Der lezte Auftritt dieses Trauerspiels ist der ausgearbeitetste unter allen, und er ist es vielleicht vorzüglich, der dem ganzen Buche seinen Ruhm verschafft hat.
Dido, in dem Augenblicke, da sie sterben will, ist nicht mehr in Wut -- dieß würde den Leser nicht gerührt, sondern beleidigt haben. Sie ist bey dem Anblicke der Waffen und aller Denk- mäler des Aeneas und ihrer Liebe, die auf dem Scheiterhaufen liegen, nur gerührt, nur weh- müthig.
Dulces exuuiae!
Sie schiebt die Ursache ihres Unglücks mehr auf das Schicksal, als auf ihren Geliebten:
Dum fata deusque sinebant.
Dann wird sie groß. Sie sieht in sich nicht mehr die schwache verliebte Dido, nicht die ver- achtete und verzweifelnde Geliebte: sondern die Königinn, die Stifterinn eines neuen Staates, die glückliche Rächerinn des Todes ihres Ge- mahls:
D d 3
uͤber das Intereſſirende.
Der lezte Auftritt dieſes Trauerſpiels iſt der ausgearbeitetſte unter allen, und er iſt es vielleicht vorzuͤglich, der dem ganzen Buche ſeinen Ruhm verſchafft hat.
Dido, in dem Augenblicke, da ſie ſterben will, iſt nicht mehr in Wut — dieß wuͤrde den Leſer nicht geruͤhrt, ſondern beleidigt haben. Sie iſt bey dem Anblicke der Waffen und aller Denk- maͤler des Aeneas und ihrer Liebe, die auf dem Scheiterhaufen liegen, nur geruͤhrt, nur weh- muͤthig.
Dulces exuuiae!
Sie ſchiebt die Urſache ihres Ungluͤcks mehr auf das Schickſal, als auf ihren Geliebten:
Dum fata deusque ſinebant.
Dann wird ſie groß. Sie ſieht in ſich nicht mehr die ſchwache verliebte Dido, nicht die ver- achtete und verzweifelnde Geliebte: ſondern die Koͤniginn, die Stifterinn eines neuen Staates, die gluͤckliche Raͤcherinn des Todes ihres Ge- mahls:
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uͤber das Intereſſirende.
Der lezte Auftritt dieſes Trauerſpiels iſt der
ausgearbeitetſte unter allen, und er iſt es vielleicht
vorzuͤglich, der dem ganzen Buche ſeinen Ruhm
verſchafft hat.
Dido, in dem Augenblicke, da ſie ſterben
will, iſt nicht mehr in Wut — dieß wuͤrde den
Leſer nicht geruͤhrt, ſondern beleidigt haben. Sie
iſt bey dem Anblicke der Waffen und aller Denk-
maͤler des Aeneas und ihrer Liebe, die auf dem
Scheiterhaufen liegen, nur geruͤhrt, nur weh-
muͤthig.
Dulces exuuiae!
Sie ſchiebt die Urſache ihres Ungluͤcks mehr auf
das Schickſal, als auf ihren Geliebten:
Dum fata deusque ſinebant.
Dann wird ſie groß. Sie ſieht in ſich nicht
mehr die ſchwache verliebte Dido, nicht die ver-
achtete und verzweifelnde Geliebte: ſondern die
Koͤniginn, die Stifterinn eines neuen Staates,
die gluͤckliche Raͤcherinn des Todes ihres Ge-
mahls:
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/427>, abgerufen am 23.11.2024.
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