Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

erquicket sie!' - "Das ist ein Engel oder - die Lotte" flüsterte er seiner Frau zu. Auf deren Gesicht stand ein Lächeln, er wußte es nicht zu deuten, ungläubig, ahnend, wie vor der Schwelle eines Heiligthums.

Das Amen verklang, auf der Galerie erfolgte großer Aufbruch; Schaible's waren nicht die Leute, sich ins Gedränge zu mischen, sie ließen Alles über sich wegsteigen, dann schlossen sie sich den vereinzelten Letzten auf dem schmalen Gang, den beengten Treppen an. Sie wußten nicht, wie sie hinunter kamen. Als sie aber den langgezogenen Concertsaal erreicht hatten, dessen Thüren offen standen, und wo das letzte Tagesschimmern sich mit dem eben entzündeten Gaslicht mischte, faßte Schaible die Frau fester unter den Arm, und in schnellem Schritt gingen sie bis zur Mitte des mit verschobenen Stuhlreihen dichtbesetzten, menschenleeren Saales. Sie hatten die Blicke geradeaus nach dem Podium gerichtet, wo sich noch einzelne Gestalten bewegten.

Plötzlich kam es hinter ihnen her, leichtfüßig, eilig, und wie sie sich umwendeten, rutschte ihnen etwas Kühles, Raschelndes über die Hüte und blieb auf den Schultern hängen, - ein Lorbeerkranz!

"Aber Mama, Ihr lauft doch, als - - ."

Das stand Gabriel-Eva, - Lotte, und hatte sie mit Zweigen und Armen gefangen.

erquicket sie!‘ – „Das ist ein Engel oder – die Lotte“ flüsterte er seiner Frau zu. Auf deren Gesicht stand ein Lächeln, er wußte es nicht zu deuten, ungläubig, ahnend, wie vor der Schwelle eines Heiligthums.

Das Amen verklang, auf der Galerie erfolgte großer Aufbruch; Schaible’s waren nicht die Leute, sich ins Gedränge zu mischen, sie ließen Alles über sich wegsteigen, dann schlossen sie sich den vereinzelten Letzten auf dem schmalen Gang, den beengten Treppen an. Sie wußten nicht, wie sie hinunter kamen. Als sie aber den langgezogenen Concertsaal erreicht hatten, dessen Thüren offen standen, und wo das letzte Tagesschimmern sich mit dem eben entzündeten Gaslicht mischte, faßte Schaible die Frau fester unter den Arm, und in schnellem Schritt gingen sie bis zur Mitte des mit verschobenen Stuhlreihen dichtbesetzten, menschenleeren Saales. Sie hatten die Blicke geradeaus nach dem Podium gerichtet, wo sich noch einzelne Gestalten bewegten.

Plötzlich kam es hinter ihnen her, leichtfüßig, eilig, und wie sie sich umwendeten, rutschte ihnen etwas Kühles, Raschelndes über die Hüte und blieb auf den Schultern hängen, – ein Lorbeerkranz!

„Aber Mama, Ihr lauft doch, als – – .“

Das stand Gabriel-Eva, – Lotte, und hatte sie mit Zweigen und Armen gefangen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0306" n="298"/>
erquicket sie!&#x2018; &#x2013; &#x201E;Das ist ein Engel oder &#x2013; die Lotte&#x201C; flüsterte er seiner Frau zu. Auf deren Gesicht stand ein Lächeln, er wußte es nicht zu deuten, ungläubig, ahnend, wie vor der Schwelle eines Heiligthums.</p>
        <p>Das Amen verklang, auf der Galerie erfolgte großer Aufbruch; Schaible&#x2019;s waren nicht die Leute, sich ins Gedränge zu mischen, sie ließen Alles über sich wegsteigen, dann schlossen sie sich den vereinzelten Letzten auf dem schmalen Gang, den beengten Treppen an. Sie wußten nicht, wie sie hinunter kamen. Als sie aber den langgezogenen Concertsaal erreicht hatten, dessen Thüren offen standen, und wo das letzte Tagesschimmern sich mit dem eben entzündeten Gaslicht mischte, faßte Schaible die Frau fester unter den Arm, und in schnellem Schritt gingen sie bis zur Mitte des mit verschobenen Stuhlreihen dichtbesetzten, menschenleeren Saales. Sie hatten die Blicke geradeaus nach dem Podium gerichtet, wo sich noch einzelne Gestalten bewegten.</p>
        <p>Plötzlich kam es hinter ihnen her, leichtfüßig, eilig, und wie sie sich umwendeten, rutschte ihnen etwas Kühles, Raschelndes über die Hüte und blieb auf den Schultern hängen, &#x2013; ein Lorbeerkranz!</p>
        <p>&#x201E;Aber Mama, Ihr lauft doch, als &#x2013; &#x2013; .&#x201C;</p>
        <p>Das stand Gabriel-Eva, &#x2013; Lotte, und hatte sie mit Zweigen und Armen gefangen.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[298/0306] erquicket sie!‘ – „Das ist ein Engel oder – die Lotte“ flüsterte er seiner Frau zu. Auf deren Gesicht stand ein Lächeln, er wußte es nicht zu deuten, ungläubig, ahnend, wie vor der Schwelle eines Heiligthums. Das Amen verklang, auf der Galerie erfolgte großer Aufbruch; Schaible’s waren nicht die Leute, sich ins Gedränge zu mischen, sie ließen Alles über sich wegsteigen, dann schlossen sie sich den vereinzelten Letzten auf dem schmalen Gang, den beengten Treppen an. Sie wußten nicht, wie sie hinunter kamen. Als sie aber den langgezogenen Concertsaal erreicht hatten, dessen Thüren offen standen, und wo das letzte Tagesschimmern sich mit dem eben entzündeten Gaslicht mischte, faßte Schaible die Frau fester unter den Arm, und in schnellem Schritt gingen sie bis zur Mitte des mit verschobenen Stuhlreihen dichtbesetzten, menschenleeren Saales. Sie hatten die Blicke geradeaus nach dem Podium gerichtet, wo sich noch einzelne Gestalten bewegten. Plötzlich kam es hinter ihnen her, leichtfüßig, eilig, und wie sie sich umwendeten, rutschte ihnen etwas Kühles, Raschelndes über die Hüte und blieb auf den Schultern hängen, – ein Lorbeerkranz! „Aber Mama, Ihr lauft doch, als – – .“ Das stand Gabriel-Eva, – Lotte, und hatte sie mit Zweigen und Armen gefangen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/306
Zitationshilfe: Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/306>, abgerufen am 10.06.2024.