mündig. "Die Töchter großer Familien sind dieß niemahls," erwiederte er, "und ich bitte nicht zu vergessen, daß ich die Ehre habe, das Haupt der unsrigen zu seyn." Jhnen meine Achtung zu bezeugen, Herr Herzog, legte ich Jhnen mei- nen Entschluß vor, sagte ich mit vieler Ruhe. "Den sie auch ohne meine Zustimmung ausführen zu können glauben?" -- rief er zornig -- "aber ich sage ihnen, sie werden es nicht wagen, meine trotzige Republikanerinn! mein Arm reicht weit, und dem Könige muß daran liegen, daß der Glanz seiner Getreuen, durch reiche Erbinnen, erhöhet werde, ich habe deßhalb schon Einleitun- gen getroffen. Jhre Hand ist meinem Sohne bestimmt, dieses Bündniß stellt alle Parteien zufrieden, und ihre Meinung ist darin von kei- nem Gewicht; Töchter hoher Abkunft werden immer nach den Gesetzen der Convenienz ver- mählt." O Gott! ich bin nicht von hoher Abkunft, rief ich aus. "Man wird einen Schleier über die Vergangenheit werfen;" erwiederte er -- "sie wer- den vom Hofe nur als die Enkelinn des Herzogs von Montorin angesehen werden, suchen sie sich dieser Gnade würdig zu machen, und vor allen
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muͤndig. „Die Toͤchter großer Familien ſind dieß niemahls,‟ erwiederte er, „und ich bitte nicht zu vergeſſen, daß ich die Ehre habe, das Haupt der unſrigen zu ſeyn.‟ Jhnen meine Achtung zu bezeugen, Herr Herzog, legte ich Jhnen mei- nen Entſchluß vor, ſagte ich mit vieler Ruhe. „Den ſie auch ohne meine Zuſtimmung ausfuͤhren zu koͤnnen glauben?‟ — rief er zornig — „aber ich ſage ihnen, ſie werden es nicht wagen, meine trotzige Republikanerinn! mein Arm reicht weit, und dem Koͤnige muß daran liegen, daß der Glanz ſeiner Getreuen, durch reiche Erbinnen, erhoͤhet werde, ich habe deßhalb ſchon Einleitun- gen getroffen. Jhre Hand iſt meinem Sohne beſtimmt, dieſes Buͤndniß ſtellt alle Parteien zufrieden, und ihre Meinung iſt darin von kei- nem Gewicht; Toͤchter hoher Abkunft werden immer nach den Geſetzen der Convenienz ver- maͤhlt.‟ O Gott! ich bin nicht von hoher Abkunft, rief ich aus. „Man wird einen Schleier uͤber die Vergangenheit werfen;‟ erwiederte er — „ſie wer- den vom Hofe nur als die Enkelinn des Herzogs von Montorin angeſehen werden, ſuchen ſie ſich dieſer Gnade wuͤrdig zu machen, und vor allen
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[187[195]/0205]
muͤndig. „Die Toͤchter großer Familien ſind dieß
niemahls,‟ erwiederte er, „und ich bitte nicht zu
vergeſſen, daß ich die Ehre habe, das Haupt
der unſrigen zu ſeyn.‟ Jhnen meine Achtung
zu bezeugen, Herr Herzog, legte ich Jhnen mei-
nen Entſchluß vor, ſagte ich mit vieler Ruhe.
„Den ſie auch ohne meine Zuſtimmung ausfuͤhren
zu koͤnnen glauben?‟ — rief er zornig — „aber ich
ſage ihnen, ſie werden es nicht wagen, meine
trotzige Republikanerinn! mein Arm reicht weit,
und dem Koͤnige muß daran liegen, daß der
Glanz ſeiner Getreuen, durch reiche Erbinnen,
erhoͤhet werde, ich habe deßhalb ſchon Einleitun-
gen getroffen. Jhre Hand iſt meinem Sohne
beſtimmt, dieſes Buͤndniß ſtellt alle Parteien
zufrieden, und ihre Meinung iſt darin von kei-
nem Gewicht; Toͤchter hoher Abkunft werden
immer nach den Geſetzen der Convenienz ver-
maͤhlt.‟ O Gott! ich bin nicht von hoher Abkunft,
rief ich aus. „Man wird einen Schleier uͤber die
Vergangenheit werfen;‟ erwiederte er — „ſie wer-
den vom Hofe nur als die Enkelinn des Herzogs
von Montorin angeſehen werden, ſuchen ſie ſich
dieſer Gnade wuͤrdig zu machen, und vor allen
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 187[195]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/205>, abgerufen am 27.07.2024.
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