menen Wohlseyns, und starb in der vier und dreißig- sten Stunde von der Zeit, als ich sie zum ersten Ma- le sah, ohne daß weder die innern noch die äussern Häute im geringsten von den Mitteln verändert wor- den wären. Bey der Leichenöffnung fand ich weder in der Brusthöhle, noch im Unterleibe etwas widerna- türliches, als daß die Stellen sowohl der Gebärmut- ter als des Mastdarms, wo sie sich berühren, von schwarzem Blute strotzten; es ist aber zu bemerken, daß die Kranke einen Tag vor dem Tode ihren Zeit- fluß hatte. -- Eine Krankengeschichte, die um der vor- gegangenen Fehler willen höchst wichtig werden wird!
Nach diesen unglücklichen Versuchen nahm ich mir vor, die erste Gelegenheit mit allem Fleiße zu benutzen. Ich wuste aber, daß dergleichen Krank- heiten durchgängig für höchst gefährlich gehalten wer- den. So z. B. sagt Kämpf, "Meistens entdecke ich, manchmal erst nach unermüdetem Nachforschen folgenden Anlaß zu den Infarktus: nämlich, heim- lichen Kummer, unterdrückte Rachbegierde und Zorn, Nahrungssorgen, Betrübniß, Gram über irgend ei- nen Verlust, unglückliche Liebe u. s. w. Diese sind alsdann für schleichende und am Keime des Lebens nagende Gifte anzusehen, wenn sie, wie es gemei- niglich geschieht, anhaltend wirken, mithin auch das Uebel unheilbar machen. Leider habe ich dieses oft genug erfahren." Fridrich Hoffmann that den Aus- spruch: Lethale animi Pathema moestum. -- Ex Pa- themate prompte quisquis sibi pessimum venenum in corpore generare potest. Zu allen Zeiten hat man
die
menen Wohlſeyns, und ſtarb in der vier und dreißig- ſten Stunde von der Zeit, als ich ſie zum erſten Ma- le ſah, ohne daß weder die innern noch die aͤuſſern Haͤute im geringſten von den Mitteln veraͤndert wor- den waͤren. Bey der Leichenoͤffnung fand ich weder in der Bruſthoͤhle, noch im Unterleibe etwas widerna- tuͤrliches, als daß die Stellen ſowohl der Gebaͤrmut- ter als des Maſtdarms, wo ſie ſich beruͤhren, von ſchwarzem Blute ſtrotzten; es iſt aber zu bemerken, daß die Kranke einen Tag vor dem Tode ihren Zeit- fluß hatte. — Eine Krankengeſchichte, die um der vor- gegangenen Fehler willen hoͤchſt wichtig werden wird!
Nach dieſen ungluͤcklichen Verſuchen nahm ich mir vor, die erſte Gelegenheit mit allem Fleiße zu benutzen. Ich wuſte aber, daß dergleichen Krank- heiten durchgaͤngig fuͤr hoͤchſt gefaͤhrlich gehalten wer- den. So z. B. ſagt Kämpf, „Meiſtens entdecke ich, manchmal erſt nach unermuͤdetem Nachforſchen folgenden Anlaß zu den Infarktus: naͤmlich, heim- lichen Kummer, unterdruͤckte Rachbegierde und Zorn, Nahrungsſorgen, Betruͤbniß, Gram uͤber irgend ei- nen Verluſt, ungluͤckliche Liebe u. ſ. w. Dieſe ſind alsdann fuͤr ſchleichende und am Keime des Lebens nagende Gifte anzuſehen, wenn ſie, wie es gemei- niglich geſchieht, anhaltend wirken, mithin auch das Uebel unheilbar machen. Leider habe ich dieſes oft genug erfahren.„ Fridrich Hoffmann that den Aus- ſpruch: Lethale animi Pathema mœſtum. — Ex Pa- themate prompte quisquis ſibi peſſimum venenum in corpore generare poteſt. Zu allen Zeiten hat man
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menen Wohlſeyns, und ſtarb in der vier und dreißig-
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le ſah, ohne daß weder die innern noch die aͤuſſern
Haͤute im geringſten von den Mitteln veraͤndert wor-
den waͤren. Bey der Leichenoͤffnung fand ich weder
in der Bruſthoͤhle, noch im Unterleibe etwas widerna-
tuͤrliches, als daß die Stellen ſowohl der Gebaͤrmut-
ter als des Maſtdarms, wo ſie ſich beruͤhren, von
ſchwarzem Blute ſtrotzten; es iſt aber zu bemerken,
daß die Kranke einen Tag vor dem Tode ihren Zeit-
fluß hatte. — Eine Krankengeſchichte, die um der vor-
gegangenen Fehler willen hoͤchſt wichtig werden wird!
Nach dieſen ungluͤcklichen Verſuchen nahm ich
mir vor, die erſte Gelegenheit mit allem Fleiße
zu benutzen. Ich wuſte aber, daß dergleichen Krank-
heiten durchgaͤngig fuͤr hoͤchſt gefaͤhrlich gehalten wer-
den. So z. B. ſagt Kämpf, „Meiſtens entdecke
ich, manchmal erſt nach unermuͤdetem Nachforſchen
folgenden Anlaß zu den Infarktus: naͤmlich, heim-
lichen Kummer, unterdruͤckte Rachbegierde und Zorn,
Nahrungsſorgen, Betruͤbniß, Gram uͤber irgend ei-
nen Verluſt, ungluͤckliche Liebe u. ſ. w. Dieſe ſind
alsdann fuͤr ſchleichende und am Keime des Lebens
nagende Gifte anzuſehen, wenn ſie, wie es gemei-
niglich geſchieht, anhaltend wirken, mithin auch das
Uebel unheilbar machen. Leider habe ich dieſes oft
genug erfahren.„ Fridrich Hoffmann that den Aus-
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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/599>, abgerufen am 24.11.2024.
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