ist er verloren. Ein solcher muß die Wissenschaf- ten verlassen.
Die andere Klasse von Gelehrten, welche die Wissenschaften erweitern sollen, erfodert wirklich das, was man Genie nennt, das heißt, irgend eine Fähigkeit in einem vorzüglichen Grade und die übrigen in einer gehörigen Unterordnung, sie zu unterstützen. Wir haben hier das meiste schon gethan, da wir die Merkmale dieser Fähigkeiten angegeben haben. Die Wissenschaften selbst braucht man hier nicht erst auszuzeichnen; zuerst, weil solche Köpfe für sich selbst die Gegenstände finden, die für sie gemacht sind; zweytens, weil fast jede Wissenschaft so viel verschiedene Seiten hat, daß man eben so viel verschiedene Köpfe braucht, um sie anzubauen.
Nur bey der Wahl der Wissenschaften ist noch dieß zu merken. Man suche den jungen Leuren einen wirklichen Begriff von denselben beyzubrin- gen, so daß sie im Ganzen, (und so weit es, ohne sie erlernt zu haben, möglich ist,) ungefähr vor- aussehen können, was sie darinne zu erwarten
Ueber die Pruͤfung
iſt er verloren. Ein ſolcher muß die Wiſſenſchaf- ten verlaſſen.
Die andere Klaſſe von Gelehrten, welche die Wiſſenſchaften erweitern ſollen, erfodert wirklich das, was man Genie nennt, das heißt, irgend eine Faͤhigkeit in einem vorzuͤglichen Grade und die uͤbrigen in einer gehoͤrigen Unterordnung, ſie zu unterſtuͤtzen. Wir haben hier das meiſte ſchon gethan, da wir die Merkmale dieſer Faͤhigkeiten angegeben haben. Die Wiſſenſchaften ſelbſt braucht man hier nicht erſt auszuzeichnen; zuerſt, weil ſolche Koͤpfe fuͤr ſich ſelbſt die Gegenſtaͤnde finden, die fuͤr ſie gemacht ſind; zweytens, weil faſt jede Wiſſenſchaft ſo viel verſchiedene Seiten hat, daß man eben ſo viel verſchiedene Koͤpfe braucht, um ſie anzubauen.
Nur bey der Wahl der Wiſſenſchaften iſt noch dieß zu merken. Man ſuche den jungen Leuren einen wirklichen Begriff von denſelben beyzubrin- gen, ſo daß ſie im Ganzen, (und ſo weit es, ohne ſie erlernt zu haben, moͤglich iſt,) ungefaͤhr vor- ausſehen koͤnnen, was ſie darinne zu erwarten
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Ueber die Pruͤfung
iſt er verloren. Ein ſolcher muß die Wiſſenſchaf-
ten verlaſſen.
Die andere Klaſſe von Gelehrten, welche die
Wiſſenſchaften erweitern ſollen, erfodert wirklich
das, was man Genie nennt, das heißt, irgend
eine Faͤhigkeit in einem vorzuͤglichen Grade und
die uͤbrigen in einer gehoͤrigen Unterordnung, ſie
zu unterſtuͤtzen. Wir haben hier das meiſte ſchon
gethan, da wir die Merkmale dieſer Faͤhigkeiten
angegeben haben. Die Wiſſenſchaften ſelbſt
braucht man hier nicht erſt auszuzeichnen; zuerſt,
weil ſolche Koͤpfe fuͤr ſich ſelbſt die Gegenſtaͤnde
finden, die fuͤr ſie gemacht ſind; zweytens, weil
faſt jede Wiſſenſchaft ſo viel verſchiedene Seiten
hat, daß man eben ſo viel verſchiedene Koͤpfe
braucht, um ſie anzubauen.
Nur bey der Wahl der Wiſſenſchaften iſt noch
dieß zu merken. Man ſuche den jungen Leuren
einen wirklichen Begriff von denſelben beyzubrin-
gen, ſo daß ſie im Ganzen, (und ſo weit es, ohne
ſie erlernt zu haben, moͤglich iſt,) ungefaͤhr vor-
ausſehen koͤnnen, was ſie darinne zu erwarten
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/114>, abgerufen am 23.11.2024.
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