſer Avtomate ſind die Figur eines zweyjaͤhrigen Kindes, das ſitzend an einem Pulte ſeine Feder eintancht, das Ueberfluͤßige wegſchuͤttelt, und alles, was man ihm in franzoͤſiſcher Sprache vorſagt, nachſchreibt; eine andere aͤhnliche Figur, welche mit dem Bleyſtifte kleine Zeichnungen auf einer Schreibtafel verfertiget; ein Maͤdchen, das den Fluͤgel ſpielt, und ein zuſammengeſetztes Stuͤck von 4 1/2 Schuh ins Gevierte und 2—3 Schuh Hoͤhe, welches mancherley Scenen der Natur
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Modulation der Toͤne. Wenn die leſenswuͤrdige Beſchreibung dieſer Maſchine nicht Erklaͤrung eines ſchon vollendeten Werks, ſondern Entwurf eines erſt auszufuͤhrenden Plans waͤre, ſo wuͤrden die meiſten ſie fuͤr eine ſinnreiche Chimaͤre erklaͤren. Vaucanſon verfertigte noch außerdem einen Trommelſchlaͤger, der mit der einen Hand das Flageolet ſpielte, und mit der andern das Stuͤck auf der Trommel mit einfachen, doppelten und Wirbelſchlaͤgen begleitete; ingleichen eine Ente, welche die Koͤrner mit dem Schnabel aufnahm, kaute, verſchlang, und durch die natuͤrlichen Wege in einer verdauten Koͤrnern aͤhnlichen Geſtalt wieder von ſich gab. Dieſe Ente ſchlug mit den Fluͤgeln, richtete ſich auf den Fuͤßen in die Hoͤhe, drehte den Hals u. ſ. w., und der Bau ihres Koͤrpers war der Natur ſo viel moͤglich nachgeahmt. Dieſe Vaucanſonſchen Avtomate beſitzt gegenwaͤrtig Herr Hofrath Beireis in Helmſtaͤdt.
Die beyden Iaquet Droz in der Chaux-de-Fonds, Vater und Sohn, haben dieſe von Vaucanſon zuerſt in Aufnahme gebrachte Kunſt noch hoͤher getrieben, und durch avtomatiſche Mechaniſmen alles ausgefuͤhrt, was nur das fruchtbarſte ganz fuͤr die Mechanik gebohrne Genie hat erdenken koͤnnen. In der von Herrn Bernoulli herausgegebenen Beſchreibung des Fuͤrſtenthums Welſch-Neuenburg und Vallengin (Sammlung kurzer Reiſebeſchreib. erſter uͤberzaͤhliger Band. Berlin 1783. S. 152 u. f.) findet ſich eine kurze Anzeige der Werke dieſer beruͤhmten Kuͤnſtler, von deren juͤngerem Vaucanſon ſelbſt geſagt haben ſoll, dieſer junge Mann fange da an, wo er aufgehoͤrt habe. Die merkwuͤrdigſten dieſer Avtomate ſind die Figur eines zweyjaͤhrigen Kindes, das ſitzend an einem Pulte ſeine Feder eintancht, das Ueberfluͤßige wegſchuͤttelt, und alles, was man ihm in franzoͤſiſcher Sprache vorſagt, nachſchreibt; eine andere aͤhnliche Figur, welche mit dem Bleyſtifte kleine Zeichnungen auf einer Schreibtafel verfertiget; ein Maͤdchen, das den Fluͤgel ſpielt, und ein zuſammengeſetztes Stuͤck von 4 1/2 Schuh ins Gevierte und 2—3 Schuh Hoͤhe, welches mancherley Scenen der Natur
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/237>, abgerufen am 22.11.2024.
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