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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Im Gedritt- oder Trigonalscheine, Geviert- oder Quadratscheine, Gesechst- oder Sextilscheine stehen zween Planeten, wenn sich ihre Längen um den dritten, vierten, sechsten Theil von 360°, oder um 120°, 90° 60° unterscheiden. Die Zeichen dafür sind [Abbildung] . Diese Aspecten pflegt man noch immer in den Kalendern anzugeben, und sich dabey der angeführten Zeichen zu bedienen. So heist [Abbildung] , Jupiter und Mars im Gedrittscheine; beym Monde pflegt man, weil er wegen seines geschwinden Laufs täglich in andere Aspecten kömmt, sein Zeichen wegzulassen. So heist [Abbildung] : Jupiter steht mit dem Mond im Quadratscheine.

Der astrologische Aberglaube hat den Aspecten große Einflüsse in die Schicksale der Menschen und in die Begebenheiten der Staaten zugeschrieben. Die Zusammenkunft des Jupiters und Saturns ward die große, und wenn sie im Zeichen des Widders, oder nahe am Anfange des Thierkreises erfolgte, die gröste Conjunction genannt und man erwartete von solchen Begebenheiten wichtige Revolutionen. Es ist zu bedauern, daß dergleichen Irrthümer durch schlechte Kalender noch immer unterhalten und unter dem Volke verbreitet werden. Noch am 12 Iunius 1785, da Iupiter und Mars im Zeichen des Widders zusammenkamen, erwartete man, der Vorhersagung einiger Kalender gemäß, ich weiß nicht was für eine schreckliche Katastrophe, und nach der Meynung vieler das Ende der Welt. Welche lächerliche Auftritte die Furcht vor diesem Tage selbst in Sachsen veranlassete, ist noch in frischem Andenken. Es ist doch nichts begreiflicher, als daß der Zusammenhang der Weltbegebenheiten von ganz andern Ursachen abhängen müsse, als davon, ob zwo Linien aus der Erde nach dem Mars und Iupiter gezogen, einen großen oder kleinen Winkel mit einander machen.

Daß man übrigens auf die Zusammenkünfte der Planeten von sehr alten Zeiten her aufmerksam gewesen sey, beweist eine sinesische Beobachtung einer Conjunction von fünf Planeten zu einer Zeit, da Sonne und Mond um den 15ten Grad des Wassermanns standen, welche dem


Im Gedritt- oder Trigonalſcheine, Geviert- oder Quadratſcheine, Geſechſt- oder Sextilſcheine ſtehen zween Planeten, wenn ſich ihre Laͤngen um den dritten, vierten, ſechſten Theil von 360°, oder um 120°, 90° 60° unterſcheiden. Die Zeichen dafuͤr ſind [Abbildung] . Dieſe Aſpecten pflegt man noch immer in den Kalendern anzugeben, und ſich dabey der angefuͤhrten Zeichen zu bedienen. So heiſt [Abbildung] , Jupiter und Mars im Gedrittſcheine; beym Monde pflegt man, weil er wegen ſeines geſchwinden Laufs taͤglich in andere Aſpecten koͤmmt, ſein Zeichen wegzulaſſen. So heiſt [Abbildung] : Jupiter ſteht mit dem Mond im Quadratſcheine.

Der aſtrologiſche Aberglaube hat den Aſpecten große Einfluͤſſe in die Schickſale der Menſchen und in die Begebenheiten der Staaten zugeſchrieben. Die Zuſammenkunft des Jupiters und Saturns ward die große, und wenn ſie im Zeichen des Widders, oder nahe am Anfange des Thierkreiſes erfolgte, die groͤſte Conjunction genannt und man erwartete von ſolchen Begebenheiten wichtige Revolutionen. Es iſt zu bedauern, daß dergleichen Irrthuͤmer durch ſchlechte Kalender noch immer unterhalten und unter dem Volke verbreitet werden. Noch am 12 Iunius 1785, da Iupiter und Mars im Zeichen des Widders zuſammenkamen, erwartete man, der Vorherſagung einiger Kalender gemaͤß, ich weiß nicht was fuͤr eine ſchreckliche Kataſtrophe, und nach der Meynung vieler das Ende der Welt. Welche laͤcherliche Auftritte die Furcht vor dieſem Tage ſelbſt in Sachſen veranlaſſete, iſt noch in friſchem Andenken. Es iſt doch nichts begreiflicher, als daß der Zuſammenhang der Weltbegebenheiten von ganz andern Urſachen abhaͤngen muͤſſe, als davon, ob zwo Linien aus der Erde nach dem Mars und Iupiter gezogen, einen großen oder kleinen Winkel mit einander machen.

Daß man uͤbrigens auf die Zuſammenkuͤnfte der Planeten von ſehr alten Zeiten her aufmerkſam geweſen ſey, beweiſt eine ſineſiſche Beobachtung einer Conjunction von fuͤnf Planeten zu einer Zeit, da Sonne und Mond um den 15ten Grad des Waſſermanns ſtanden, welche dem

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[135/0149] Im Gedritt- oder Trigonalſcheine, Geviert- oder Quadratſcheine, Geſechſt- oder Sextilſcheine ſtehen zween Planeten, wenn ſich ihre Laͤngen um den dritten, vierten, ſechſten Theil von 360°, oder um 120°, 90° 60° unterſcheiden. Die Zeichen dafuͤr ſind [Abbildung] . Dieſe Aſpecten pflegt man noch immer in den Kalendern anzugeben, und ſich dabey der angefuͤhrten Zeichen zu bedienen. So heiſt [Abbildung] , Jupiter und Mars im Gedrittſcheine; beym Monde pflegt man, weil er wegen ſeines geſchwinden Laufs taͤglich in andere Aſpecten koͤmmt, ſein Zeichen wegzulaſſen. So heiſt [Abbildung] : Jupiter ſteht mit dem Mond im Quadratſcheine. Der aſtrologiſche Aberglaube hat den Aſpecten große Einfluͤſſe in die Schickſale der Menſchen und in die Begebenheiten der Staaten zugeſchrieben. Die Zuſammenkunft des Jupiters und Saturns ward die große, und wenn ſie im Zeichen des Widders, oder nahe am Anfange des Thierkreiſes erfolgte, die groͤſte Conjunction genannt und man erwartete von ſolchen Begebenheiten wichtige Revolutionen. Es iſt zu bedauern, daß dergleichen Irrthuͤmer durch ſchlechte Kalender noch immer unterhalten und unter dem Volke verbreitet werden. Noch am 12 Iunius 1785, da Iupiter und Mars im Zeichen des Widders zuſammenkamen, erwartete man, der Vorherſagung einiger Kalender gemaͤß, ich weiß nicht was fuͤr eine ſchreckliche Kataſtrophe, und nach der Meynung vieler das Ende der Welt. Welche laͤcherliche Auftritte die Furcht vor dieſem Tage ſelbſt in Sachſen veranlaſſete, iſt noch in friſchem Andenken. Es iſt doch nichts begreiflicher, als daß der Zuſammenhang der Weltbegebenheiten von ganz andern Urſachen abhaͤngen muͤſſe, als davon, ob zwo Linien aus der Erde nach dem Mars und Iupiter gezogen, einen großen oder kleinen Winkel mit einander machen. Daß man uͤbrigens auf die Zuſammenkuͤnfte der Planeten von ſehr alten Zeiten her aufmerkſam geweſen ſey, beweiſt eine ſineſiſche Beobachtung einer Conjunction von fuͤnf Planeten zu einer Zeit, da Sonne und Mond um den 15ten Grad des Waſſermanns ſtanden, welche dem

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/149>, abgerufen am 02.05.2024.