Landsmann aus Aix erkannte, und welcher erst vor kurzen bei dem Corps eingetroffen war. Jn seiner Nähe reitend, fragte er ihn, ob er den Besitzer von Chaumerive kenne. Freilich kenne ich den guten Herren, er war sonst oft in Aix. Weißt du jetzt nichts von ihm? fragte Mucius zitternd. Als ich durch Avignon ging, entgegnete jener, war ihm vor einigen Tagen die Tochter gestorben. Virginia? schrie Mucius mit Entsetzen. Den Nahmen weiß ich nicht, sagte jener, man beklagte jedoch, ihrer Güte und Wohl- thätigkeit wegen, allgemein ihren frühen Hintritt. Lebt die Mutter noch? stammelte Mucius. Jch glaube nein, sprach der Soldat. Wenige Sekun- den darauf wurde der Unglückliche von einer Kanonenkugel zerschmettert. Mucius Zustand war halbe Geisteszerrüttnng. Kurz darauf wurde der Sturmmarsch geschlagen. Wie außer sich sprang Mucius vom Pferde, ergriff gewaltsam einen Adler, und eilte die Brücke hinauf, aber schwankend und halb bewußtlos wurde er bald von der Menge hinab gedrängt. Pinelli war, in der größten Unruhe, dem Freunde gefolgt, er sahe ihn stürzen, noch ehe er zu ihm gelangen konnte,
Landsmann aus Aix erkannte, und welcher erſt vor kurzen bei dem Corps eingetroffen war. Jn ſeiner Naͤhe reitend, fragte er ihn, ob er den Beſitzer von Chaumerive kenne. Freilich kenne ich den guten Herren, er war ſonſt oft in Aix. Weißt du jetzt nichts von ihm? fragte Mucius zitternd. Als ich durch Avignon ging, entgegnete jener, war ihm vor einigen Tagen die Tochter geſtorben. Virginia? ſchrie Mucius mit Entſetzen. Den Nahmen weiß ich nicht, ſagte jener, man beklagte jedoch, ihrer Guͤte und Wohl- thaͤtigkeit wegen, allgemein ihren fruͤhen Hintritt. Lebt die Mutter noch? ſtammelte Mucius. Jch glaube nein, ſprach der Soldat. Wenige Sekun- den darauf wurde der Ungluͤckliche von einer Kanonenkugel zerſchmettert. Mucius Zuſtand war halbe Geiſteszerruͤttnng. Kurz darauf wurde der Sturmmarſch geſchlagen. Wie außer ſich ſprang Mucius vom Pferde, ergriff gewaltſam einen Adler, und eilte die Bruͤcke hinauf, aber ſchwankend und halb bewußtlos wurde er bald von der Menge hinab gedraͤngt. Pinelli war, in der groͤßten Unruhe, dem Freunde gefolgt, er ſahe ihn ſtuͤrzen, noch ehe er zu ihm gelangen konnte,
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Landsmann aus Aix erkannte, und welcher erſt
vor kurzen bei dem Corps eingetroffen war.
Jn ſeiner Naͤhe reitend, fragte er ihn, ob er
den Beſitzer von Chaumerive kenne. Freilich
kenne ich den guten Herren, er war ſonſt oft
in Aix. Weißt du jetzt nichts von ihm? fragte
Mucius zitternd. Als ich durch Avignon ging,
entgegnete jener, war ihm vor einigen Tagen die
Tochter geſtorben. Virginia? ſchrie Mucius mit
Entſetzen. Den Nahmen weiß ich nicht, ſagte
jener, man beklagte jedoch, ihrer Guͤte und Wohl-
thaͤtigkeit wegen, allgemein ihren fruͤhen Hintritt.
Lebt die Mutter noch? ſtammelte Mucius. Jch
glaube nein, ſprach der Soldat. Wenige Sekun-
den darauf wurde der Ungluͤckliche von einer
Kanonenkugel zerſchmettert. Mucius Zuſtand
war halbe Geiſteszerruͤttnng. Kurz darauf wurde
der Sturmmarſch geſchlagen. Wie außer ſich
ſprang Mucius vom Pferde, ergriff gewaltſam
einen Adler, und eilte die Bruͤcke hinauf, aber
ſchwankend und halb bewußtlos wurde er bald von
der Menge hinab gedraͤngt. Pinelli war, in der
groͤßten Unruhe, dem Freunde gefolgt, er ſahe ihn
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/67>, abgerufen am 16.02.2025.
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