Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.der ältesten und neuern Schriftsteller. man vorgiebt, die größte Schwierigkeit für denUebersetzer derselben in eine unsrer Sprachen aus- macht. Diese Simplicität ist nichts anders, als die zusammengefaßte unentwickelte Empfindung aller der Verschiedenheiten zwischen der Art, wie wir die Sachen sehen und ausdrücken, und zwi- schen der ihrigen. Ungefähr folgende Stücke sind einige von den Ursachen dieser Empfindung. Sie schildern alle Arten von Gegenständen, seltene und gemeine, bekannte und fremde: wir sind ge- wohnt, nur gewisse Gegenstände der Beschreibung und Betrachtung werth zu halten. Sie gehn mit ihrer ganzen Absicht niemals weiter, als uns das Bild der Sache, von der sie reden, zu überliefern: wir brauchen die Begebenheiten, die wir erzählen, die Objekte, die wir schildern, gemeiniglich nur als Gelegenheiten, eine Anzahl guter Ideen, die wir in unserm Kopfe gesammelt haben, anzubrin- gen. Sie legen niemals in den Ausdruck einen größern Reichthum von Gedanken, als der in dem Gegenstande selbst liegt: wir haben fast immer noch außer der Absicht, der Imagination des Le- M
der aͤlteſten und neuern Schriftſteller. man vorgiebt, die groͤßte Schwierigkeit fuͤr denUeberſetzer derſelben in eine unſrer Sprachen aus- macht. Dieſe Simplicitaͤt iſt nichts anders, als die zuſammengefaßte unentwickelte Empfindung aller der Verſchiedenheiten zwiſchen der Art, wie wir die Sachen ſehen und ausdruͤcken, und zwi- ſchen der ihrigen. Ungefaͤhr folgende Stuͤcke ſind einige von den Urſachen dieſer Empfindung. Sie ſchildern alle Arten von Gegenſtaͤnden, ſeltene und gemeine, bekannte und fremde: wir ſind ge- wohnt, nur gewiſſe Gegenſtaͤnde der Beſchreibung und Betrachtung werth zu halten. Sie gehn mit ihrer ganzen Abſicht niemals weiter, als uns das Bild der Sache, von der ſie reden, zu uͤberliefern: wir brauchen die Begebenheiten, die wir erzaͤhlen, die Objekte, die wir ſchildern, gemeiniglich nur als Gelegenheiten, eine Anzahl guter Ideen, die wir in unſerm Kopfe geſammelt haben, anzubrin- gen. Sie legen niemals in den Ausdruck einen groͤßern Reichthum von Gedanken, als der in dem Gegenſtande ſelbſt liegt: wir haben faſt immer noch außer der Abſicht, der Imagination des Le- M
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der aͤlteſten und neuern Schriftſteller.
man vorgiebt, die groͤßte Schwierigkeit fuͤr den
Ueberſetzer derſelben in eine unſrer Sprachen aus-
macht. Dieſe Simplicitaͤt iſt nichts anders, als
die zuſammengefaßte unentwickelte Empfindung
aller der Verſchiedenheiten zwiſchen der Art, wie
wir die Sachen ſehen und ausdruͤcken, und zwi-
ſchen der ihrigen. Ungefaͤhr folgende Stuͤcke ſind
einige von den Urſachen dieſer Empfindung. Sie
ſchildern alle Arten von Gegenſtaͤnden, ſeltene
und gemeine, bekannte und fremde: wir ſind ge-
wohnt, nur gewiſſe Gegenſtaͤnde der Beſchreibung
und Betrachtung werth zu halten. Sie gehn mit
ihrer ganzen Abſicht niemals weiter, als uns das
Bild der Sache, von der ſie reden, zu uͤberliefern:
wir brauchen die Begebenheiten, die wir erzaͤhlen,
die Objekte, die wir ſchildern, gemeiniglich nur
als Gelegenheiten, eine Anzahl guter Ideen, die
wir in unſerm Kopfe geſammelt haben, anzubrin-
gen. Sie legen niemals in den Ausdruck einen
groͤßern Reichthum von Gedanken, als der in dem
Gegenſtande ſelbſt liegt: wir haben faſt immer
noch außer der Abſicht, der Imagination des Le-
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Zitationshilfe: | Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/183>, abgerufen am 21.07.2024. |