Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780.wo selbst die sonst heilige Freystatt des Todes durch Lassen Sie uns den Faden der Begebenheiten nie zu
wo ſelbſt die ſonſt heilige Freyſtatt des Todes durch Laſſen Sie uns den Faden der Begebenheiten nie zu
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0018" n="12"/> wo ſelbſt die ſonſt heilige Freyſtatt des Todes durch<lb/> die ausgelaſſene Frechheit der Soldaten verletzt wurde,<lb/> welche, die Leichname der Churfuͤrſten aus ihrer Gruft<lb/> hervorzogen, um ihre elende Ueberbleibſel ſich zuzueig-<lb/> nen; wo verlaſſene Muͤtter mit ihren abgezehrten Kin-<lb/> dern auf dem Arm, ſich aus den Truͤmmern ihres Va-<lb/> terlandes retteten: zu eben dieſer Zeit, darf man nicht<lb/> erwarten, daß man zu <placeName>Wien</placeName> und <placeName>Manheim</placeName>, Sonnets<lb/> verfertigt und ſich mit witzigen Epigrammen beſchaͤf-<lb/> tigt habe. Die Muſen verlangen ruhige Zufluchtsor-<lb/> te; ſie fliehen die Gegenden, wo die Verwirrung herrſcht<lb/> und alles zerſtoͤrt wird. Erſt nach dem ſpaniſchen<lb/> Succeſſionskriege fieng man an einigermaſſen wieder-<lb/> herzuſtellen, was ſo vieles auf einander folgende Elend<lb/> vernichtet hatte. Nicht alſo dem Geiſte und Genie<lb/> der Nation muß man die ſchwachen Fortſchritte, die<lb/> wir bisher gemacht, beymeſſen; ſondern wir muͤſſen<lb/> die Urſache derſelben allein in einer Folge trauriger<lb/> Umſtaͤnde, in den faſt unaufhoͤrlichen Kriegen ſuchen,<lb/> die unſer Vaterland zerſtoͤrten, und eben ſo arm an<lb/> Menſchen, als an Gelde, machten.</p><lb/> <p>Laſſen Sie uns den Faden der Begebenheiten nie<lb/> aus den Augen verliehren, ſondern itzt den Gang un-<lb/> ſrer Vaͤter beobachten. Sie werden mit mir die Weis-<lb/> heit loben, die ihr Betragen leitete. Sie handelten<lb/> gerade ſo, wie es der Lage, in der ſie ſich befanden, an-<lb/> gemeſſen war. Sie fiengen an, ſich auf den Landbau<lb/> <fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [12/0018]
wo ſelbſt die ſonſt heilige Freyſtatt des Todes durch
die ausgelaſſene Frechheit der Soldaten verletzt wurde,
welche, die Leichname der Churfuͤrſten aus ihrer Gruft
hervorzogen, um ihre elende Ueberbleibſel ſich zuzueig-
nen; wo verlaſſene Muͤtter mit ihren abgezehrten Kin-
dern auf dem Arm, ſich aus den Truͤmmern ihres Va-
terlandes retteten: zu eben dieſer Zeit, darf man nicht
erwarten, daß man zu Wien und Manheim, Sonnets
verfertigt und ſich mit witzigen Epigrammen beſchaͤf-
tigt habe. Die Muſen verlangen ruhige Zufluchtsor-
te; ſie fliehen die Gegenden, wo die Verwirrung herrſcht
und alles zerſtoͤrt wird. Erſt nach dem ſpaniſchen
Succeſſionskriege fieng man an einigermaſſen wieder-
herzuſtellen, was ſo vieles auf einander folgende Elend
vernichtet hatte. Nicht alſo dem Geiſte und Genie
der Nation muß man die ſchwachen Fortſchritte, die
wir bisher gemacht, beymeſſen; ſondern wir muͤſſen
die Urſache derſelben allein in einer Folge trauriger
Umſtaͤnde, in den faſt unaufhoͤrlichen Kriegen ſuchen,
die unſer Vaterland zerſtoͤrten, und eben ſo arm an
Menſchen, als an Gelde, machten.
Laſſen Sie uns den Faden der Begebenheiten nie
aus den Augen verliehren, ſondern itzt den Gang un-
ſrer Vaͤter beobachten. Sie werden mit mir die Weis-
heit loben, die ihr Betragen leitete. Sie handelten
gerade ſo, wie es der Lage, in der ſie ſich befanden, an-
gemeſſen war. Sie fiengen an, ſich auf den Landbau
zu
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