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Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865.

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sachen und neuen Beobachtungen, die sich auf die Urgeschichte
des Menschen bezogen, den Fachmännern bekannt wurden.
Vor der näheren Besprechung derselben muß ich jedoch rück-
greifend noch an ein Factum erinnern, das bereits früher
der Autorität Cuvier's auf diesem Gebiete empfindlichen
Abbruch gethan hatte. Zu den theoretischen Gründen gegen
das fossile Alter des Menschen hatte Cuvier nämlich auch
den gezählt, daß es keine fossilen Affen gäbe. Jn der That
war dies damals in allen Lehrbüchern der Zoologie zu lesen;
auch war bis in die letzten Lebensjahre Cuvier's kein Fund
fossiler Affen constatirt worden. Nachdem aber Andr. Wag-
ner
während seines Aufenthalts in Griechenland den ersten
fossilen Affen entdeckt hatte, wovon sich im Jahre 1837 die
erste Kunde verbreitete, sind durch weitere Auffindungen in
Asien, Amerika und Europa ein ganzes Dutzend fossiler
Affenspecies bekannt geworden, von denen die Hälfte auf
Europa fällt, das gegenwärtig bekanntlich gar keine einhei-
mischen Affen mehr besitzt. Der erste Fundort in Griechen-
land, Pikermi bei Athen, ist durch die späteren von dem
französischen Naturforscher Ab. Gaudry angestellten Nach-
grabungen besonders wichtig geworden. Denn es wurden,
außer einer Menge fossiler Reste von anderen Thieren, ganze
Reihen von Affenschädeln und so viele andere Affenknochen
zu Tage gefördert, daß Gaudry im Stande war, ein voll-
ständiges Skelet des vorweltlichen griechischen Affen (Meso-
pithecus pentelius
) zusammenzusetzen. Sein Bericht darüber
wurde im Jahre 1860 veröffentlicht.

Von den Beobachtungen neueren Datums sind nun
der Zeit nach zuerst die Pfahlbauten in der Schweiz, in
Jtalien und Deutschland zu erwähnen. Diese merkwürdigen
Bauten finden sich stets nur in Landseen in einiger Entfer-
nung vom Ufer, oder in Torfmooren, die einstens solche Seen

ſachen und neuen Beobachtungen, die ſich auf die Urgeſchichte
des Menſchen bezogen, den Fachmännern bekannt wurden.
Vor der näheren Beſprechung derſelben muß ich jedoch rück-
greifend noch an ein Factum erinnern, das bereits früher
der Autorität Cuvier's auf dieſem Gebiete empfindlichen
Abbruch gethan hatte. Zu den theoretiſchen Gründen gegen
das foſſile Alter des Menſchen hatte Cuvier nämlich auch
den gezählt, daß es keine foſſilen Affen gäbe. Jn der That
war dies damals in allen Lehrbüchern der Zoologie zu leſen;
auch war bis in die letzten Lebensjahre Cuvier's kein Fund
foſſiler Affen conſtatirt worden. Nachdem aber Andr. Wag-
ner
während ſeines Aufenthalts in Griechenland den erſten
foſſilen Affen entdeckt hatte, wovon ſich im Jahre 1837 die
erſte Kunde verbreitete, ſind durch weitere Auffindungen in
Aſien, Amerika und Europa ein ganzes Dutzend foſſiler
Affenſpecies bekannt geworden, von denen die Hälfte auf
Europa fällt, das gegenwärtig bekanntlich gar keine einhei-
miſchen Affen mehr beſitzt. Der erſte Fundort in Griechen-
land, Pikermi bei Athen, iſt durch die ſpäteren von dem
franzöſiſchen Naturforſcher Ab. Gaudry angeſtellten Nach-
grabungen beſonders wichtig geworden. Denn es wurden,
außer einer Menge foſſiler Reſte von anderen Thieren, ganze
Reihen von Affenſchädeln und ſo viele andere Affenknochen
zu Tage gefördert, daß Gaudry im Stande war, ein voll-
ſtändiges Skelet des vorweltlichen griechiſchen Affen (Meso-
pithecus pentelius
) zuſammenzuſetzen. Sein Bericht darüber
wurde im Jahre 1860 veröffentlicht.

Von den Beobachtungen neueren Datums ſind nun
der Zeit nach zuerſt die Pfahlbauten in der Schweiz, in
Jtalien und Deutſchland zu erwähnen. Dieſe merkwürdigen
Bauten finden ſich ſtets nur in Landſeen in einiger Entfer-
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[32/0036] ſachen und neuen Beobachtungen, die ſich auf die Urgeſchichte des Menſchen bezogen, den Fachmännern bekannt wurden. Vor der näheren Beſprechung derſelben muß ich jedoch rück- greifend noch an ein Factum erinnern, das bereits früher der Autorität Cuvier's auf dieſem Gebiete empfindlichen Abbruch gethan hatte. Zu den theoretiſchen Gründen gegen das foſſile Alter des Menſchen hatte Cuvier nämlich auch den gezählt, daß es keine foſſilen Affen gäbe. Jn der That war dies damals in allen Lehrbüchern der Zoologie zu leſen; auch war bis in die letzten Lebensjahre Cuvier's kein Fund foſſiler Affen conſtatirt worden. Nachdem aber Andr. Wag- ner während ſeines Aufenthalts in Griechenland den erſten foſſilen Affen entdeckt hatte, wovon ſich im Jahre 1837 die erſte Kunde verbreitete, ſind durch weitere Auffindungen in Aſien, Amerika und Europa ein ganzes Dutzend foſſiler Affenſpecies bekannt geworden, von denen die Hälfte auf Europa fällt, das gegenwärtig bekanntlich gar keine einhei- miſchen Affen mehr beſitzt. Der erſte Fundort in Griechen- land, Pikermi bei Athen, iſt durch die ſpäteren von dem franzöſiſchen Naturforſcher Ab. Gaudry angeſtellten Nach- grabungen beſonders wichtig geworden. Denn es wurden, außer einer Menge foſſiler Reſte von anderen Thieren, ganze Reihen von Affenſchädeln und ſo viele andere Affenknochen zu Tage gefördert, daß Gaudry im Stande war, ein voll- ſtändiges Skelet des vorweltlichen griechiſchen Affen (Meso- pithecus pentelius) zuſammenzuſetzen. Sein Bericht darüber wurde im Jahre 1860 veröffentlicht. Von den Beobachtungen neueren Datums ſind nun der Zeit nach zuerſt die Pfahlbauten in der Schweiz, in Jtalien und Deutſchland zu erwähnen. Dieſe merkwürdigen Bauten finden ſich ſtets nur in Landſeen in einiger Entfer- nung vom Ufer, oder in Torfmooren, die einſtens ſolche Seen

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Zitationshilfe: Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuhlrott_neanderthaler_1865/36>, abgerufen am 26.04.2024.