Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

zu legen, und aus Feldern, zu deren Bearbeitung bis-
her keine Hände da waren, einen neuen Werth zu ziehn.
Sie stellten die zerstörten Häuser wieder her; sie be-
günstigten die Fortpflanzung und Vermehrung des
menschlichen Geschlechtes. Man ist allenthalben be-
müht gewesen, wüste und verlassene Länder wieder ur-
bar zu machen; die vermehrte Bevölkerung hat Indu-
strie hervorgebracht; auch der Luxus hat sich bey uns
eingefunden, ein Verderben für kleine Staaten, aber
nützlich für die großen, in denen er die Circulation des
Geldes befördert. Durchreisen Sie itzt einmal Deutsch-
land
von einer seiner Gränzen bis zur andern; allent-
halben finden sie ehemalige Flecken in blühende Städte
verwandelt. Hier liegt Münster, etwas weiter hin
Cassel; hier Dresden und Leipzig. In Franken fin-
den Sie Würzburg, Nürnberg. Wenn Sie sich
dem Rhein nähern, kommen Sie über Fulda und
Frankfurt am Mayn, nach Manheim, von da zu-
rück über Mainz nach Bonn. Jede dieser Städte
stellt dem erstaunten Reisenden Gebäude dar, die er an
der Stelle des ehmaligen hercynischen Waldes nicht
vermuthet hätte. Die männliche Thätigkeit unsrer
Landsleute begnügte sich also damit nicht, nur blos den
Verlust zu ersetzen, den das öffentliche Unglück verur-
sacht hatte; sie erhob sich weiter und brachte das zur
Vollkommenheit, wovon unsre Vorfahren nur die er-
sten Entwürfe versucht hatten. Seit der Zeit dieser

glück-

zu legen, und aus Feldern, zu deren Bearbeitung bis-
her keine Haͤnde da waren, einen neuen Werth zu ziehn.
Sie ſtellten die zerſtoͤrten Haͤuſer wieder her; ſie be-
guͤnſtigten die Fortpflanzung und Vermehrung des
menſchlichen Geſchlechtes. Man iſt allenthalben be-
muͤht geweſen, wuͤſte und verlaſſene Laͤnder wieder ur-
bar zu machen; die vermehrte Bevoͤlkerung hat Indu-
ſtrie hervorgebracht; auch der Luxus hat ſich bey uns
eingefunden, ein Verderben fuͤr kleine Staaten, aber
nuͤtzlich fuͤr die großen, in denen er die Circulation des
Geldes befoͤrdert. Durchreiſen Sie itzt einmal Deutſch-
land
von einer ſeiner Graͤnzen bis zur andern; allent-
halben finden ſie ehemalige Flecken in bluͤhende Staͤdte
verwandelt. Hier liegt Muͤnſter, etwas weiter hin
Caſſel; hier Dresden und Leipzig. In Franken fin-
den Sie Wuͤrzburg, Nuͤrnberg. Wenn Sie ſich
dem Rhein naͤhern, kommen Sie uͤber Fulda und
Frankfurt am Mayn, nach Manheim, von da zu-
ruͤck uͤber Mainz nach Bonn. Jede dieſer Staͤdte
ſtellt dem erſtaunten Reiſenden Gebaͤude dar, die er an
der Stelle des ehmaligen hercyniſchen Waldes nicht
vermuthet haͤtte. Die maͤnnliche Thaͤtigkeit unſrer
Landsleute begnuͤgte ſich alſo damit nicht, nur blos den
Verluſt zu erſetzen, den das oͤffentliche Ungluͤck verur-
ſacht hatte; ſie erhob ſich weiter und brachte das zur
Vollkommenheit, wovon unſre Vorfahren nur die er-
ſten Entwuͤrfe verſucht hatten. Seit der Zeit dieſer

gluͤck-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0019" n="13"/>
zu legen, und aus Feldern, zu deren Bearbeitung bis-<lb/>
her keine Ha&#x0364;nde da waren, einen neuen Werth zu ziehn.<lb/>
Sie &#x017F;tellten die zer&#x017F;to&#x0364;rten Ha&#x0364;u&#x017F;er wieder her; &#x017F;ie be-<lb/>
gu&#x0364;n&#x017F;tigten die Fortpflanzung und Vermehrung des<lb/>
men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;chlechtes. Man i&#x017F;t allenthalben be-<lb/>
mu&#x0364;ht gewe&#x017F;en, wu&#x0364;&#x017F;te und verla&#x017F;&#x017F;ene La&#x0364;nder wieder ur-<lb/>
bar zu machen; die vermehrte Bevo&#x0364;lkerung hat Indu-<lb/>
&#x017F;trie hervorgebracht; auch der Luxus hat &#x017F;ich bey uns<lb/>
eingefunden, ein Verderben fu&#x0364;r kleine Staaten, aber<lb/>
nu&#x0364;tzlich fu&#x0364;r die großen, in denen er die Circulation des<lb/>
Geldes befo&#x0364;rdert. Durchrei&#x017F;en Sie itzt einmal <placeName>Deut&#x017F;ch-<lb/>
land</placeName> von einer &#x017F;einer Gra&#x0364;nzen bis zur andern; allent-<lb/>
halben finden &#x017F;ie ehemalige Flecken in blu&#x0364;hende Sta&#x0364;dte<lb/>
verwandelt. Hier liegt <placeName>Mu&#x0364;n&#x017F;ter</placeName>, etwas weiter hin<lb/><placeName>Ca&#x017F;&#x017F;el</placeName>; hier <placeName>Dresden</placeName> und <placeName>Leipzig</placeName>. In <placeName>Franken</placeName> fin-<lb/>
den Sie <placeName>Wu&#x0364;rzburg</placeName>, <placeName>Nu&#x0364;rnberg</placeName>. Wenn Sie &#x017F;ich<lb/>
dem <placeName>Rhein</placeName> na&#x0364;hern, kommen Sie u&#x0364;ber <placeName>Fulda</placeName> und<lb/><placeName>Frankfurt am Mayn</placeName>, nach <placeName>Manheim</placeName>, von da zu-<lb/>
ru&#x0364;ck u&#x0364;ber <placeName>Mainz</placeName> nach <placeName>Bonn</placeName>. Jede die&#x017F;er Sta&#x0364;dte<lb/>
&#x017F;tellt dem er&#x017F;taunten Rei&#x017F;enden Geba&#x0364;ude dar, die er an<lb/>
der Stelle des ehmaligen <hi rendition="#fr">hercyni&#x017F;chen</hi> Waldes nicht<lb/>
vermuthet ha&#x0364;tte. Die ma&#x0364;nnliche Tha&#x0364;tigkeit un&#x017F;rer<lb/>
Landsleute begnu&#x0364;gte &#x017F;ich al&#x017F;o damit nicht, nur blos den<lb/>
Verlu&#x017F;t zu er&#x017F;etzen, den das o&#x0364;ffentliche Unglu&#x0364;ck verur-<lb/>
&#x017F;acht hatte; &#x017F;ie erhob &#x017F;ich weiter und brachte das zur<lb/>
Vollkommenheit, wovon un&#x017F;re Vorfahren nur die er-<lb/>
&#x017F;ten Entwu&#x0364;rfe ver&#x017F;ucht hatten. Seit der Zeit die&#x017F;er<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">glu&#x0364;ck-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0019] zu legen, und aus Feldern, zu deren Bearbeitung bis- her keine Haͤnde da waren, einen neuen Werth zu ziehn. Sie ſtellten die zerſtoͤrten Haͤuſer wieder her; ſie be- guͤnſtigten die Fortpflanzung und Vermehrung des menſchlichen Geſchlechtes. Man iſt allenthalben be- muͤht geweſen, wuͤſte und verlaſſene Laͤnder wieder ur- bar zu machen; die vermehrte Bevoͤlkerung hat Indu- ſtrie hervorgebracht; auch der Luxus hat ſich bey uns eingefunden, ein Verderben fuͤr kleine Staaten, aber nuͤtzlich fuͤr die großen, in denen er die Circulation des Geldes befoͤrdert. Durchreiſen Sie itzt einmal Deutſch- land von einer ſeiner Graͤnzen bis zur andern; allent- halben finden ſie ehemalige Flecken in bluͤhende Staͤdte verwandelt. Hier liegt Muͤnſter, etwas weiter hin Caſſel; hier Dresden und Leipzig. In Franken fin- den Sie Wuͤrzburg, Nuͤrnberg. Wenn Sie ſich dem Rhein naͤhern, kommen Sie uͤber Fulda und Frankfurt am Mayn, nach Manheim, von da zu- ruͤck uͤber Mainz nach Bonn. Jede dieſer Staͤdte ſtellt dem erſtaunten Reiſenden Gebaͤude dar, die er an der Stelle des ehmaligen hercyniſchen Waldes nicht vermuthet haͤtte. Die maͤnnliche Thaͤtigkeit unſrer Landsleute begnuͤgte ſich alſo damit nicht, nur blos den Verluſt zu erſetzen, den das oͤffentliche Ungluͤck verur- ſacht hatte; ſie erhob ſich weiter und brachte das zur Vollkommenheit, wovon unſre Vorfahren nur die er- ſten Entwuͤrfe verſucht hatten. Seit der Zeit dieſer gluͤck-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/friedrich_literatur_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/friedrich_literatur_1780/19
Zitationshilfe: Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/friedrich_literatur_1780/19>, abgerufen am 19.04.2024.