Enkeln, mit Liebe genannt werden wird. O, meine Adele, wenn du in den schönen Sommermonden durch diese lieblichen Thäler wandelst, so gedenke meiner! Sprich mit meinen Getreuen oft von mir, und bringe ihnen meinen Gruß. Wenn du in der Geißblattlaube ruhest und die tanzende Durance betrachtest, und es lispelt ein leises Lüft- chen durch die Blüthen, so denke, es ist die Stimme deiner Virginia. Jhr Geist wird dich immer umschweben; ja aus den Gefilden der Seligen, würde er noch zu diesen lieben Gegen- den zurück kehren.
Diesen langen Brief Dir zu schreiben, mein Leben noch ein Mahl an mir vorüber gehen zu lassen war mir Bedürfniß. Aber nur in seinen Hauptmomenten habe ich es Dir dargestellt, nur die Grundzüge angegeben. Jch habe vermieden, manche Gegenstände und Er- eignisse zu berührern, weil sie mit fremden Personen in Beziehung standen. Jn einer Zeit, wie die unsrige, muß man sehr behuthsam seyn, um niemand der Verfolgung auszusetzen. Nun aber habe ich abgeschlossen mit dem alten Leben,
Erster Theil. [14]
Enkeln, mit Liebe genannt werden wird. O, meine Adele, wenn du in den ſchoͤnen Sommermonden durch dieſe lieblichen Thaͤler wandelſt, ſo gedenke meiner! Sprich mit meinen Getreuen oft von mir, und bringe ihnen meinen Gruß. Wenn du in der Geißblattlaube ruheſt und die tanzende Durance betrachteſt, und es liſpelt ein leiſes Luͤft- chen durch die Bluͤthen, ſo denke, es iſt die Stimme deiner Virginia. Jhr Geiſt wird dich immer umſchweben; ja aus den Gefilden der Seligen, wuͤrde er noch zu dieſen lieben Gegen- den zuruͤck kehren.
Dieſen langen Brief Dir zu ſchreiben, mein Leben noch ein Mahl an mir voruͤber gehen zu laſſen war mir Beduͤrfniß. Aber nur in ſeinen Hauptmomenten habe ich es Dir dargeſtellt, nur die Grundzuͤge angegeben. Jch habe vermieden, manche Gegenſtaͤnde und Er- eigniſſe zu beruͤhrern, weil ſie mit fremden Perſonen in Beziehung ſtanden. Jn einer Zeit, wie die unſrige, muß man ſehr behuthſam ſeyn, um niemand der Verfolgung auszuſetzen. Nun aber habe ich abgeſchloſſen mit dem alten Leben,
Erſter Theil. [14]
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[201[209]/0219]
Enkeln, mit Liebe genannt werden wird. O, meine
Adele, wenn du in den ſchoͤnen Sommermonden
durch dieſe lieblichen Thaͤler wandelſt, ſo gedenke
meiner! Sprich mit meinen Getreuen oft von
mir, und bringe ihnen meinen Gruß. Wenn
du in der Geißblattlaube ruheſt und die tanzende
Durance betrachteſt, und es liſpelt ein leiſes Luͤft-
chen durch die Bluͤthen, ſo denke, es iſt die
Stimme deiner Virginia. Jhr Geiſt wird dich
immer umſchweben; ja aus den Gefilden der
Seligen, wuͤrde er noch zu dieſen lieben Gegen-
den zuruͤck kehren.
Dieſen langen Brief Dir zu ſchreiben, mein
Leben noch ein Mahl an mir voruͤber gehen
zu laſſen war mir Beduͤrfniß. Aber nur
in ſeinen Hauptmomenten habe ich es Dir
dargeſtellt, nur die Grundzuͤge angegeben. Jch
habe vermieden, manche Gegenſtaͤnde und Er-
eigniſſe zu beruͤhrern, weil ſie mit fremden
Perſonen in Beziehung ſtanden. Jn einer Zeit,
wie die unſrige, muß man ſehr behuthſam ſeyn,
um niemand der Verfolgung auszuſetzen. Nun
aber habe ich abgeſchloſſen mit dem alten Leben,
Erſter Theil. [14]
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 201[209]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/219>, abgerufen am 27.07.2024.
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