Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

will! willst Du nur, daß ich wolle!" Still
und gen Himmel blickend, setzte ich diesen Ge-
danken einige Augenblicke fort, und fühlte mich
wunderbar gestärkt und erhoben. Der Odem
des Ewigen schien mich zu umwehen. Da stieg
der Mond in voller Pracht hinter dem Thau-
gewölk empor, und verbreitete sanfte Tageshelle
um mich her. Mein Blick fiel auf den Brief,
welcher entfaltet mir zur Seite lag, und durch
dessen Blätter der Abendwind flüsterte. Jch
nahm, und las mit leidlicher Fassung, was die
Verzweiflung geschrieben. -- Die zu früh ange-
tretene Reise in dieser heißen Jahreszeit, hatte
Emils anscheinend leichte Wunde sehr ver-
schlimmert. Er blieb in Frankfurt am Wund-
sieber erkrankt. Bald gesellte sich ein bösarti-
ges Nervenfieber hinzu. Vergebens wendete
Mucius die treueste Sorgfalt an, vergebens rief
er die thätigste Hülfe herbei, die Aerzte gaben we-
nig Hoffnung, sie erklärten, der noch nicht voll-
endete starke Wachsthum des Kranken, habe,
verbunden mit den Mühselkeiten des Feldzugs,
die Natur zu sehr erschöpft, sie versage die Un-
terstützung. So schlummerte der holde Jüng-

will! willſt Du nur, daß ich wolle!‟ Still
und gen Himmel blickend, ſetzte ich dieſen Ge-
danken einige Augenblicke fort, und fuͤhlte mich
wunderbar geſtaͤrkt und erhoben. Der Odem
des Ewigen ſchien mich zu umwehen. Da ſtieg
der Mond in voller Pracht hinter dem Thau-
gewoͤlk empor, und verbreitete ſanfte Tageshelle
um mich her. Mein Blick fiel auf den Brief,
welcher entfaltet mir zur Seite lag, und durch
deſſen Blaͤtter der Abendwind fluͤſterte. Jch
nahm, und las mit leidlicher Faſſung, was die
Verzweiflung geſchrieben. — Die zu fruͤh ange-
tretene Reiſe in dieſer heißen Jahreszeit, hatte
Emils anſcheinend leichte Wunde ſehr ver-
ſchlimmert. Er blieb in Frankfurt am Wund-
ſieber erkrankt. Bald geſellte ſich ein boͤsarti-
ges Nervenfieber hinzu. Vergebens wendete
Mucius die treueſte Sorgfalt an, vergebens rief
er die thaͤtigſte Huͤlfe herbei, die Aerzte gaben we-
nig Hoffnung, ſie erklaͤrten, der noch nicht voll-
endete ſtarke Wachsthum des Kranken, habe,
verbunden mit den Muͤhſelkeiten des Feldzugs,
die Natur zu ſehr erſchoͤpft, ſie verſage die Un-
terſtuͤtzung. So ſchlummerte der holde Juͤng-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0143" n="133"/>
will! will&#x017F;t <hi rendition="#g">Du</hi> nur, daß ich wolle!&#x201F; Still<lb/>
und gen Himmel blickend, &#x017F;etzte ich die&#x017F;en Ge-<lb/>
danken einige Augenblicke fort, und fu&#x0364;hlte mich<lb/>
wunderbar ge&#x017F;ta&#x0364;rkt und erhoben. Der Odem<lb/>
des Ewigen &#x017F;chien mich zu umwehen. Da &#x017F;tieg<lb/>
der Mond in voller Pracht hinter dem Thau-<lb/>
gewo&#x0364;lk empor, und verbreitete &#x017F;anfte Tageshelle<lb/>
um mich her. Mein Blick fiel auf den Brief,<lb/>
welcher entfaltet mir zur Seite lag, und durch<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Bla&#x0364;tter der Abendwind flu&#x0364;&#x017F;terte. Jch<lb/>
nahm, und las mit leidlicher Fa&#x017F;&#x017F;ung, was die<lb/>
Verzweiflung ge&#x017F;chrieben. &#x2014; Die zu fru&#x0364;h ange-<lb/>
tretene Rei&#x017F;e in die&#x017F;er heißen Jahreszeit, hatte<lb/>
Emils an&#x017F;cheinend leichte Wunde &#x017F;ehr ver-<lb/>
&#x017F;chlimmert. Er blieb in Frankfurt am Wund-<lb/>
&#x017F;ieber erkrankt. Bald ge&#x017F;ellte &#x017F;ich ein bo&#x0364;sarti-<lb/>
ges Nervenfieber hinzu. Vergebens wendete<lb/>
Mucius die treue&#x017F;te Sorgfalt an, vergebens rief<lb/>
er die tha&#x0364;tig&#x017F;te Hu&#x0364;lfe herbei, die Aerzte gaben we-<lb/>
nig Hoffnung, &#x017F;ie erkla&#x0364;rten, der noch nicht voll-<lb/>
endete &#x017F;tarke Wachsthum des Kranken, habe,<lb/>
verbunden mit den Mu&#x0364;h&#x017F;elkeiten des Feldzugs,<lb/>
die Natur zu &#x017F;ehr er&#x017F;cho&#x0364;pft, &#x017F;ie ver&#x017F;age die Un-<lb/>
ter&#x017F;tu&#x0364;tzung. So &#x017F;chlummerte der holde Ju&#x0364;ng-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0143] will! willſt Du nur, daß ich wolle!‟ Still und gen Himmel blickend, ſetzte ich dieſen Ge- danken einige Augenblicke fort, und fuͤhlte mich wunderbar geſtaͤrkt und erhoben. Der Odem des Ewigen ſchien mich zu umwehen. Da ſtieg der Mond in voller Pracht hinter dem Thau- gewoͤlk empor, und verbreitete ſanfte Tageshelle um mich her. Mein Blick fiel auf den Brief, welcher entfaltet mir zur Seite lag, und durch deſſen Blaͤtter der Abendwind fluͤſterte. Jch nahm, und las mit leidlicher Faſſung, was die Verzweiflung geſchrieben. — Die zu fruͤh ange- tretene Reiſe in dieſer heißen Jahreszeit, hatte Emils anſcheinend leichte Wunde ſehr ver- ſchlimmert. Er blieb in Frankfurt am Wund- ſieber erkrankt. Bald geſellte ſich ein boͤsarti- ges Nervenfieber hinzu. Vergebens wendete Mucius die treueſte Sorgfalt an, vergebens rief er die thaͤtigſte Huͤlfe herbei, die Aerzte gaben we- nig Hoffnung, ſie erklaͤrten, der noch nicht voll- endete ſtarke Wachsthum des Kranken, habe, verbunden mit den Muͤhſelkeiten des Feldzugs, die Natur zu ſehr erſchoͤpft, ſie verſage die Un- terſtuͤtzung. So ſchlummerte der holde Juͤng-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/143
Zitationshilfe: Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/143>, abgerufen am 23.11.2024.