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Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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durchweht von jenem eigentümlichen Reize, der dem Auge nur in den Gemächern feinfühliger Frauen entgegentritt. Beim ersten Anblick scheinbarer Zufall in aller Anordnung, der das Ernste mit dem Spielenden, das Glänzende mit dem Unscheinbaren in buntem Wechsel zusammengewürfelt; aber alsbald dämmert dem Blicke des Beschauenden jener tiefere Ordnungssinn auf, der jedem Gegenstande seine Stelle angewiesen, als wäre er auf derselben empor gewachsen und könnte an einem andern Platz gar keinen Raum mehr finden; über Alles liegt dazu der Abglanz jener zierlichen Sauberkeit ausgegossen, der auch das Unbedeutende schmückt, wie die Sonne den dürftigen Strauch vergoldet. Der Oberst betrat dieses Gemach selten und nur in Ausnahmefällen; er habe stets Angst darin, sagte er, von dem tausendfachen Krimskrams etwas zu zerbrechen oder zusammenzutreten. So blieb er auch jetzt hart an der Thüre stehen, als scheue er sich, weiter vorzutreten, rief aber dabei einen so dröhnenden Morgengruß, daß die Saiten der Harfe, die in der Mitte des Gemaches an einem weißen Marmortische lehnte, vor dem Schalle erzitternd leise zusammenklangen. Dieser grüßende Kommandoruf galt einer jungen Dame, die in weitem, blendend weißem Morgenkleide an einem der Fenster saß, das, dicht von Schlingpflanzen umsponnen, nur ein grünlich dämmerndes Licht auf die jugendliche Gestalt herabfallen ließ. Diese erhob sich rasch, um dem Eintretenden lächelnd entgegenzugehen.

durchweht von jenem eigentümlichen Reize, der dem Auge nur in den Gemächern feinfühliger Frauen entgegentritt. Beim ersten Anblick scheinbarer Zufall in aller Anordnung, der das Ernste mit dem Spielenden, das Glänzende mit dem Unscheinbaren in buntem Wechsel zusammengewürfelt; aber alsbald dämmert dem Blicke des Beschauenden jener tiefere Ordnungssinn auf, der jedem Gegenstande seine Stelle angewiesen, als wäre er auf derselben empor gewachsen und könnte an einem andern Platz gar keinen Raum mehr finden; über Alles liegt dazu der Abglanz jener zierlichen Sauberkeit ausgegossen, der auch das Unbedeutende schmückt, wie die Sonne den dürftigen Strauch vergoldet. Der Oberst betrat dieses Gemach selten und nur in Ausnahmefällen; er habe stets Angst darin, sagte er, von dem tausendfachen Krimskrams etwas zu zerbrechen oder zusammenzutreten. So blieb er auch jetzt hart an der Thüre stehen, als scheue er sich, weiter vorzutreten, rief aber dabei einen so dröhnenden Morgengruß, daß die Saiten der Harfe, die in der Mitte des Gemaches an einem weißen Marmortische lehnte, vor dem Schalle erzitternd leise zusammenklangen. Dieser grüßende Kommandoruf galt einer jungen Dame, die in weitem, blendend weißem Morgenkleide an einem der Fenster saß, das, dicht von Schlingpflanzen umsponnen, nur ein grünlich dämmerndes Licht auf die jugendliche Gestalt herabfallen ließ. Diese erhob sich rasch, um dem Eintretenden lächelnd entgegenzugehen.

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durchweht von jenem eigentümlichen Reize, der dem Auge nur in den Gemächern      feinfühliger Frauen entgegentritt. Beim ersten Anblick scheinbarer Zufall in aller Anordnung,      der das Ernste mit dem Spielenden, das Glänzende mit dem Unscheinbaren in buntem Wechsel      zusammengewürfelt; aber alsbald dämmert dem Blicke des Beschauenden jener tiefere Ordnungssinn      auf, der jedem Gegenstande seine Stelle angewiesen, als wäre er auf derselben empor gewachsen      und könnte an einem andern Platz gar keinen Raum mehr finden; über Alles liegt dazu der Abglanz      jener zierlichen Sauberkeit ausgegossen, der auch das Unbedeutende schmückt, wie die Sonne den      dürftigen Strauch vergoldet. Der Oberst betrat dieses Gemach selten und nur in Ausnahmefällen;      er habe stets Angst darin, sagte er, von dem tausendfachen Krimskrams etwas zu zerbrechen oder      zusammenzutreten. So blieb er auch jetzt hart an der Thüre stehen, als scheue er sich, weiter      vorzutreten, rief aber dabei einen so dröhnenden Morgengruß, daß die Saiten der Harfe, die in      der Mitte des Gemaches an einem weißen Marmortische lehnte, vor dem Schalle erzitternd leise      zusammenklangen. Dieser grüßende Kommandoruf galt einer jungen Dame, die in weitem, blendend      weißem Morgenkleide an einem der Fenster saß, das, dicht von Schlingpflanzen umsponnen, nur ein      grünlich dämmerndes Licht auf die jugendliche Gestalt herabfallen ließ. Diese erhob sich rasch,      um dem Eintretenden lächelnd entgegenzugehen.<lb/></p>
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[0019] durchweht von jenem eigentümlichen Reize, der dem Auge nur in den Gemächern feinfühliger Frauen entgegentritt. Beim ersten Anblick scheinbarer Zufall in aller Anordnung, der das Ernste mit dem Spielenden, das Glänzende mit dem Unscheinbaren in buntem Wechsel zusammengewürfelt; aber alsbald dämmert dem Blicke des Beschauenden jener tiefere Ordnungssinn auf, der jedem Gegenstande seine Stelle angewiesen, als wäre er auf derselben empor gewachsen und könnte an einem andern Platz gar keinen Raum mehr finden; über Alles liegt dazu der Abglanz jener zierlichen Sauberkeit ausgegossen, der auch das Unbedeutende schmückt, wie die Sonne den dürftigen Strauch vergoldet. Der Oberst betrat dieses Gemach selten und nur in Ausnahmefällen; er habe stets Angst darin, sagte er, von dem tausendfachen Krimskrams etwas zu zerbrechen oder zusammenzutreten. So blieb er auch jetzt hart an der Thüre stehen, als scheue er sich, weiter vorzutreten, rief aber dabei einen so dröhnenden Morgengruß, daß die Saiten der Harfe, die in der Mitte des Gemaches an einem weißen Marmortische lehnte, vor dem Schalle erzitternd leise zusammenklangen. Dieser grüßende Kommandoruf galt einer jungen Dame, die in weitem, blendend weißem Morgenkleide an einem der Fenster saß, das, dicht von Schlingpflanzen umsponnen, nur ein grünlich dämmerndes Licht auf die jugendliche Gestalt herabfallen ließ. Diese erhob sich rasch, um dem Eintretenden lächelnd entgegenzugehen.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:04:13Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:04:13Z)

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Zitationshilfe: Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910/19>, abgerufen am 24.11.2024.