zum andern, daß der Vortrag, der Styl, die Methode seines Buchs mehr auf die wirkliche Besserung, als auf den bloßen Unterricht abzielen solle.
Wenn ein Werk einen großen und guten End- zweck hat, und diesen Endzweck erreicht, so ist das Werk gut. Und kann es wohl einen bessern und höhern Endzweck geben, als den, die Schätze der menschlichen Weisheit aus den Händen der wenigen, die sie zuerst gesammlet und zum Theil bisher in verborgenen Gefäßen verwahrt haben, in die Hände des Volks zu bringen; mit einem Worte, den großen Haufen der Nation, selbst mit Vorbeylassung der Gelehrtern und Weisern, zu erleichten und zu veredeln? Wenn also Gellerts Moral auch weiter nichts thäte, als daß sie die Vorschriften und Bewegungsgründe der Moral, die lange bekannt, und vielleicht vollständiger und tiefsinniger abgehandelt sind, so vortrüge, daß sie nun nicht bloß auf den kleinen Haufen schon edler Seelen wirkten, die, um überzeugt zu seyn, nur Gründe, und um bewegt zu werden,
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deſſen Schriften und Charakter.
zum andern, daß der Vortrag, der Styl, die Methode ſeines Buchs mehr auf die wirkliche Beſſerung, als auf den bloßen Unterricht abzielen ſolle.
Wenn ein Werk einen großen und guten End- zweck hat, und dieſen Endzweck erreicht, ſo iſt das Werk gut. Und kann es wohl einen beſſern und hoͤhern Endzweck geben, als den, die Schaͤtze der menſchlichen Weisheit aus den Haͤnden der wenigen, die ſie zuerſt geſammlet und zum Theil bisher in verborgenen Gefaͤßen verwahrt haben, in die Haͤnde des Volks zu bringen; mit einem Worte, den großen Haufen der Nation, ſelbſt mit Vorbeylaſſung der Gelehrtern und Weiſern, zu erleichten und zu veredeln? Wenn alſo Gellerts Moral auch weiter nichts thaͤte, als daß ſie die Vorſchriften und Bewegungsgruͤnde der Moral, die lange bekannt, und vielleicht vollſtaͤndiger und tiefſinniger abgehandelt ſind, ſo vortruͤge, daß ſie nun nicht bloß auf den kleinen Haufen ſchon edler Seelen wirkten, die, um uͤberzeugt zu ſeyn, nur Gruͤnde, und um bewegt zu werden,
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[209/0215]
deſſen Schriften und Charakter.
zum andern, daß der Vortrag, der Styl, die
Methode ſeines Buchs mehr auf die wirkliche
Beſſerung, als auf den bloßen Unterricht abzielen
ſolle.
Wenn ein Werk einen großen und guten End-
zweck hat, und dieſen Endzweck erreicht, ſo iſt
das Werk gut. Und kann es wohl einen beſſern
und hoͤhern Endzweck geben, als den, die Schaͤtze
der menſchlichen Weisheit aus den Haͤnden der
wenigen, die ſie zuerſt geſammlet und zum Theil
bisher in verborgenen Gefaͤßen verwahrt haben,
in die Haͤnde des Volks zu bringen; mit einem
Worte, den großen Haufen der Nation, ſelbſt mit
Vorbeylaſſung der Gelehrtern und Weiſern, zu
erleichten und zu veredeln? Wenn alſo Gellerts
Moral auch weiter nichts thaͤte, als daß ſie die
Vorſchriften und Bewegungsgruͤnde der Moral,
die lange bekannt, und vielleicht vollſtaͤndiger
und tiefſinniger abgehandelt ſind, ſo vortruͤge,
daß ſie nun nicht bloß auf den kleinen Haufen
ſchon edler Seelen wirkten, die, um uͤberzeugt zu
ſeyn, nur Gruͤnde, und um bewegt zu werden,
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/215>, abgerufen am 22.11.2024.
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