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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.

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rung begonnene Unterredung endete ziemlich lau.
Sobald gemeldet wurde, daß der Herzog sicht-
bar sey, wurde ich, von deiner Mutter begleitet,
zu ihm in den Saal geführt. Er empfing mich
recht artig, stellte sich mir als das Haupt der
Familie, durch das Testament des Großoheims
vor, und versicherte mich seines väterlichen Schut-
zes. Er umging jede frühere Beziehung, und
sagte mir vieles schmeichelhafte über sein Ver-
gnügen, mich in die große Welt einzuführen,
wo ich gewiß mit Erfolg auftreten würde.
Dann, fügte er, sich gegen deine Mutter wendend,
mit Bedeutung, hinzu: Sie werden Sorge
tragen, daß unsre Nichte mit all dem Glanze
auftritt, welcher ihren Annehmlichkeiten und
unserm Range gebührt. Jch liebe die trauri-
gen Farben nicht, fuhr er, mit einem Blick auf
mich, fort, sie rauben den schönen Wangen alles
Feuer. -- Dann entließ er uns, mit einer höf-
lichen Wendung. Ganz betäubt von diesen be-
fremdenden Scenen kam ich auf mein Zimmer,
wo Du mir in die Arme flogst. Du warst
die Alte, meine herzige Adele. Deine Liebko-
sungen, deine heiteren Scherze beruhigten mein

rung begonnene Unterredung endete ziemlich lau.
Sobald gemeldet wurde, daß der Herzog ſicht-
bar ſey, wurde ich, von deiner Mutter begleitet,
zu ihm in den Saal gefuͤhrt. Er empfing mich
recht artig, ſtellte ſich mir als das Haupt der
Familie, durch das Teſtament des Großoheims
vor, und verſicherte mich ſeines vaͤterlichen Schut-
zes. Er umging jede fruͤhere Beziehung, und
ſagte mir vieles ſchmeichelhafte uͤber ſein Ver-
gnuͤgen, mich in die große Welt einzufuͤhren,
wo ich gewiß mit Erfolg auftreten wuͤrde.
Dann, fuͤgte er, ſich gegen deine Mutter wendend,
mit Bedeutung, hinzu: Sie werden Sorge
tragen, daß unſre Nichte mit all dem Glanze
auftritt, welcher ihren Annehmlichkeiten und
unſerm Range gebuͤhrt. Jch liebe die trauri-
gen Farben nicht, fuhr er, mit einem Blick auf
mich, fort, ſie rauben den ſchoͤnen Wangen alles
Feuer. — Dann entließ er uns, mit einer hoͤf-
lichen Wendung. Ganz betaͤubt von dieſen be-
fremdenden Scenen kam ich auf mein Zimmer,
wo Du mir in die Arme flogſt. Du warſt
die Alte, meine herzige Adele. Deine Liebko-
ſungen, deine heiteren Scherze beruhigten mein

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[186/0196] rung begonnene Unterredung endete ziemlich lau. Sobald gemeldet wurde, daß der Herzog ſicht- bar ſey, wurde ich, von deiner Mutter begleitet, zu ihm in den Saal gefuͤhrt. Er empfing mich recht artig, ſtellte ſich mir als das Haupt der Familie, durch das Teſtament des Großoheims vor, und verſicherte mich ſeines vaͤterlichen Schut- zes. Er umging jede fruͤhere Beziehung, und ſagte mir vieles ſchmeichelhafte uͤber ſein Ver- gnuͤgen, mich in die große Welt einzufuͤhren, wo ich gewiß mit Erfolg auftreten wuͤrde. Dann, fuͤgte er, ſich gegen deine Mutter wendend, mit Bedeutung, hinzu: Sie werden Sorge tragen, daß unſre Nichte mit all dem Glanze auftritt, welcher ihren Annehmlichkeiten und unſerm Range gebuͤhrt. Jch liebe die trauri- gen Farben nicht, fuhr er, mit einem Blick auf mich, fort, ſie rauben den ſchoͤnen Wangen alles Feuer. — Dann entließ er uns, mit einer hoͤf- lichen Wendung. Ganz betaͤubt von dieſen be- fremdenden Scenen kam ich auf mein Zimmer, wo Du mir in die Arme flogſt. Du warſt die Alte, meine herzige Adele. Deine Liebko- ſungen, deine heiteren Scherze beruhigten mein

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Zitationshilfe: Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/196>, abgerufen am 24.11.2024.