nieder, und krause röthliche Wölkchen gaben ihr das Geleite. An einem grünen Abhange gelagert, blickte ich fröhlich auf die magischen Beleuchtungen, welche einzelne Sonnenstrahlen noch rechts und links über die schöne Landschaft warfen. Jch hatte eben einen Grashalmenkranz geknüpft auf Mucius Wiederkehr in den näch- sten Tagen, er war sehr erwünscht und bejahend ausgefallen. Jn der Fröhlichkeit meines Herzens pflückte ich neben mir die Blumen welche ich erreichen konnte, und reihete sie, halb leise eine von Petrarcas zärtlichen Stanzen singend, zum Kranz, auf welchen Thränen der Wonne tropfend nieder fielen. Da gewahrte ich, als ich das Auge wieder über die Landschaft erhob, in der Entfernung, einen Landmann, welcher, einen Bothenstab in der Hand, eilig den Weg zum Berge daher schritt. Sein Anblick er- griff mich plötzlich mit einem ahndenden Ge- fühl, mein Herz klopfte voll bangen Schrek- kens, je näher er mir kam, es war als wenn ein grauses Schicksal auf mich zu schritt. Ach, nur zu grausend, zu entsetzlich war, was mir nahte! Der Bothe reichte mir einen Brief,
Erster Theil. [9]
nieder, und krauſe roͤthliche Woͤlkchen gaben ihr das Geleite. An einem gruͤnen Abhange gelagert, blickte ich froͤhlich auf die magiſchen Beleuchtungen, welche einzelne Sonnenſtrahlen noch rechts und links uͤber die ſchoͤne Landſchaft warfen. Jch hatte eben einen Grashalmenkranz geknuͤpft auf Mucius Wiederkehr in den naͤch- ſten Tagen, er war ſehr erwuͤnſcht und bejahend ausgefallen. Jn der Froͤhlichkeit meines Herzens pfluͤckte ich neben mir die Blumen welche ich erreichen konnte, und reihete ſie, halb leiſe eine von Petrarcas zaͤrtlichen Stanzen ſingend, zum Kranz, auf welchen Thraͤnen der Wonne tropfend nieder fielen. Da gewahrte ich, als ich das Auge wieder uͤber die Landſchaft erhob, in der Entfernung, einen Landmann, welcher, einen Bothenſtab in der Hand, eilig den Weg zum Berge daher ſchritt. Sein Anblick er- griff mich ploͤtzlich mit einem ahndenden Ge- fuͤhl, mein Herz klopfte voll bangen Schrek- kens, je naͤher er mir kam, es war als wenn ein grauſes Schickſal auf mich zu ſchritt. Ach, nur zu grauſend, zu entſetzlich war, was mir nahte! Der Bothe reichte mir einen Brief,
Erſter Theil. [9]
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nieder, und krauſe roͤthliche Woͤlkchen gaben
ihr das Geleite. An einem gruͤnen Abhange
gelagert, blickte ich froͤhlich auf die magiſchen
Beleuchtungen, welche einzelne Sonnenſtrahlen
noch rechts und links uͤber die ſchoͤne Landſchaft
warfen. Jch hatte eben einen Grashalmenkranz
geknuͤpft auf Mucius Wiederkehr in den naͤch-
ſten Tagen, er war ſehr erwuͤnſcht und bejahend
ausgefallen. Jn der Froͤhlichkeit meines Herzens
pfluͤckte ich neben mir die Blumen welche ich
erreichen konnte, und reihete ſie, halb leiſe
eine von Petrarcas zaͤrtlichen Stanzen ſingend,
zum Kranz, auf welchen Thraͤnen der Wonne
tropfend nieder fielen. Da gewahrte ich, als
ich das Auge wieder uͤber die Landſchaft erhob,
in der Entfernung, einen Landmann, welcher,
einen Bothenſtab in der Hand, eilig den Weg
zum Berge daher ſchritt. Sein Anblick er-
griff mich ploͤtzlich mit einem ahndenden Ge-
fuͤhl, mein Herz klopfte voll bangen Schrek-
kens, je naͤher er mir kam, es war als wenn
ein grauſes Schickſal auf mich zu ſchritt. Ach,
nur zu grauſend, zu entſetzlich war, was mir
nahte! Der Bothe reichte mir einen Brief,
Erſter Theil. [9]
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/139>, abgerufen am 27.07.2024.
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