Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Luise von: Eine fromme Lüge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 105–175. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Glaubst du, sie würden dir es geben? frug Bernhard spöttisch.

Ich gehe zur Gräfin und sage ihr Alles.

Als wenn so eine vornehme Dame zu sprechen wäre!

Ich mache Lärm!

Dann wirft man dich zum Schlosse hinaus und ich schieße dafür den Grafen todt -- komme dann ins Zuchthaus --

Um Gotteswillen, hör auf! Aber wie willst du denn das Kind wiederbekommen?

Durch die Gerichte! Wenn ich den Pacht gekündigt, zeige ich den Gerichten an, daß der Graf mir mein Kind, das ich ihm nur auf einige Wochen mitgab, nicht zurückgeben will --

Die Gerichte werden dir nicht glauben.

Ich habe zwei Zeugen, deine Magd und den rothen Kasimir, dem ich dafür, daß er die reine Wahrheit für einen Pachter einem Grafen gegenüber aussagt, die Ueberfahrt nach Amerika bezahlen werde, denn er ist livree- und europamüde.

Der Graf wird ihn erschießen -- er hat sein Ehrenwort gegeben, erzählte die Wärterin meiner Betty --

Deshalb wird er vorher nach der Stadt gehen und den Schutz der Gerichte in Anspruch nehmen. Er ist ein Trotzkopf, und diese Drohung des Grafen hat ihm vielleicht Lust gemacht, ihn zu verrathen -- wir

Glaubst du, sie würden dir es geben? frug Bernhard spöttisch.

Ich gehe zur Gräfin und sage ihr Alles.

Als wenn so eine vornehme Dame zu sprechen wäre!

Ich mache Lärm!

Dann wirft man dich zum Schlosse hinaus und ich schieße dafür den Grafen todt — komme dann ins Zuchthaus —

Um Gotteswillen, hör auf! Aber wie willst du denn das Kind wiederbekommen?

Durch die Gerichte! Wenn ich den Pacht gekündigt, zeige ich den Gerichten an, daß der Graf mir mein Kind, das ich ihm nur auf einige Wochen mitgab, nicht zurückgeben will —

Die Gerichte werden dir nicht glauben.

Ich habe zwei Zeugen, deine Magd und den rothen Kasimir, dem ich dafür, daß er die reine Wahrheit für einen Pachter einem Grafen gegenüber aussagt, die Ueberfahrt nach Amerika bezahlen werde, denn er ist livree- und europamüde.

Der Graf wird ihn erschießen — er hat sein Ehrenwort gegeben, erzählte die Wärterin meiner Betty —

Deshalb wird er vorher nach der Stadt gehen und den Schutz der Gerichte in Anspruch nehmen. Er ist ein Trotzkopf, und diese Drohung des Grafen hat ihm vielleicht Lust gemacht, ihn zu verrathen — wir

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="5">
        <pb facs="#f0045"/>
        <p>Glaubst du, sie würden dir es geben? frug Bernhard spöttisch.</p><lb/>
        <p>Ich gehe zur Gräfin und sage ihr Alles.</p><lb/>
        <p>Als wenn so eine vornehme Dame zu sprechen wäre!</p><lb/>
        <p>Ich mache Lärm!</p><lb/>
        <p>Dann wirft man dich zum Schlosse hinaus und ich schieße dafür den Grafen todt &#x2014; komme dann      ins Zuchthaus &#x2014;</p><lb/>
        <p>Um Gotteswillen, hör auf! Aber wie willst du denn das Kind wiederbekommen?</p><lb/>
        <p>Durch die Gerichte! Wenn ich den Pacht gekündigt, zeige ich den Gerichten an, daß der Graf      mir mein Kind, das ich ihm nur auf einige Wochen mitgab, nicht zurückgeben will &#x2014;</p><lb/>
        <p>Die Gerichte werden dir nicht glauben.</p><lb/>
        <p>Ich habe zwei Zeugen, deine Magd und den rothen Kasimir, dem ich dafür, daß er die reine      Wahrheit für einen Pachter einem Grafen gegenüber aussagt, die Ueberfahrt nach Amerika bezahlen      werde, denn er ist livree- und europamüde.</p><lb/>
        <p>Der Graf wird ihn erschießen &#x2014; er hat sein Ehrenwort gegeben, erzählte die Wärterin meiner      Betty &#x2014;</p><lb/>
        <p>Deshalb wird er vorher nach der Stadt gehen und den Schutz der Gerichte in Anspruch nehmen.      Er ist ein Trotzkopf, und diese Drohung des Grafen hat ihm vielleicht Lust gemacht, ihn zu      verrathen &#x2014; wir<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0045] Glaubst du, sie würden dir es geben? frug Bernhard spöttisch. Ich gehe zur Gräfin und sage ihr Alles. Als wenn so eine vornehme Dame zu sprechen wäre! Ich mache Lärm! Dann wirft man dich zum Schlosse hinaus und ich schieße dafür den Grafen todt — komme dann ins Zuchthaus — Um Gotteswillen, hör auf! Aber wie willst du denn das Kind wiederbekommen? Durch die Gerichte! Wenn ich den Pacht gekündigt, zeige ich den Gerichten an, daß der Graf mir mein Kind, das ich ihm nur auf einige Wochen mitgab, nicht zurückgeben will — Die Gerichte werden dir nicht glauben. Ich habe zwei Zeugen, deine Magd und den rothen Kasimir, dem ich dafür, daß er die reine Wahrheit für einen Pachter einem Grafen gegenüber aussagt, die Ueberfahrt nach Amerika bezahlen werde, denn er ist livree- und europamüde. Der Graf wird ihn erschießen — er hat sein Ehrenwort gegeben, erzählte die Wärterin meiner Betty — Deshalb wird er vorher nach der Stadt gehen und den Schutz der Gerichte in Anspruch nehmen. Er ist ein Trotzkopf, und diese Drohung des Grafen hat ihm vielleicht Lust gemacht, ihn zu verrathen — wir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:13:13Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:13:13Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_luege_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_luege_1910/45
Zitationshilfe: Gall, Luise von: Eine fromme Lüge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 105–175. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_luege_1910/45>, abgerufen am 22.11.2024.