diese traurigen Folgen beobachtet. So starb Antio- chus der Edle vor Betrübniß über das Uebel, das er in Jerusalem gethan hatte.*) Und der menschen- freundliche Syrach warnet gegen langes Trauren über einen Verstorbenen; "denn von Trauren kömmt der Tod; und des Herzens Traurigkeit schwächet die Kräf- te."**) Dem ohngeachtet wußte ich auch, daß die mürrische Frau zu Thasus S. 538. davon kam, ob- schon des Dealkes Frau S. 577. Nro 2.gestorben war. Es muß also, dacht ich, keine gerade Nothwendig- keit in der Natur liegen, daß diese Krankheiten jeder- zeit tödlich seyen. Die vortreflichen Krankengeschich- ten des Sim. Herz waren mir noch unbekannt. Folgende Gelegenheit bahnte mir den Weeg zur voll- kommenen Erkenntniß dieser Krankheit, was ich nach- her in allen guten Krankengeschichten bestättigt fand. Die ich hier liefere, zeigt noch manchmal meine man- gelhafte Einsicht; aber sie ist vollständig, und ich schä- ze sie daher einer vorzügliehen Aufmerksamkeit werth.
Nro. 4. Klara Sied, eine sonst immer ge- sunde, starke, aber empfindsame Frau hatte schon lan- ge Zeit her viel Verdruß und heimlichen Zorn. Nun aber gerieth sie mit einem andern Weibe in einen leb- haften Hader. Den 12ten July als den Tag hernach, stund sie mit eingenommenem, schmerzhaftem Kopfe auf, und erbrach ungefähr ein halb Pfund grüne, bittere Galle; der Kopfschmerz nahm zu; sie spürte eine Beklemmung auf der Brust, konnte nicht ohne
Schmer-
*) 1 Buch der Machabä. 6 Kap.
**) Das Buch Jes. Sirach 138 Kap.
dieſe traurigen Folgen beobachtet. So ſtarb Antio- chus der Edle vor Betruͤbniß uͤber das Uebel, das er in Jeruſalem gethan hatte.*) Und der menſchen- freundliche Syrach warnet gegen langes Trauren uͤber einen Verſtorbenen; „denn von Trauren koͤmmt der Tod; und des Herzens Traurigkeit ſchwaͤchet die Kraͤf- te.„**) Dem ohngeachtet wußte ich auch, daß die muͤrriſche Frau zu Thaſus S. 538. davon kam, ob- ſchon des Dealkes Frau S. 577. Nro 2.geſtorben war. Es muß alſo, dacht ich, keine gerade Nothwendig- keit in der Natur liegen, daß dieſe Krankheiten jeder- zeit toͤdlich ſeyen. Die vortreflichen Krankengeſchich- ten des Sim. Herz waren mir noch unbekannt. Folgende Gelegenheit bahnte mir den Weeg zur voll- kommenen Erkenntniß dieſer Krankheit, was ich nach- her in allen guten Krankengeſchichten beſtaͤttigt fand. Die ich hier liefere, zeigt noch manchmal meine man- gelhafte Einſicht; aber ſie iſt vollſtaͤndig, und ich ſchaͤ- ze ſie daher einer vorzuͤgliehen Aufmerkſamkeit werth.
Nro. 4. Klara Sied, eine ſonſt immer ge- ſunde, ſtarke, aber empfindſame Frau hatte ſchon lan- ge Zeit her viel Verdruß und heimlichen Zorn. Nun aber gerieth ſie mit einem andern Weibe in einen leb- haften Hader. Den 12ten July als den Tag hernach, ſtund ſie mit eingenommenem, ſchmerzhaftem Kopfe auf, und erbrach ungefaͤhr ein halb Pfund gruͤne, bittere Galle; der Kopfſchmerz nahm zu; ſie ſpuͤrte eine Beklemmung auf der Bruſt, konnte nicht ohne
Schmer-
*) 1 Buch der Machabaͤ. 6 Kap.
**) Das Buch Jeſ. Sirach 138 Kap.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0600"n="581"/>
dieſe traurigen Folgen beobachtet. So ſtarb <hirendition="#fr">Antio-<lb/>
chus der Edle</hi> vor Betruͤbniß uͤber das Uebel, das<lb/>
er in Jeruſalem gethan hatte.<noteplace="foot"n="*)">1 Buch der Machabaͤ. 6 Kap.</note> Und der menſchen-<lb/>
freundliche <hirendition="#fr">Syrach</hi> warnet gegen langes Trauren uͤber<lb/>
einen Verſtorbenen; „denn von Trauren koͤmmt der<lb/>
Tod; und des Herzens Traurigkeit ſchwaͤchet die Kraͤf-<lb/>
te.„<noteplace="foot"n="**)">Das Buch Jeſ. Sirach 138 Kap.</note> Dem ohngeachtet wußte ich auch, daß die<lb/>
muͤrriſche Frau zu Thaſus S. 538. davon kam, ob-<lb/>ſchon des Dealkes Frau S. 577. Nro 2.geſtorben war.<lb/>
Es muß alſo, dacht ich, keine gerade <choice><sic>Nothwendig-<lb/>
zeit</sic><corr>Nothwendig-<lb/>
keit</corr></choice> in der Natur liegen, daß dieſe Krankheiten jeder-<lb/>
zeit toͤdlich ſeyen. Die vortreflichen Krankengeſchich-<lb/>
ten des <hirendition="#fr">Sim. Herz</hi> waren mir noch unbekannt.<lb/>
Folgende Gelegenheit bahnte mir den Weeg zur voll-<lb/>
kommenen Erkenntniß dieſer Krankheit, was ich nach-<lb/>
her in allen guten Krankengeſchichten beſtaͤttigt fand.<lb/>
Die ich hier liefere, zeigt noch manchmal meine man-<lb/>
gelhafte Einſicht; aber ſie iſt vollſtaͤndig, und ich ſchaͤ-<lb/>
ze ſie daher einer vorzuͤgliehen Aufmerkſamkeit werth.</p><lb/><p>Nro. 4. <hirendition="#fr">Klara Sied</hi>, eine ſonſt immer ge-<lb/>ſunde, ſtarke, aber empfindſame Frau hatte ſchon lan-<lb/>
ge Zeit her viel Verdruß und heimlichen Zorn. Nun<lb/>
aber gerieth ſie mit einem andern Weibe in einen leb-<lb/>
haften Hader. Den 12ten July als den Tag hernach,<lb/>ſtund ſie mit eingenommenem, ſchmerzhaftem Kopfe<lb/>
auf, und erbrach ungefaͤhr ein halb Pfund gruͤne,<lb/>
bittere Galle; der Kopfſchmerz nahm zu; ſie ſpuͤrte<lb/>
eine Beklemmung auf der Bruſt, konnte nicht ohne<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Schmer-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[581/0600]
dieſe traurigen Folgen beobachtet. So ſtarb Antio-
chus der Edle vor Betruͤbniß uͤber das Uebel, das
er in Jeruſalem gethan hatte. *) Und der menſchen-
freundliche Syrach warnet gegen langes Trauren uͤber
einen Verſtorbenen; „denn von Trauren koͤmmt der
Tod; und des Herzens Traurigkeit ſchwaͤchet die Kraͤf-
te.„ **) Dem ohngeachtet wußte ich auch, daß die
muͤrriſche Frau zu Thaſus S. 538. davon kam, ob-
ſchon des Dealkes Frau S. 577. Nro 2.geſtorben war.
Es muß alſo, dacht ich, keine gerade Nothwendig-
keit in der Natur liegen, daß dieſe Krankheiten jeder-
zeit toͤdlich ſeyen. Die vortreflichen Krankengeſchich-
ten des Sim. Herz waren mir noch unbekannt.
Folgende Gelegenheit bahnte mir den Weeg zur voll-
kommenen Erkenntniß dieſer Krankheit, was ich nach-
her in allen guten Krankengeſchichten beſtaͤttigt fand.
Die ich hier liefere, zeigt noch manchmal meine man-
gelhafte Einſicht; aber ſie iſt vollſtaͤndig, und ich ſchaͤ-
ze ſie daher einer vorzuͤgliehen Aufmerkſamkeit werth.
Nro. 4. Klara Sied, eine ſonſt immer ge-
ſunde, ſtarke, aber empfindſame Frau hatte ſchon lan-
ge Zeit her viel Verdruß und heimlichen Zorn. Nun
aber gerieth ſie mit einem andern Weibe in einen leb-
haften Hader. Den 12ten July als den Tag hernach,
ſtund ſie mit eingenommenem, ſchmerzhaftem Kopfe
auf, und erbrach ungefaͤhr ein halb Pfund gruͤne,
bittere Galle; der Kopfſchmerz nahm zu; ſie ſpuͤrte
eine Beklemmung auf der Bruſt, konnte nicht ohne
Schmer-
*) 1 Buch der Machabaͤ. 6 Kap.
**) Das Buch Jeſ. Sirach 138 Kap.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/600>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.