Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

Ueber die Prüfung
ist er verloren. Ein solcher muß die Wissenschaf-
ten verlassen.

Die andere Klasse von Gelehrten, welche die
Wissenschaften erweitern sollen, erfodert wirklich
das, was man Genie nennt, das heißt, irgend
eine Fähigkeit in einem vorzüglichen Grade und
die übrigen in einer gehörigen Unterordnung, sie
zu unterstützen. Wir haben hier das meiste schon
gethan, da wir die Merkmale dieser Fähigkeiten
angegeben haben. Die Wissenschaften selbst
braucht man hier nicht erst auszuzeichnen; zuerst,
weil solche Köpfe für sich selbst die Gegenstände
finden, die für sie gemacht sind; zweytens, weil
fast jede Wissenschaft so viel verschiedene Seiten
hat, daß man eben so viel verschiedene Köpfe
braucht, um sie anzubauen.

Nur bey der Wahl der Wissenschaften ist noch
dieß zu merken. Man suche den jungen Leuren
einen wirklichen Begriff von denselben beyzubrin-
gen, so daß sie im Ganzen, (und so weit es, ohne
sie erlernt zu haben, möglich ist,) ungefähr vor-
aussehen können, was sie darinne zu erwarten

Ueber die Pruͤfung
iſt er verloren. Ein ſolcher muß die Wiſſenſchaf-
ten verlaſſen.

Die andere Klaſſe von Gelehrten, welche die
Wiſſenſchaften erweitern ſollen, erfodert wirklich
das, was man Genie nennt, das heißt, irgend
eine Faͤhigkeit in einem vorzuͤglichen Grade und
die uͤbrigen in einer gehoͤrigen Unterordnung, ſie
zu unterſtuͤtzen. Wir haben hier das meiſte ſchon
gethan, da wir die Merkmale dieſer Faͤhigkeiten
angegeben haben. Die Wiſſenſchaften ſelbſt
braucht man hier nicht erſt auszuzeichnen; zuerſt,
weil ſolche Koͤpfe fuͤr ſich ſelbſt die Gegenſtaͤnde
finden, die fuͤr ſie gemacht ſind; zweytens, weil
faſt jede Wiſſenſchaft ſo viel verſchiedene Seiten
hat, daß man eben ſo viel verſchiedene Koͤpfe
braucht, um ſie anzubauen.

Nur bey der Wahl der Wiſſenſchaften iſt noch
dieß zu merken. Man ſuche den jungen Leuren
einen wirklichen Begriff von denſelben beyzubrin-
gen, ſo daß ſie im Ganzen, (und ſo weit es, ohne
ſie erlernt zu haben, moͤglich iſt,) ungefaͤhr vor-
ausſehen koͤnnen, was ſie darinne zu erwarten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0114" n="108"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ueber die Pru&#x0364;fung</hi></fw><lb/>
i&#x017F;t er verloren. Ein &#x017F;olcher muß die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaf-<lb/>
ten verla&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Die <hi rendition="#fr">andere</hi> Kla&#x017F;&#x017F;e von <hi rendition="#fr">Gelehrten</hi>, welche die<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften erweitern &#x017F;ollen, erfodert wirklich<lb/>
das, was man Genie nennt, das heißt, irgend<lb/>
eine Fa&#x0364;higkeit in einem vorzu&#x0364;glichen Grade und<lb/>
die u&#x0364;brigen in einer geho&#x0364;rigen Unterordnung, &#x017F;ie<lb/>
zu unter&#x017F;tu&#x0364;tzen. Wir haben hier das mei&#x017F;te &#x017F;chon<lb/>
gethan, da wir die Merkmale die&#x017F;er Fa&#x0364;higkeiten<lb/>
angegeben haben. Die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
braucht man hier nicht er&#x017F;t auszuzeichnen; zuer&#x017F;t,<lb/>
weil &#x017F;olche Ko&#x0364;pfe fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t die Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde<lb/>
finden, die fu&#x0364;r &#x017F;ie gemacht &#x017F;ind; zweytens, weil<lb/>
fa&#x017F;t jede Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft &#x017F;o viel ver&#x017F;chiedene Seiten<lb/>
hat, daß man eben &#x017F;o viel ver&#x017F;chiedene Ko&#x0364;pfe<lb/>
braucht, um &#x017F;ie anzubauen.</p><lb/>
        <p>Nur bey der Wahl der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften i&#x017F;t noch<lb/>
dieß zu merken. Man &#x017F;uche den jungen Leuren<lb/>
einen wirklichen Begriff von den&#x017F;elben beyzubrin-<lb/>
gen, &#x017F;o daß &#x017F;ie im Ganzen, (und &#x017F;o weit es, ohne<lb/>
&#x017F;ie erlernt zu haben, mo&#x0364;glich i&#x017F;t,) ungefa&#x0364;hr vor-<lb/>
aus&#x017F;ehen ko&#x0364;nnen, was &#x017F;ie darinne zu erwarten<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0114] Ueber die Pruͤfung iſt er verloren. Ein ſolcher muß die Wiſſenſchaf- ten verlaſſen. Die andere Klaſſe von Gelehrten, welche die Wiſſenſchaften erweitern ſollen, erfodert wirklich das, was man Genie nennt, das heißt, irgend eine Faͤhigkeit in einem vorzuͤglichen Grade und die uͤbrigen in einer gehoͤrigen Unterordnung, ſie zu unterſtuͤtzen. Wir haben hier das meiſte ſchon gethan, da wir die Merkmale dieſer Faͤhigkeiten angegeben haben. Die Wiſſenſchaften ſelbſt braucht man hier nicht erſt auszuzeichnen; zuerſt, weil ſolche Koͤpfe fuͤr ſich ſelbſt die Gegenſtaͤnde finden, die fuͤr ſie gemacht ſind; zweytens, weil faſt jede Wiſſenſchaft ſo viel verſchiedene Seiten hat, daß man eben ſo viel verſchiedene Koͤpfe braucht, um ſie anzubauen. Nur bey der Wahl der Wiſſenſchaften iſt noch dieß zu merken. Man ſuche den jungen Leuren einen wirklichen Begriff von denſelben beyzubrin- gen, ſo daß ſie im Ganzen, (und ſo weit es, ohne ſie erlernt zu haben, moͤglich iſt,) ungefaͤhr vor- ausſehen koͤnnen, was ſie darinne zu erwarten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/114
Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/114>, abgerufen am 23.11.2024.