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Breuer, Josef und Freud, Sigmund: Studien über Hysterie. Leipzig u. a., 1895.

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Hypnose. Sie hat schrecklich geträumt, die Stuhlbeine und Sessellehnen waren alle Schlangen, ein Ungeheuer mit einem Geierschnabel hat auf sie losgehackt und sie am ganzen Körper angefressen, andere wilde Thiere sind auf sie losgesprungen und dgl. Dann übergeht sie sofort auf andere Thierdelirien, die sie aber durch den Zusatz ausgezeichnet: Das war wirklich (kein Traum). Wie sie (früher einmal) nach einem Knäuel Wolle greifen wollte, und der war eine Maus und lief weg, wie auf einem Spaziergang eine grosse Kröte plötzlich auf sie losgesprungen u. s. f. Ich merke, dass mein generelles Verbot nichts gefruchtet hat, und dass ich ihr solche Angsteindrücke einzeln abnehmen muss.1 Auf irgend einem Weg kam ich dann dazu, sie zu fragen, warum sie auch Magenschmerzen bekommen habe, und woher diese stammen. Ich glaube, Magenschmerzen begleiteten bei ihr jeden Anfall von Zoopsie. Ihre ziemlich unwillige Antwort war, das wisse sie nicht. Ich gab ihr auf, sich bis Morgen daran zu erinnern. Nun sagte sie recht mürrisch, ich solle nicht immer fragen, woher das und jenes komme, sondern sie erzählen lassen, was sie mir zu sagen habe. Ich gehe darauf ein, und sie setzt ohne Einleitung fort: Wie sie ihn herausgetragen haben, habe ich nicht glauben können, dass er todt ist. (Sie spricht also wieder von ihrem Manne, und ich erkenne jetzt als Grund ihrer Verstimmung, dass sie unter dem zurückgehaltenen Rest dieser Geschichte gelitten hat). Und dann habe sie durch 3 Jahre das Kind gehasst, weil sie sich immer gesagt, sie hätte den Mann gesund pflegen können, wenn sie nicht des Kindes wegen zu Bette gelegen wäre. Und dann habe sie nach dem Tode ihres Mannes nur Kränkungen und Aufregungen gehabt. Seine Verwandten, die stets gegen die Heirat waren und sich dann darüber ärgerten, dass sie so glücklich lebten, hätten ausgesprengt, dass sie selbst ihn vergiftet, so dass sie eine Untersuchung verlangen wollte. Durch einen abscheulichen Winkelschreiber hätten die Verwandten ihr alle möglichen Processe angehängt. Der Schurke schickte Agenten herum, die gegen sie hetzten, liess schmähende Artikel gegen sie in die Localzeitungen aufnehmen und schickte ihr dann die Ausschnitte zu. Von daher stamme ihre Leutescheu und ihr Hass gegen alle fremden Menschen. Nach den

1 Ich habe leider in diesem Falle versäumt, nach der Bedeutung der Zoopsie zu forschen, etwa sondern zu wollen, was an der Thierfurcht primäres Grausen war, wie es vielen Neuropathen von Jugend auf eigen ist, und was Symbolik.

Hypnose. Sie hat schrecklich geträumt, die Stuhlbeine und Sessellehnen waren alle Schlangen, ein Ungeheuer mit einem Geierschnabel hat auf sie losgehackt und sie am ganzen Körper angefressen, andere wilde Thiere sind auf sie losgesprungen und dgl. Dann übergeht sie sofort auf andere Thierdelirien, die sie aber durch den Zusatz ausgezeichnet: Das war wirklich (kein Traum). Wie sie (früher einmal) nach einem Knäuel Wolle greifen wollte, und der war eine Maus und lief weg, wie auf einem Spaziergang eine grosse Kröte plötzlich auf sie losgesprungen u. s. f. Ich merke, dass mein generelles Verbot nichts gefruchtet hat, und dass ich ihr solche Angsteindrücke einzeln abnehmen muss.1 Auf irgend einem Weg kam ich dann dazu, sie zu fragen, warum sie auch Magenschmerzen bekommen habe, und woher diese stammen. Ich glaube, Magenschmerzen begleiteten bei ihr jeden Anfall von Zoopsie. Ihre ziemlich unwillige Antwort war, das wisse sie nicht. Ich gab ihr auf, sich bis Morgen daran zu erinnern. Nun sagte sie recht mürrisch, ich solle nicht immer fragen, woher das und jenes komme, sondern sie erzählen lassen, was sie mir zu sagen habe. Ich gehe darauf ein, und sie setzt ohne Einleitung fort: Wie sie ihn herausgetragen haben, habe ich nicht glauben können, dass er todt ist. (Sie spricht also wieder von ihrem Manne, und ich erkenne jetzt als Grund ihrer Verstimmung, dass sie unter dem zurückgehaltenen Rest dieser Geschichte gelitten hat). Und dann habe sie durch 3 Jahre das Kind gehasst, weil sie sich immer gesagt, sie hätte den Mann gesund pflegen können, wenn sie nicht des Kindes wegen zu Bette gelegen wäre. Und dann habe sie nach dem Tode ihres Mannes nur Kränkungen und Aufregungen gehabt. Seine Verwandten, die stets gegen die Heirat waren und sich dann darüber ärgerten, dass sie so glücklich lebten, hätten ausgesprengt, dass sie selbst ihn vergiftet, so dass sie eine Untersuchung verlangen wollte. Durch einen abscheulichen Winkelschreiber hätten die Verwandten ihr alle möglichen Processe angehängt. Der Schurke schickte Agenten herum, die gegen sie hetzten, liess schmähende Artikel gegen sie in die Localzeitungen aufnehmen und schickte ihr dann die Ausschnitte zu. Von daher stamme ihre Leutescheu und ihr Hass gegen alle fremden Menschen. Nach den

1 Ich habe leider in diesem Falle versäumt, nach der Bedeutung der Zoopsie zu forschen, etwa sondern zu wollen, was an der Thierfurcht primäres Grausen war, wie es vielen Neuropathen von Jugend auf eigen ist, und was Symbolik.
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[51/0057] Hypnose. Sie hat schrecklich geträumt, die Stuhlbeine und Sessellehnen waren alle Schlangen, ein Ungeheuer mit einem Geierschnabel hat auf sie losgehackt und sie am ganzen Körper angefressen, andere wilde Thiere sind auf sie losgesprungen und dgl. Dann übergeht sie sofort auf andere Thierdelirien, die sie aber durch den Zusatz ausgezeichnet: Das war wirklich (kein Traum). Wie sie (früher einmal) nach einem Knäuel Wolle greifen wollte, und der war eine Maus und lief weg, wie auf einem Spaziergang eine grosse Kröte plötzlich auf sie losgesprungen u. s. f. Ich merke, dass mein generelles Verbot nichts gefruchtet hat, und dass ich ihr solche Angsteindrücke einzeln abnehmen muss. 1 Auf irgend einem Weg kam ich dann dazu, sie zu fragen, warum sie auch Magenschmerzen bekommen habe, und woher diese stammen. Ich glaube, Magenschmerzen begleiteten bei ihr jeden Anfall von Zoopsie. Ihre ziemlich unwillige Antwort war, das wisse sie nicht. Ich gab ihr auf, sich bis Morgen daran zu erinnern. Nun sagte sie recht mürrisch, ich solle nicht immer fragen, woher das und jenes komme, sondern sie erzählen lassen, was sie mir zu sagen habe. Ich gehe darauf ein, und sie setzt ohne Einleitung fort: Wie sie ihn herausgetragen haben, habe ich nicht glauben können, dass er todt ist. (Sie spricht also wieder von ihrem Manne, und ich erkenne jetzt als Grund ihrer Verstimmung, dass sie unter dem zurückgehaltenen Rest dieser Geschichte gelitten hat). Und dann habe sie durch 3 Jahre das Kind gehasst, weil sie sich immer gesagt, sie hätte den Mann gesund pflegen können, wenn sie nicht des Kindes wegen zu Bette gelegen wäre. Und dann habe sie nach dem Tode ihres Mannes nur Kränkungen und Aufregungen gehabt. Seine Verwandten, die stets gegen die Heirat waren und sich dann darüber ärgerten, dass sie so glücklich lebten, hätten ausgesprengt, dass sie selbst ihn vergiftet, so dass sie eine Untersuchung verlangen wollte. Durch einen abscheulichen Winkelschreiber hätten die Verwandten ihr alle möglichen Processe angehängt. Der Schurke schickte Agenten herum, die gegen sie hetzten, liess schmähende Artikel gegen sie in die Localzeitungen aufnehmen und schickte ihr dann die Ausschnitte zu. Von daher stamme ihre Leutescheu und ihr Hass gegen alle fremden Menschen. Nach den 1 Ich habe leider in diesem Falle versäumt, nach der Bedeutung der Zoopsie zu forschen, etwa sondern zu wollen, was an der Thierfurcht primäres Grausen war, wie es vielen Neuropathen von Jugend auf eigen ist, und was Symbolik.

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Zitationshilfe: Breuer, Josef und Freud, Sigmund: Studien über Hysterie. Leipzig u. a., 1895, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/freud_hysterie_1895/57>, abgerufen am 23.11.2024.