derfinden; meine Schwäche verhinderte mich aber immer noch, Anstalten dazu zu treffen. Auch meine Mannon sehnte sich im Stillen zu den harmlosen Tänzen unsres Dörfchens zurück. An- toine, der ehrliche Antoine, welcher schon so lange im Dienste unsers Hauses gewesen, und mich noch auf den Armen getragen hatte, betrübte sich herz- lich über den Verlust seines guten Herrn, und über meinen Schmerz. Er war es, welcher plötzlich meinem Schicksale eine unvorhergesehene Wen- dung gab. Ohne ihn wäre ich in einigen Ta- gen abgereist, wäre vielleicht noch lange verges- sen geblieben, und in einer andern Lage, anders berathen, würde ich vielleicht einen anderen Plan befolgt haben, als ihn mir die Umstände jetzt aufgedrungen. Du weißt, liebe Adele, wie der ehrliche Alte, in den Tuillerien herumschlen- dernd, Dich und Deine Mutter erblickte, die Schwester seines theuern Herrn. Er war außer sich vor Freude. Durch ihn erfuhrt ihr meine Anwesenheit, und wenig Minuten darauf hielt euer Wagen vor unsrer Thür. Jch in euren Armen, welches Entzücken für mein verwaistes Herz! Auch überließ ich mich demselben anfangs
derfinden; meine Schwaͤche verhinderte mich aber immer noch, Anſtalten dazu zu treffen. Auch meine Mannon ſehnte ſich im Stillen zu den harmloſen Taͤnzen unſres Doͤrfchens zuruͤck. An- toine, der ehrliche Antoine, welcher ſchon ſo lange im Dienſte unſers Hauſes geweſen, und mich noch auf den Armen getragen hatte, betruͤbte ſich herz- lich uͤber den Verluſt ſeines guten Herrn, und uͤber meinen Schmerz. Er war es, welcher ploͤtzlich meinem Schickſale eine unvorhergeſehene Wen- dung gab. Ohne ihn waͤre ich in einigen Ta- gen abgereiſt, waͤre vielleicht noch lange vergeſ- ſen geblieben, und in einer andern Lage, anders berathen, wuͤrde ich vielleicht einen anderen Plan befolgt haben, als ihn mir die Umſtaͤnde jetzt aufgedrungen. Du weißt, liebe Adele, wie der ehrliche Alte, in den Tuillerien herumſchlen- dernd, Dich und Deine Mutter erblickte, die Schweſter ſeines theuern Herrn. Er war außer ſich vor Freude. Durch ihn erfuhrt ihr meine Anweſenheit, und wenig Minuten darauf hielt euer Wagen vor unſrer Thuͤr. Jch in euren Armen, welches Entzuͤcken fuͤr mein verwaiſtes Herz! Auch uͤberließ ich mich demſelben anfangs
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derfinden; meine Schwaͤche verhinderte mich aber
immer noch, Anſtalten dazu zu treffen. Auch
meine Mannon ſehnte ſich im Stillen zu den
harmloſen Taͤnzen unſres Doͤrfchens zuruͤck. An-
toine, der ehrliche Antoine, welcher ſchon ſo lange
im Dienſte unſers Hauſes geweſen, und mich noch
auf den Armen getragen hatte, betruͤbte ſich herz-
lich uͤber den Verluſt ſeines guten Herrn, und uͤber
meinen Schmerz. Er war es, welcher ploͤtzlich
meinem Schickſale eine unvorhergeſehene Wen-
dung gab. Ohne ihn waͤre ich in einigen Ta-
gen abgereiſt, waͤre vielleicht noch lange vergeſ-
ſen geblieben, und in einer andern Lage, anders
berathen, wuͤrde ich vielleicht einen anderen
Plan befolgt haben, als ihn mir die Umſtaͤnde
jetzt aufgedrungen. Du weißt, liebe Adele, wie
der ehrliche Alte, in den Tuillerien herumſchlen-
dernd, Dich und Deine Mutter erblickte, die
Schweſter ſeines theuern Herrn. Er war außer
ſich vor Freude. Durch ihn erfuhrt ihr meine
Anweſenheit, und wenig Minuten darauf hielt
euer Wagen vor unſrer Thuͤr. Jch in euren
Armen, welches Entzuͤcken fuͤr mein verwaiſtes
Herz! Auch uͤberließ ich mich demſelben anfangs
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/193>, abgerufen am 27.07.2024.
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