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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

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der Fähigkeiten.
zu großen Einfluß hat. Und so, wie in Absicht
auf die Moral, die Schwermuth oder der Leicht-
sinn das Maaß unsrer Tugenden und Laster ver-
fälscht; so werden auch oft Furchtsamkeit und
Mistrauen unsre Fähigkeiten heruntersetzen, oder
Dreistigkeit und Munterkeit sie vergrößern. Der
Eine sucht selbst nicht so viel in seinem Verstande,
als er finden würde, wenn er nur Zutrauen zu
sich hätte, und läßt daher einen Theil seiner Ga-
ben ungebraucht; der Andre sucht in sich so viel,
und vielleicht noch etwas mehr, als er hat, und
wendet also eine kleinere Kraft mit größerm Nach-
druck an. Um also diesem Hindernisse abzuhelfen,
ist es eine Regel für den Lehrer, die Wage auf bei-
den Seiten einigermaßen gleich zu machen, entwe-
der, indem er dem einen etwas weniger, dem an-
dern etwas mehr als Gerechtigkeit wiederfahren
läßt, oder indem er sie in solche Umstände und
Verbindungen sezt, wo diese ihre Leidenschaften
ohne Einfluß sind. Vornehmlich aber muß er sich
dadurch warnen lassen, seine Schüler nicht nach
einzelnen Fällen, in denen sie sich entweder sehr

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der Faͤhigkeiten.
zu großen Einfluß hat. Und ſo, wie in Abſicht
auf die Moral, die Schwermuth oder der Leicht-
ſinn das Maaß unſrer Tugenden und Laſter ver-
faͤlſcht; ſo werden auch oft Furchtſamkeit und
Mistrauen unſre Faͤhigkeiten herunterſetzen, oder
Dreiſtigkeit und Munterkeit ſie vergroͤßern. Der
Eine ſucht ſelbſt nicht ſo viel in ſeinem Verſtande,
als er finden wuͤrde, wenn er nur Zutrauen zu
ſich haͤtte, und laͤßt daher einen Theil ſeiner Ga-
ben ungebraucht; der Andre ſucht in ſich ſo viel,
und vielleicht noch etwas mehr, als er hat, und
wendet alſo eine kleinere Kraft mit groͤßerm Nach-
druck an. Um alſo dieſem Hinderniſſe abzuhelfen,
iſt es eine Regel fuͤr den Lehrer, die Wage auf bei-
den Seiten einigermaßen gleich zu machen, entwe-
der, indem er dem einen etwas weniger, dem an-
dern etwas mehr als Gerechtigkeit wiederfahren
laͤßt, oder indem er ſie in ſolche Umſtaͤnde und
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ohne Einfluß ſind. Vornehmlich aber muß er ſich
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[113/0119] der Faͤhigkeiten. zu großen Einfluß hat. Und ſo, wie in Abſicht auf die Moral, die Schwermuth oder der Leicht- ſinn das Maaß unſrer Tugenden und Laſter ver- faͤlſcht; ſo werden auch oft Furchtſamkeit und Mistrauen unſre Faͤhigkeiten herunterſetzen, oder Dreiſtigkeit und Munterkeit ſie vergroͤßern. Der Eine ſucht ſelbſt nicht ſo viel in ſeinem Verſtande, als er finden wuͤrde, wenn er nur Zutrauen zu ſich haͤtte, und laͤßt daher einen Theil ſeiner Ga- ben ungebraucht; der Andre ſucht in ſich ſo viel, und vielleicht noch etwas mehr, als er hat, und wendet alſo eine kleinere Kraft mit groͤßerm Nach- druck an. Um alſo dieſem Hinderniſſe abzuhelfen, iſt es eine Regel fuͤr den Lehrer, die Wage auf bei- den Seiten einigermaßen gleich zu machen, entwe- der, indem er dem einen etwas weniger, dem an- dern etwas mehr als Gerechtigkeit wiederfahren laͤßt, oder indem er ſie in ſolche Umſtaͤnde und Verbindungen ſezt, wo dieſe ihre Leidenſchaften ohne Einfluß ſind. Vornehmlich aber muß er ſich dadurch warnen laſſen, ſeine Schuͤler nicht nach einzelnen Faͤllen, in denen ſie ſich entweder ſehr H

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Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/119>, abgerufen am 23.11.2024.