Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

sprützte. Ich selbst wurde von dem abgehauenen Kopf
eines Aales, den ich gutmüthig in die Hand nahm,
durch einen unversehenen Biß so überrascht, daß ich ihn
kaum mit aller Gewalt vom Finger schleudern konnte.
Herr Lyonet riß eine Wespe von einander, und noch
drey Tage hindurch biß das Vordertheil auf alles,
was man ihm aus Maul hielt, und das Hintertheil
streckte noch seinen Stachel hervor, wenn man es be-
rührte. Ich sahe dieses sehr oft, als ich mich noch
mit Insektensammlungen belustigte. Eine geköpfte
Wespe hatte sich in meinen Pantoffel verkrochen, und
sie gab mir, als ich ihn Nachts anzog, einen lebhaf-
ten Stich, obschon die Enthauptung Frühmorgens
vorgegangen war. Boyle berichtet, daß ein weib-
licher Papilion, dem der Kopf abgerissen wurde, nicht
allein die Paarung mit einem Männlein zugelassen,
sondern auch nochmals Eyer gelegt habe. Eben dieses
behauptet Gardiner von Fröschen, daß sie noch,
obschon ihnen der Kopf abgehauen wird, die Eyer
zu befruchten fortfahren. Ridley erwähnt des Ver-
suches von einer Schildkröte, welche nach abgehaue-
nem Kopfe, noch sechs Monate gelebt habe, und
herum gewandert sey, ja, als man ihr Herz und Ein-
geweide, nur die Lunge ausgenommen, aus dem Lei-
be gerissen, habe sie noch sechs Stunden gelebt, und
wenn man sie auf den Rückenschild gelegt, sich noch
durch Schwanken wieder herum zu werfen, und auf
die Beine zu helfen gewust. Jeder kann sich mit ei-
niger Geschicklichkeit besonders an warmen Tagen von
dem Erfolg dieser Versuche an Raupen, Papilionen,

Wespen

ſpruͤtzte. Ich ſelbſt wurde von dem abgehauenen Kopf
eines Aales, den ich gutmuͤthig in die Hand nahm,
durch einen unverſehenen Biß ſo uͤberraſcht, daß ich ihn
kaum mit aller Gewalt vom Finger ſchleudern konnte.
Herr Lyonet riß eine Weſpe von einander, und noch
drey Tage hindurch biß das Vordertheil auf alles,
was man ihm aus Maul hielt, und das Hintertheil
ſtreckte noch ſeinen Stachel hervor, wenn man es be-
ruͤhrte. Ich ſahe dieſes ſehr oft, als ich mich noch
mit Inſektenſammlungen beluſtigte. Eine gekoͤpfte
Weſpe hatte ſich in meinen Pantoffel verkrochen, und
ſie gab mir, als ich ihn Nachts anzog, einen lebhaf-
ten Stich, obſchon die Enthauptung Fruͤhmorgens
vorgegangen war. Boyle berichtet, daß ein weib-
licher Papilion, dem der Kopf abgeriſſen wurde, nicht
allein die Paarung mit einem Maͤnnlein zugelaſſen,
ſondern auch nochmals Eyer gelegt habe. Eben dieſes
behauptet Gardiner von Froͤſchen, daß ſie noch,
obſchon ihnen der Kopf abgehauen wird, die Eyer
zu befruchten fortfahren. Ridley erwaͤhnt des Ver-
ſuches von einer Schildkroͤte, welche nach abgehaue-
nem Kopfe, noch ſechs Monate gelebt habe, und
herum gewandert ſey, ja, als man ihr Herz und Ein-
geweide, nur die Lunge ausgenommen, aus dem Lei-
be geriſſen, habe ſie noch ſechs Stunden gelebt, und
wenn man ſie auf den Ruͤckenſchild gelegt, ſich noch
durch Schwanken wieder herum zu werfen, und auf
die Beine zu helfen gewuſt. Jeder kann ſich mit ei-
niger Geſchicklichkeit beſonders an warmen Tagen von
dem Erfolg dieſer Verſuche an Raupen, Papilionen,

Weſpen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0191" n="172"/>
&#x017F;pru&#x0364;tzte. Ich &#x017F;elb&#x017F;t wurde von dem abgehauenen Kopf<lb/>
eines Aales, den ich gutmu&#x0364;thig in die Hand nahm,<lb/>
durch einen unver&#x017F;ehenen Biß &#x017F;o u&#x0364;berra&#x017F;cht, daß ich ihn<lb/>
kaum mit aller Gewalt vom Finger &#x017F;chleudern konnte.<lb/>
Herr <hi rendition="#fr">Lyonet</hi> riß eine We&#x017F;pe von einander, und noch<lb/>
drey Tage hindurch biß das Vordertheil auf alles,<lb/>
was man ihm aus Maul hielt, und das Hintertheil<lb/>
&#x017F;treckte noch &#x017F;einen Stachel hervor, wenn man es be-<lb/>
ru&#x0364;hrte. Ich &#x017F;ahe die&#x017F;es &#x017F;ehr oft, als ich mich noch<lb/>
mit In&#x017F;ekten&#x017F;ammlungen belu&#x017F;tigte. Eine geko&#x0364;pfte<lb/>
We&#x017F;pe hatte &#x017F;ich in meinen Pantoffel verkrochen, und<lb/>
&#x017F;ie gab mir, als ich ihn Nachts anzog, einen lebhaf-<lb/>
ten Stich, ob&#x017F;chon die Enthauptung Fru&#x0364;hmorgens<lb/>
vorgegangen war. <hi rendition="#fr">Boyle</hi> berichtet, daß ein weib-<lb/>
licher Papilion, dem der Kopf abgeri&#x017F;&#x017F;en wurde, nicht<lb/>
allein die Paarung mit einem Ma&#x0364;nnlein zugela&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;ondern auch nochmals Eyer gelegt habe. Eben die&#x017F;es<lb/>
behauptet <hi rendition="#fr">Gardiner</hi> von Fro&#x0364;&#x017F;chen, daß &#x017F;ie noch,<lb/>
ob&#x017F;chon ihnen der Kopf abgehauen wird, die Eyer<lb/>
zu befruchten fortfahren. <hi rendition="#fr">Ridley</hi> erwa&#x0364;hnt des Ver-<lb/>
&#x017F;uches von einer Schildkro&#x0364;te, welche nach abgehaue-<lb/>
nem Kopfe, noch &#x017F;echs Monate gelebt habe, und<lb/>
herum gewandert &#x017F;ey, ja, als man ihr Herz und Ein-<lb/>
geweide, nur die Lunge ausgenommen, aus dem Lei-<lb/>
be geri&#x017F;&#x017F;en, habe &#x017F;ie noch &#x017F;echs Stunden gelebt, und<lb/>
wenn man &#x017F;ie auf den Ru&#x0364;cken&#x017F;child gelegt, &#x017F;ich noch<lb/>
durch Schwanken wieder herum zu werfen, und auf<lb/>
die Beine zu helfen gewu&#x017F;t. Jeder kann &#x017F;ich mit ei-<lb/>
niger Ge&#x017F;chicklichkeit be&#x017F;onders an warmen Tagen von<lb/>
dem Erfolg die&#x017F;er Ver&#x017F;uche an Raupen, Papilionen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">We&#x017F;pen</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0191] ſpruͤtzte. Ich ſelbſt wurde von dem abgehauenen Kopf eines Aales, den ich gutmuͤthig in die Hand nahm, durch einen unverſehenen Biß ſo uͤberraſcht, daß ich ihn kaum mit aller Gewalt vom Finger ſchleudern konnte. Herr Lyonet riß eine Weſpe von einander, und noch drey Tage hindurch biß das Vordertheil auf alles, was man ihm aus Maul hielt, und das Hintertheil ſtreckte noch ſeinen Stachel hervor, wenn man es be- ruͤhrte. Ich ſahe dieſes ſehr oft, als ich mich noch mit Inſektenſammlungen beluſtigte. Eine gekoͤpfte Weſpe hatte ſich in meinen Pantoffel verkrochen, und ſie gab mir, als ich ihn Nachts anzog, einen lebhaf- ten Stich, obſchon die Enthauptung Fruͤhmorgens vorgegangen war. Boyle berichtet, daß ein weib- licher Papilion, dem der Kopf abgeriſſen wurde, nicht allein die Paarung mit einem Maͤnnlein zugelaſſen, ſondern auch nochmals Eyer gelegt habe. Eben dieſes behauptet Gardiner von Froͤſchen, daß ſie noch, obſchon ihnen der Kopf abgehauen wird, die Eyer zu befruchten fortfahren. Ridley erwaͤhnt des Ver- ſuches von einer Schildkroͤte, welche nach abgehaue- nem Kopfe, noch ſechs Monate gelebt habe, und herum gewandert ſey, ja, als man ihr Herz und Ein- geweide, nur die Lunge ausgenommen, aus dem Lei- be geriſſen, habe ſie noch ſechs Stunden gelebt, und wenn man ſie auf den Ruͤckenſchild gelegt, ſich noch durch Schwanken wieder herum zu werfen, und auf die Beine zu helfen gewuſt. Jeder kann ſich mit ei- niger Geſchicklichkeit beſonders an warmen Tagen von dem Erfolg dieſer Verſuche an Raupen, Papilionen, Weſpen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/191
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/191>, abgerufen am 30.04.2024.