an, und geben ihm wenig Gelegenheit, sie zu wie- derholen. Alles dieses ist in einer geheimen Un- terredung verändert; der Gegenstand ist einfa- cher, und man hält länger bey demselben aus; überdieß hat man mehr die Absicht, zu untersu- chen. Der andre findet also nunmehr, da er sich die Zeit nimmt nachzudenken, die Betrach- tung des philosophischen Geistes richtig, aber feiner, als er sie selbst würde gemacht haben, und nun entsteht die Achtung aus eben den Ursa- chen, um deren willen er vorher vernachläßiget wurde.
Im Ganzen genommen aber muß die erste Art von Verstand den Menschen zur Gesellschaft geschickter machen, als die zweyte. Helvetius sagt: Die gewöhnlichste Materie des Gesprächs in der Welt ist von Personen und Begebenheiten, nicht von Sachen. Der angenehme Mensch in der Gesellschaft ist also der, der durch einen sehr ausgebreiteten Umgang viele Personen und ihre Umstände kennt, und zwar gerade die Personen, von denen der Gesellschaft daran gelegen ist, et-
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der Faͤhigkeiten.
an, und geben ihm wenig Gelegenheit, ſie zu wie- derholen. Alles dieſes iſt in einer geheimen Un- terredung veraͤndert; der Gegenſtand iſt einfa- cher, und man haͤlt laͤnger bey demſelben aus; uͤberdieß hat man mehr die Abſicht, zu unterſu- chen. Der andre findet alſo nunmehr, da er ſich die Zeit nimmt nachzudenken, die Betrach- tung des philoſophiſchen Geiſtes richtig, aber feiner, als er ſie ſelbſt wuͤrde gemacht haben, und nun entſteht die Achtung aus eben den Urſa- chen, um deren willen er vorher vernachlaͤßiget wurde.
Im Ganzen genommen aber muß die erſte Art von Verſtand den Menſchen zur Geſellſchaft geſchickter machen, als die zweyte. Helvetius ſagt: Die gewoͤhnlichſte Materie des Geſpraͤchs in der Welt iſt von Perſonen und Begebenheiten, nicht von Sachen. Der angenehme Menſch in der Geſellſchaft iſt alſo der, der durch einen ſehr ausgebreiteten Umgang viele Perſonen und ihre Umſtaͤnde kennt, und zwar gerade die Perſonen, von denen der Geſellſchaft daran gelegen iſt, et-
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der Faͤhigkeiten.
an, und geben ihm wenig Gelegenheit, ſie zu wie-
derholen. Alles dieſes iſt in einer geheimen Un-
terredung veraͤndert; der Gegenſtand iſt einfa-
cher, und man haͤlt laͤnger bey demſelben aus;
uͤberdieß hat man mehr die Abſicht, zu unterſu-
chen. Der andre findet alſo nunmehr, da er
ſich die Zeit nimmt nachzudenken, die Betrach-
tung des philoſophiſchen Geiſtes richtig, aber
feiner, als er ſie ſelbſt wuͤrde gemacht haben,
und nun entſteht die Achtung aus eben den Urſa-
chen, um deren willen er vorher vernachlaͤßiget
wurde.
Im Ganzen genommen aber muß die erſte
Art von Verſtand den Menſchen zur Geſellſchaft
geſchickter machen, als die zweyte. Helvetius
ſagt: Die gewoͤhnlichſte Materie des Geſpraͤchs
in der Welt iſt von Perſonen und Begebenheiten,
nicht von Sachen. Der angenehme Menſch in
der Geſellſchaft iſt alſo der, der durch einen ſehr
ausgebreiteten Umgang viele Perſonen und ihre
Umſtaͤnde kennt, und zwar gerade die Perſonen,
von denen der Geſellſchaft daran gelegen iſt, et-
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/71>, abgerufen am 23.11.2024.
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