Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.über das Interessirende. Denn mit dem Menschen haben wir doch von demersten Augenblicke unsers Bewußtseyns an am meisten zu thun, mit ihm verbinden uns unsere Bedürfnisse am genauesten, auf ihn macht uns unsere Natur am öftersten aufmerksam. Geschäfte und Vergnügungen, alles, wodurch wir Begriffe bekommen oder gewisse Neigungen annehmen, be- ziehen sich nur auf Menschen, oder werden mit ihnen gemeinschaftlich unternommen und genos- sen. Also müssen von keiner Sache in der Natur so viele Elemente von Ideen bey uns vorhanden, auf keine muß unsre Neugierde so sehr gerichtet seyn, zu keiner Erkenntniß muß so viel Anlage und so viel Bedürfniß in uns liegen, als zu der Kenntniß des Menschen. -- Man weise uns den Menschen, den geringen wie den hohen, in außer- ordentlichen oder in alltäglichen Vorfällen; aber man weise ihn uns so, wie wir ihn eigentlich ken- nen wollen, als einen denkenden, empfindenden Menschen; man finde die wahren Worte, die ihm seine Situation eingeben, die eigentlichen Hand- lungen, zu denen ihn sein Charakter treiben muß: S 5
uͤber das Intereſſirende. Denn mit dem Menſchen haben wir doch von demerſten Augenblicke unſers Bewußtſeyns an am meiſten zu thun, mit ihm verbinden uns unſere Beduͤrfniſſe am genaueſten, auf ihn macht uns unſere Natur am oͤfterſten aufmerkſam. Geſchaͤfte und Vergnuͤgungen, alles, wodurch wir Begriffe bekommen oder gewiſſe Neigungen annehmen, be- ziehen ſich nur auf Menſchen, oder werden mit ihnen gemeinſchaftlich unternommen und genoſ- ſen. Alſo muͤſſen von keiner Sache in der Natur ſo viele Elemente von Ideen bey uns vorhanden, auf keine muß unſre Neugierde ſo ſehr gerichtet ſeyn, zu keiner Erkenntniß muß ſo viel Anlage und ſo viel Beduͤrfniß in uns liegen, als zu der Kenntniß des Menſchen. — Man weiſe uns den Menſchen, den geringen wie den hohen, in außer- ordentlichen oder in alltaͤglichen Vorfaͤllen; aber man weiſe ihn uns ſo, wie wir ihn eigentlich ken- nen wollen, als einen denkenden, empfindenden Menſchen; man finde die wahren Worte, die ihm ſeine Situation eingeben, die eigentlichen Hand- lungen, zu denen ihn ſein Charakter treiben muß: S 5
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uͤber das Intereſſirende.
Denn mit dem Menſchen haben wir doch von dem
erſten Augenblicke unſers Bewußtſeyns an am
meiſten zu thun, mit ihm verbinden uns unſere
Beduͤrfniſſe am genaueſten, auf ihn macht uns
unſere Natur am oͤfterſten aufmerkſam. Geſchaͤfte
und Vergnuͤgungen, alles, wodurch wir Begriffe
bekommen oder gewiſſe Neigungen annehmen, be-
ziehen ſich nur auf Menſchen, oder werden mit
ihnen gemeinſchaftlich unternommen und genoſ-
ſen. Alſo muͤſſen von keiner Sache in der Natur
ſo viele Elemente von Ideen bey uns vorhanden,
auf keine muß unſre Neugierde ſo ſehr gerichtet
ſeyn, zu keiner Erkenntniß muß ſo viel Anlage
und ſo viel Beduͤrfniß in uns liegen, als zu der
Kenntniß des Menſchen. — Man weiſe uns den
Menſchen, den geringen wie den hohen, in außer-
ordentlichen oder in alltaͤglichen Vorfaͤllen; aber
man weiſe ihn uns ſo, wie wir ihn eigentlich ken-
nen wollen, als einen denkenden, empfindenden
Menſchen; man finde die wahren Worte, die ihm
ſeine Situation eingeben, die eigentlichen Hand-
lungen, zu denen ihn ſein Charakter treiben muß:
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