Landes, und dem Ruhm unsers gekrönten Hel- den zu nehmen pflegte. Meine Mutter aber schien diese Fröhlichkeit nur zu schmerzen. Zu spät, seufzte sie, mußte ich ein so theures Opfer bringen, damit der Friede einzöge! O, Mutter! rief ich im Auflodern meiner alten Begeiste- rung, Emil starb, weil seine Tage gezählt wa- ren. Wäre es aber möglich, daß die Gottheit ein Menschenopfer annähme für Frankreichs Frieden, Freiheit und Glück, so wollte ich ja, mit tausend Freuden, noch heute mein Blut tro- pfenweise dafür vergießen! Mein Vater drückte mir schweigend die Hand, meine Mutter sahe mich mit starren Blicken an, schüttelte dann langsam den Kopf, faßte nach ihrem Rosen- kranz, und versank wieder in stillen Gram.
Die Tage der allgemeinen Freude, wurden uns Tage der Trauer. Mitten unter den Ver- mählungsfeierlichkeiten starb meine arme gute Mutter in meinen Armen. Mein Vater kämpfte männlich mit seinem herben Schmerz. Er küßte den kalten Mund der Geliebten mit zärtlicher Wehmuth. Ruhe sanft holde Klara! sagte er, die Erdenleiden drücken jetzt dein armes Herz
nicht
Landes, und dem Ruhm unſers gekroͤnten Hel- den zu nehmen pflegte. Meine Mutter aber ſchien dieſe Froͤhlichkeit nur zu ſchmerzen. Zu ſpaͤt, ſeufzte ſie, mußte ich ein ſo theures Opfer bringen, damit der Friede einzoͤge! O, Mutter! rief ich im Auflodern meiner alten Begeiſte- rung, Emil ſtarb, weil ſeine Tage gezaͤhlt wa- ren. Waͤre es aber moͤglich, daß die Gottheit ein Menſchenopfer annaͤhme fuͤr Frankreichs Frieden, Freiheit und Gluͤck, ſo wollte ich ja, mit tauſend Freuden, noch heute mein Blut tro- pfenweiſe dafuͤr vergießen! Mein Vater druͤckte mir ſchweigend die Hand, meine Mutter ſahe mich mit ſtarren Blicken an, ſchuͤttelte dann langſam den Kopf, faßte nach ihrem Roſen- kranz, und verſank wieder in ſtillen Gram.
Die Tage der allgemeinen Freude, wurden uns Tage der Trauer. Mitten unter den Ver- maͤhlungsfeierlichkeiten ſtarb meine arme gute Mutter in meinen Armen. Mein Vater kaͤmpfte maͤnnlich mit ſeinem herben Schmerz. Er kuͤßte den kalten Mund der Geliebten mit zaͤrtlicher Wehmuth. Ruhe ſanft holde Klara! ſagte er, die Erdenleiden druͤcken jetzt dein armes Herz
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Landes, und dem Ruhm unſers gekroͤnten Hel-
den zu nehmen pflegte. Meine Mutter aber
ſchien dieſe Froͤhlichkeit nur zu ſchmerzen. Zu
ſpaͤt, ſeufzte ſie, mußte ich ein ſo theures Opfer
bringen, damit der Friede einzoͤge! O, Mutter!
rief ich im Auflodern meiner alten Begeiſte-
rung, Emil ſtarb, weil ſeine Tage gezaͤhlt wa-
ren. Waͤre es aber moͤglich, daß die Gottheit
ein Menſchenopfer annaͤhme fuͤr Frankreichs
Frieden, Freiheit und Gluͤck, ſo wollte ich ja,
mit tauſend Freuden, noch heute mein Blut tro-
pfenweiſe dafuͤr vergießen! Mein Vater druͤckte
mir ſchweigend die Hand, meine Mutter ſahe
mich mit ſtarren Blicken an, ſchuͤttelte dann
langſam den Kopf, faßte nach ihrem Roſen-
kranz, und verſank wieder in ſtillen Gram.
Die Tage der allgemeinen Freude, wurden
uns Tage der Trauer. Mitten unter den Ver-
maͤhlungsfeierlichkeiten ſtarb meine arme gute
Mutter in meinen Armen. Mein Vater kaͤmpfte
maͤnnlich mit ſeinem herben Schmerz. Er kuͤßte
den kalten Mund der Geliebten mit zaͤrtlicher
Wehmuth. Ruhe ſanft holde Klara! ſagte er,
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/154>, abgerufen am 27.07.2024.
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