ich werde die Deutschen immer bewundern und lieben! Jch sage noch mehr: wäre unsre männliche Jugend Deutschlands Heldenjugend gleich gewe- sen, es stände besser um uns. Und nun zumahl dieser edle Jüngling, unser Gastfreund, und wir, unkriegerische Weiber.
So verfocht ich täglich mit Eifer die Sache der Liebenden. Der Fremde mochte manches davon, durch Henrietten, erfahren haben, er bezeugte die zarteste Theilnahme für das liebe kranke Fräulein, wie er mich nannte. Später hin hatte ich die Freude zu hören, daß Hen- riette ihn in seine Heimath begleiten würde, und es gewährte mir einen großen Trost, zu glauben, daß ich einigen Autheil an dem er- wünschten Ausgang ihres Schicksals gehabt.
Bei den allen wurde mir der Aufenthalt in Paris unerträglich. Das Geräusch betäubte, und die Karakterlosigkeit der Einwohner ärgerte mich. Jch sehnte mich nach der Stille von Chaumerive zurück, mir dem täuschenden Trost- gefühl, als würde ich dort meine alte Welt wie-
ich werde die Deutſchen immer bewundern und lieben! Jch ſage noch mehr: waͤre unſre maͤnnliche Jugend Deutſchlands Heldenjugend gleich gewe- ſen, es ſtaͤnde beſſer um uns. Und nun zumahl dieſer edle Juͤngling, unſer Gaſtfreund, und wir, unkriegeriſche Weiber.
So verfocht ich taͤglich mit Eifer die Sache der Liebenden. Der Fremde mochte manches davon, durch Henrietten, erfahren haben, er bezeugte die zarteſte Theilnahme fuͤr das liebe kranke Fraͤulein, wie er mich nannte. Spaͤter hin hatte ich die Freude zu hoͤren, daß Hen- riette ihn in ſeine Heimath begleiten wuͤrde, und es gewaͤhrte mir einen großen Troſt, zu glauben, daß ich einigen Autheil an dem er- wuͤnſchten Ausgang ihres Schickſals gehabt.
Bei den allen wurde mir der Aufenthalt in Paris unertraͤglich. Das Geraͤuſch betaͤubte, und die Karakterloſigkeit der Einwohner aͤrgerte mich. Jch ſehnte mich nach der Stille von Chaumerive zuruͤck, mir dem taͤuſchenden Troſt- gefuͤhl, als wuͤrde ich dort meine alte Welt wie-
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ich werde die Deutſchen immer bewundern und
lieben! Jch ſage noch mehr: waͤre unſre maͤnnliche
Jugend Deutſchlands Heldenjugend gleich gewe-
ſen, es ſtaͤnde beſſer um uns. Und nun zumahl
dieſer edle Juͤngling, unſer Gaſtfreund, und
wir, unkriegeriſche Weiber.
So verfocht ich taͤglich mit Eifer die Sache
der Liebenden. Der Fremde mochte manches
davon, durch Henrietten, erfahren haben, er
bezeugte die zarteſte Theilnahme fuͤr das liebe
kranke Fraͤulein, wie er mich nannte. Spaͤter
hin hatte ich die Freude zu hoͤren, daß Hen-
riette ihn in ſeine Heimath begleiten wuͤrde,
und es gewaͤhrte mir einen großen Troſt, zu
glauben, daß ich einigen Autheil an dem er-
wuͤnſchten Ausgang ihres Schickſals gehabt.
Bei den allen wurde mir der Aufenthalt
in Paris unertraͤglich. Das Geraͤuſch betaͤubte,
und die Karakterloſigkeit der Einwohner aͤrgerte
mich. Jch ſehnte mich nach der Stille von
Chaumerive zuruͤck, mir dem taͤuſchenden Troſt-
gefuͤhl, als wuͤrde ich dort meine alte Welt wie-
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/192>, abgerufen am 27.07.2024.
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