Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.der Fähigkeiten. haben, und stelle mit ihnen kleine Proben über dieSachen einer jeden Wissenschaft an. Man kennt aus dem Xenophon die Schule der Gerechtigkeit der Perser, in welcher der Lehrer nicht bloß die Gesetze des Rechts vortrug, sondern seine Schü- ler auch nach denselben über Streitigkeiten den Ausspruch thun ließ. Wäre es nicht möglich, daß man auf diese Art junge Leute über jede Gat- tung etwas versuchen ließe, und dann auf dieje- nige, in welcher sie das Beste lieferten, ihre Nei- gungen zu leiten suchte? Man bemühe sich ferner, so viel möglich den Eindruck zu zerstören, den auf die ersten Jahre die äußern Blendwerke eines je- den Standes gemacht haben, und lege dem jun- gen Menschen, wenn man kann, ein getreues Ge- mälde von dem menschlichen Leben und den ver- schiedenen Ständen desselben vor. Nichts ist hierbey so wichtig, als ihn zu überzeugen, daß die Glückseligkeit und das Elend beynahe allent- halben gleich, und fast nirgends von dem Stan- de, sondern durchaus von der Person abhängig sey. der Faͤhigkeiten. haben, und ſtelle mit ihnen kleine Proben uͤber dieSachen einer jeden Wiſſenſchaft an. Man kennt aus dem Xenophon die Schule der Gerechtigkeit der Perſer, in welcher der Lehrer nicht bloß die Geſetze des Rechts vortrug, ſondern ſeine Schuͤ- ler auch nach denſelben uͤber Streitigkeiten den Ausſpruch thun ließ. Waͤre es nicht moͤglich, daß man auf dieſe Art junge Leute uͤber jede Gat- tung etwas verſuchen ließe, und dann auf dieje- nige, in welcher ſie das Beſte lieferten, ihre Nei- gungen zu leiten ſuchte? Man bemuͤhe ſich ferner, ſo viel moͤglich den Eindruck zu zerſtoͤren, den auf die erſten Jahre die aͤußern Blendwerke eines je- den Standes gemacht haben, und lege dem jun- gen Menſchen, wenn man kann, ein getreues Ge- maͤlde von dem menſchlichen Leben und den ver- ſchiedenen Staͤnden deſſelben vor. Nichts iſt hierbey ſo wichtig, als ihn zu uͤberzeugen, daß die Gluͤckſeligkeit und das Elend beynahe allent- halben gleich, und faſt nirgends von dem Stan- de, ſondern durchaus von der Perſon abhaͤngig ſey. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0115" n="109"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Faͤhigkeiten.</hi></fw><lb/> haben, und ſtelle mit ihnen kleine Proben uͤber die<lb/> Sachen einer jeden Wiſſenſchaft an. Man kennt<lb/> aus dem Xenophon die Schule der Gerechtigkeit<lb/> der Perſer, in welcher der Lehrer nicht bloß die<lb/> Geſetze des Rechts vortrug, ſondern ſeine Schuͤ-<lb/> ler auch nach denſelben uͤber Streitigkeiten den<lb/> Ausſpruch thun ließ. Waͤre es nicht moͤglich,<lb/> daß man auf dieſe Art junge Leute uͤber jede Gat-<lb/> tung etwas verſuchen ließe, und dann auf dieje-<lb/> nige, in welcher ſie das Beſte lieferten, ihre Nei-<lb/> gungen zu leiten ſuchte? Man bemuͤhe ſich ferner,<lb/> ſo viel moͤglich den Eindruck zu zerſtoͤren, den auf<lb/> die erſten Jahre die aͤußern Blendwerke eines je-<lb/> den Standes gemacht haben, und lege dem jun-<lb/> gen Menſchen, wenn man kann, ein getreues Ge-<lb/> maͤlde von dem menſchlichen Leben und den ver-<lb/> ſchiedenen Staͤnden deſſelben vor. Nichts iſt<lb/> hierbey ſo wichtig, als ihn zu uͤberzeugen, daß<lb/> die Gluͤckſeligkeit und das Elend beynahe allent-<lb/> halben gleich, und faſt nirgends von dem Stan-<lb/> de, ſondern durchaus von der Perſon abhaͤngig<lb/> ſey.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [109/0115]
der Faͤhigkeiten.
haben, und ſtelle mit ihnen kleine Proben uͤber die
Sachen einer jeden Wiſſenſchaft an. Man kennt
aus dem Xenophon die Schule der Gerechtigkeit
der Perſer, in welcher der Lehrer nicht bloß die
Geſetze des Rechts vortrug, ſondern ſeine Schuͤ-
ler auch nach denſelben uͤber Streitigkeiten den
Ausſpruch thun ließ. Waͤre es nicht moͤglich,
daß man auf dieſe Art junge Leute uͤber jede Gat-
tung etwas verſuchen ließe, und dann auf dieje-
nige, in welcher ſie das Beſte lieferten, ihre Nei-
gungen zu leiten ſuchte? Man bemuͤhe ſich ferner,
ſo viel moͤglich den Eindruck zu zerſtoͤren, den auf
die erſten Jahre die aͤußern Blendwerke eines je-
den Standes gemacht haben, und lege dem jun-
gen Menſchen, wenn man kann, ein getreues Ge-
maͤlde von dem menſchlichen Leben und den ver-
ſchiedenen Staͤnden deſſelben vor. Nichts iſt
hierbey ſo wichtig, als ihn zu uͤberzeugen, daß
die Gluͤckſeligkeit und das Elend beynahe allent-
halben gleich, und faſt nirgends von dem Stan-
de, ſondern durchaus von der Perſon abhaͤngig
ſey.
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