Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.höchste. Sie sahe jede Nacht ihren Sohn, Jch, meines Theils, suchte gar nicht sie zu hoͤchſte. Sie ſahe jede Nacht ihren Sohn, Jch, meines Theils, ſuchte gar nicht ſie zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0134" n="124"/> hoͤchſte. Sie ſahe jede Nacht ihren Sohn,<lb/> verwundet oder tod, in ihren Traͤumen. Um-<lb/> ſonſt wendete mein Vater alle Vernunftgruͤnde<lb/> an; doch wenn das Herz heftig leidet, dann wird<lb/> es von den Troͤſtungen des Verſtandes, nur belei-<lb/> digt. Jch bin keine Roͤmerinn! ſagte ſie mit<lb/> Heftigkeit. Und haſt kein Vaterland? fragte<lb/> mein Vater. Moͤge es doch zertruͤmmern, rief<lb/> ſie, wenn ich nur meinen theuern Sohn und<lb/> euch behalte! Klara, liebe Klara, ſagte mein<lb/> Vater, ſanft verweiſend, der Schmerz tobt aus<lb/> dir, du wirſt dich wieder finden. Die Pflicht<lb/> uͤber Alles! Kein Gut der Erde troͤſtet uns,<lb/> wenn dieſe verletzt wird.</p><lb/> <p>Jch, meines Theils, ſuchte gar nicht ſie zu<lb/> troͤſten, ich weinte mit ihr. Mein armes Herz<lb/> ſchwankte zwiſchen Hoffnung und Furcht, ich<lb/> haͤtte ſelbſt des Troſtes bedurft; aber das<lb/> Schauſpiel des unbegraͤnzten muͤtterlichen Schmer-<lb/> zes gab mir feſte Haltung. Jch gelobte mir,<lb/> im Stillen, den etwanigen Schlaͤgen des Schick-<lb/> ſals mit mehr Faſſung zu begegnen. Endlich,<lb/> nach mancher vergeblichen Bemuͤhung um Nach-<lb/> richt, langte ein Brief von den beiden Gelieb-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [124/0134]
hoͤchſte. Sie ſahe jede Nacht ihren Sohn,
verwundet oder tod, in ihren Traͤumen. Um-
ſonſt wendete mein Vater alle Vernunftgruͤnde
an; doch wenn das Herz heftig leidet, dann wird
es von den Troͤſtungen des Verſtandes, nur belei-
digt. Jch bin keine Roͤmerinn! ſagte ſie mit
Heftigkeit. Und haſt kein Vaterland? fragte
mein Vater. Moͤge es doch zertruͤmmern, rief
ſie, wenn ich nur meinen theuern Sohn und
euch behalte! Klara, liebe Klara, ſagte mein
Vater, ſanft verweiſend, der Schmerz tobt aus
dir, du wirſt dich wieder finden. Die Pflicht
uͤber Alles! Kein Gut der Erde troͤſtet uns,
wenn dieſe verletzt wird.
Jch, meines Theils, ſuchte gar nicht ſie zu
troͤſten, ich weinte mit ihr. Mein armes Herz
ſchwankte zwiſchen Hoffnung und Furcht, ich
haͤtte ſelbſt des Troſtes bedurft; aber das
Schauſpiel des unbegraͤnzten muͤtterlichen Schmer-
zes gab mir feſte Haltung. Jch gelobte mir,
im Stillen, den etwanigen Schlaͤgen des Schick-
ſals mit mehr Faſſung zu begegnen. Endlich,
nach mancher vergeblichen Bemuͤhung um Nach-
richt, langte ein Brief von den beiden Gelieb-
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