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Frauenfeld, Georg von: Die Grundlagen des Vogelschutzgesetzes. Wien, 1871.

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G. R. v. Frauenfeld:

Ersteres, obwohl weniger Massenfang, doch immerhin sehr verderb-
lich findet im ersten Frühjahr am Finkenstich, mit dem Nachtigallnetz,
später durch Nesterausnehmen, im Herbst und Winter auf der Tränke,
mit dem Kloben und der Meisenstube oder auch mit Leimspindeln statt.

Alles gehegte Federwild wird zur Frühjahrszeit geschont, selbst
die Schnepfe wird von vielen Jagdbesitzern zu dieser Zeit nicht mehr
verfolgt, um deren Vermehrung zu begünstigen, da die Erfahrung immer
mehr und mehr bestätigt, dass die schon gepaarten Vögel am Strichorte
verbleiben und brüten, und namentlich alle diese Thiere zu dieser Zeit
schlecht im Fleisch, wenig Genuss gewähren. Nur die kleinen Sänger
schont man nicht. Und was ist der Erfolg? Tausende von Nachtigallen
und Finken zur Brütezeit gefangen gehen zu Grunde, und nur wenige
bleiben am Leben. Ebenso furchtbar werden die Vögel durch Nestraub
decimirt, da der geringste Theil derselben sein volles Wachsthum erlebt,
indem sie fast ausnahmslos die erstere Zeit in rohe, eigennützige Hände
gelangen. Die Nestlinge der Hauptsänger sind überdiess ohne Werth, da
nur die im Freien Erwachsenen, Meister im Gesange werden.

Wenn die mit dem Kloben und der Meisenstube erbeuteten Vögel
unverletzt bleiben, so sind dagegen die auf der Tränke und sonst mit
Leimspindeln gefangenen meist so verklebt, dass sie umgebracht werden
müssen oder überhaupt dadurch zu Grunde gehen.

Der für die Küche und den Markt stattfindende Massenfang ge-
schieht mit Schlingen, mit Netzen, oder am Vogelherd und Blattbaum
ebenfalls mit Leim.

Eine ziemliche Anzahl verschiedener solcher Schlingen, als Dohnen,
Sprenkeln, Schnellbögen hat man erfunden, um die harmlosen Wanderer
auf diese Art in seine Gewalt zu bringen, und glücklich, wenn die armen
Thierchen, in ihrer nützlichen Thätigkeit Wald und Flur von schädlichen
Insekten zu reinigen, unterbrochen, am Halse gefangen, nach kurzen Lei-
den sich erwürgen, und nicht, wie ich es selbst sah, in ganzen Reihen
von Schnellbögen mit gebrochenen Beinen mehrere Tage martervoll hän-
gend in dieser fürchterlichen Lage verhungern müssen.

Der Fang mit Leim ist, wie oben bemerkt, unbedingt verwerflich,
da die dadurch gefangenen Vögel zum mindesten fluguntauglich werden,
und der Vogelsteller die vom Gesetze geschützten Arten nicht mehr in
Freiheit zu setzen vermag, was bei den Netzvorrichtungen doch noch
unbehindert geschehen könnte, da sie mit Spiegel- oder Zuguetz auf der
Tenne gefangen, unverletzt in dessen Hände fallen.

Ich berühre die Steck- und Sackgarne für Rebhühner, die Deck-
netze für Wachteln, kurz alle für Jagdgeflügel bestimmte Fangvorrich-
tungen nicht, da die Anwendung derselben dem Jagdberechtigten ver-
bleiben soll.

G. R. v. Frauenfeld:

Ersteres, obwohl weniger Massenfang, doch immerhin sehr verderb-
lich findet im ersten Frühjahr am Finkenstich, mit dem Nachtigallnetz,
später durch Nesterausnehmen, im Herbst und Winter auf der Tränke,
mit dem Kloben und der Meisenstube oder auch mit Leimspindeln statt.

Alles gehegte Federwild wird zur Frühjahrszeit geschont, selbst
die Schnepfe wird von vielen Jagdbesitzern zu dieser Zeit nicht mehr
verfolgt, um deren Vermehrung zu begünstigen, da die Erfahrung immer
mehr und mehr bestätigt, dass die schon gepaarten Vögel am Strichorte
verbleiben und brüten, und namentlich alle diese Thiere zu dieser Zeit
schlecht im Fleisch, wenig Genuss gewähren. Nur die kleinen Sänger
schont man nicht. Und was ist der Erfolg? Tausende von Nachtigallen
und Finken zur Brütezeit gefangen gehen zu Grunde, und nur wenige
bleiben am Leben. Ebenso furchtbar werden die Vögel durch Nestraub
decimirt, da der geringste Theil derselben sein volles Wachsthum erlebt,
indem sie fast ausnahmslos die erstere Zeit in rohe, eigennützige Hände
gelangen. Die Nestlinge der Hauptsänger sind überdiess ohne Werth, da
nur die im Freien Erwachsenen, Meister im Gesange werden.

Wenn die mit dem Kloben und der Meisenstube erbeuteten Vögel
unverletzt bleiben, so sind dagegen die auf der Tränke und sonst mit
Leimspindeln gefangenen meist so verklebt, dass sie umgebracht werden
müssen oder überhaupt dadurch zu Grunde gehen.

Der für die Küche und den Markt stattfindende Massenfang ge-
schieht mit Schlingen, mit Netzen, oder am Vogelherd und Blattbaum
ebenfalls mit Leim.

Eine ziemliche Anzahl verschiedener solcher Schlingen, als Dohnen,
Sprenkeln, Schnellbögen hat man erfunden, um die harmlosen Wanderer
auf diese Art in seine Gewalt zu bringen, und glücklich, wenn die armen
Thierchen, in ihrer nützlichen Thätigkeit Wald und Flur von schädlichen
Insekten zu reinigen, unterbrochen, am Halse gefangen, nach kurzen Lei-
den sich erwürgen, und nicht, wie ich es selbst sah, in ganzen Reihen
von Schnellbögen mit gebrochenen Beinen mehrere Tage martervoll hän-
gend in dieser fürchterlichen Lage verhungern müssen.

Der Fang mit Leim ist, wie oben bemerkt, unbedingt verwerflich,
da die dadurch gefangenen Vögel zum mindesten fluguntauglich werden,
und der Vogelsteller die vom Gesetze geschützten Arten nicht mehr in
Freiheit zu setzen vermag, was bei den Netzvorrichtungen doch noch
unbehindert geschehen könnte, da sie mit Spiegel- oder Zuguetz auf der
Tenne gefangen, unverletzt in dessen Hände fallen.

Ich berühre die Steck- und Sackgarne für Rebhühner, die Deck-
netze für Wachteln, kurz alle für Jagdgeflügel bestimmte Fangvorrich-
tungen nicht, da die Anwendung derselben dem Jagdberechtigten ver-
bleiben soll.

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[10/0014] G. R. v. Frauenfeld: Ersteres, obwohl weniger Massenfang, doch immerhin sehr verderb- lich findet im ersten Frühjahr am Finkenstich, mit dem Nachtigallnetz, später durch Nesterausnehmen, im Herbst und Winter auf der Tränke, mit dem Kloben und der Meisenstube oder auch mit Leimspindeln statt. Alles gehegte Federwild wird zur Frühjahrszeit geschont, selbst die Schnepfe wird von vielen Jagdbesitzern zu dieser Zeit nicht mehr verfolgt, um deren Vermehrung zu begünstigen, da die Erfahrung immer mehr und mehr bestätigt, dass die schon gepaarten Vögel am Strichorte verbleiben und brüten, und namentlich alle diese Thiere zu dieser Zeit schlecht im Fleisch, wenig Genuss gewähren. Nur die kleinen Sänger schont man nicht. Und was ist der Erfolg? Tausende von Nachtigallen und Finken zur Brütezeit gefangen gehen zu Grunde, und nur wenige bleiben am Leben. Ebenso furchtbar werden die Vögel durch Nestraub decimirt, da der geringste Theil derselben sein volles Wachsthum erlebt, indem sie fast ausnahmslos die erstere Zeit in rohe, eigennützige Hände gelangen. Die Nestlinge der Hauptsänger sind überdiess ohne Werth, da nur die im Freien Erwachsenen, Meister im Gesange werden. Wenn die mit dem Kloben und der Meisenstube erbeuteten Vögel unverletzt bleiben, so sind dagegen die auf der Tränke und sonst mit Leimspindeln gefangenen meist so verklebt, dass sie umgebracht werden müssen oder überhaupt dadurch zu Grunde gehen. Der für die Küche und den Markt stattfindende Massenfang ge- schieht mit Schlingen, mit Netzen, oder am Vogelherd und Blattbaum ebenfalls mit Leim. Eine ziemliche Anzahl verschiedener solcher Schlingen, als Dohnen, Sprenkeln, Schnellbögen hat man erfunden, um die harmlosen Wanderer auf diese Art in seine Gewalt zu bringen, und glücklich, wenn die armen Thierchen, in ihrer nützlichen Thätigkeit Wald und Flur von schädlichen Insekten zu reinigen, unterbrochen, am Halse gefangen, nach kurzen Lei- den sich erwürgen, und nicht, wie ich es selbst sah, in ganzen Reihen von Schnellbögen mit gebrochenen Beinen mehrere Tage martervoll hän- gend in dieser fürchterlichen Lage verhungern müssen. Der Fang mit Leim ist, wie oben bemerkt, unbedingt verwerflich, da die dadurch gefangenen Vögel zum mindesten fluguntauglich werden, und der Vogelsteller die vom Gesetze geschützten Arten nicht mehr in Freiheit zu setzen vermag, was bei den Netzvorrichtungen doch noch unbehindert geschehen könnte, da sie mit Spiegel- oder Zuguetz auf der Tenne gefangen, unverletzt in dessen Hände fallen. Ich berühre die Steck- und Sackgarne für Rebhühner, die Deck- netze für Wachteln, kurz alle für Jagdgeflügel bestimmte Fangvorrich- tungen nicht, da die Anwendung derselben dem Jagdberechtigten ver- bleiben soll.

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Zitationshilfe: Frauenfeld, Georg von: Die Grundlagen des Vogelschutzgesetzes. Wien, 1871, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frauenfeld_vogelschutzgesetz_1871/14>, abgerufen am 26.04.2024.