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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

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Verschiedenheiten in den Werken
schildern sie nicht nach unsern eigenen Beobach-
tungen, sondern nach Begriffen, die wir von an-
dern und großentheils von alten Dichtern über-
kommen haben. Sehr wenige sehen die Natur
so, wie sie innerhalb ihres eignen Gesichtskreises
liegt, und wie sie deswegen von einem Bezirke
zum andern abwechselt. Den Beschreibungen
der Alten sieht man es an, daß sie auf der Stelle
sind gemacht worden; alles schickt sich nur auf
ihr Land, ihre Menschen, ihre Geschichte. Selbst
jede ihrer Erdichtungen hieng auf gewisse Weise
mit der Wahrheit zusammen. Unsere Erdichtun-
gen gehen in die weite Welt hinaus, und sehen
dem einen Lande, der einen Epoche so ähnlich,
wie der andern. Wir richten uns bloß nach den
allgemeinen Gesetzen der Natur; sie weit mehr
nach den Verfassungen und Denkmälern ihres
Volks.

Aus dem, was wir bisher gesagt haben, wird
sich erklären lassen, was die Simplicität heiße,
die man den ältesten Schriftstellern als einen ih-
nen eignen Charakter zuschreibt, und die, wie

Verſchiedenheiten in den Werken
ſchildern ſie nicht nach unſern eigenen Beobach-
tungen, ſondern nach Begriffen, die wir von an-
dern und großentheils von alten Dichtern uͤber-
kommen haben. Sehr wenige ſehen die Natur
ſo, wie ſie innerhalb ihres eignen Geſichtskreiſes
liegt, und wie ſie deswegen von einem Bezirke
zum andern abwechſelt. Den Beſchreibungen
der Alten ſieht man es an, daß ſie auf der Stelle
ſind gemacht worden; alles ſchickt ſich nur auf
ihr Land, ihre Menſchen, ihre Geſchichte. Selbſt
jede ihrer Erdichtungen hieng auf gewiſſe Weiſe
mit der Wahrheit zuſammen. Unſere Erdichtun-
gen gehen in die weite Welt hinaus, und ſehen
dem einen Lande, der einen Epoche ſo aͤhnlich,
wie der andern. Wir richten uns bloß nach den
allgemeinen Geſetzen der Natur; ſie weit mehr
nach den Verfaſſungen und Denkmaͤlern ihres
Volks.

Aus dem, was wir bisher geſagt haben, wird
ſich erklaͤren laſſen, was die Simplicitaͤt heiße,
die man den aͤlteſten Schriftſtellern als einen ih-
nen eignen Charakter zuſchreibt, und die, wie

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[176/0182] Verſchiedenheiten in den Werken ſchildern ſie nicht nach unſern eigenen Beobach- tungen, ſondern nach Begriffen, die wir von an- dern und großentheils von alten Dichtern uͤber- kommen haben. Sehr wenige ſehen die Natur ſo, wie ſie innerhalb ihres eignen Geſichtskreiſes liegt, und wie ſie deswegen von einem Bezirke zum andern abwechſelt. Den Beſchreibungen der Alten ſieht man es an, daß ſie auf der Stelle ſind gemacht worden; alles ſchickt ſich nur auf ihr Land, ihre Menſchen, ihre Geſchichte. Selbſt jede ihrer Erdichtungen hieng auf gewiſſe Weiſe mit der Wahrheit zuſammen. Unſere Erdichtun- gen gehen in die weite Welt hinaus, und ſehen dem einen Lande, der einen Epoche ſo aͤhnlich, wie der andern. Wir richten uns bloß nach den allgemeinen Geſetzen der Natur; ſie weit mehr nach den Verfaſſungen und Denkmaͤlern ihres Volks. Aus dem, was wir bisher geſagt haben, wird ſich erklaͤren laſſen, was die Simplicitaͤt heiße, die man den aͤlteſten Schriftſtellern als einen ih- nen eignen Charakter zuſchreibt, und die, wie

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Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/182>, abgerufen am 23.11.2024.