Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895."Aber wir sind ja kaum zwölf zusammen, mein kleiner Peter!" "Gut, so bring' ich meine Korrekturbogen mit zu Euch und sehe sie hier durch; willst Du das?" Toni fand die Fahnen aber äußerst langweilig und konnte nicht glauben, daß etwas Interessantes darauf stehen könne. "Eigentlich solltest Du es lesen, da es doch von Deinem Bräutigam ist," scherzte Richard. Toni ward sehr ängstlich: "Im Ernst? Thun das alle Gelehrtenfrauen? Über Eiweißkoagulationen? Ach Gott, Richard, das kann ich ja aber gar nicht!" Sie lief zu ihrer Mutter, die mit einem Roman in Schaukelstuhl saß, und zeigte ihr die Abzüge. "Gib her, liebe Puppe, und plappere nicht jetzt, Du störst mich!" rief Richard herrisch, "wenn Du auch nicht verstehen kannst, was da steht, - so viel Verständniß sollte eine Gelehrtenfrau allerdings haben." Toni wagte nicht mehr zu mucksen, so hatte er sie noch niemals angefahren. Wie eine Feder sprang sie auf, als es an die Thür klopfte, ein halb scheuer, halb schadenfroher Blick flog zu dem Schreibenden am Fenster. "So, jetzt kommt Besuch! Mama, es sind die Wagners, alle drei." Richard sprudelte einige lebhafte Worte heraus, er hatte gleich zusammengepackt und sah sich nach seinem Hut um. „Aber wir sind ja kaum zwölf zusammen, mein kleiner Peter!“ „Gut, so bring’ ich meine Korrekturbogen mit zu Euch und sehe sie hier durch; willst Du das?“ Toni fand die Fahnen aber äußerst langweilig und konnte nicht glauben, daß etwas Interessantes darauf stehen könne. „Eigentlich solltest Du es lesen, da es doch von Deinem Bräutigam ist,“ scherzte Richard. Toni ward sehr ängstlich: „Im Ernst? Thun das alle Gelehrtenfrauen? Über Eiweißkoagulationen? Ach Gott, Richard, das kann ich ja aber gar nicht!“ Sie lief zu ihrer Mutter, die mit einem Roman in Schaukelstuhl saß, und zeigte ihr die Abzüge. „Gib her, liebe Puppe, und plappere nicht jetzt, Du störst mich!“ rief Richard herrisch, „wenn Du auch nicht verstehen kannst, was da steht, – so viel Verständniß sollte eine Gelehrtenfrau allerdings haben.“ Toni wagte nicht mehr zu mucksen, so hatte er sie noch niemals angefahren. Wie eine Feder sprang sie auf, als es an die Thür klopfte, ein halb scheuer, halb schadenfroher Blick flog zu dem Schreibenden am Fenster. „So, jetzt kommt Besuch! Mama, es sind die Wagners, alle drei.“ Richard sprudelte einige lebhafte Worte heraus, er hatte gleich zusammengepackt und sah sich nach seinem Hut um. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0155" n="147"/> <p>„Aber wir sind ja kaum zwölf zusammen, mein kleiner Peter!“</p> <p>„Gut, so bring’ ich meine Korrekturbogen mit zu Euch und sehe sie hier durch; willst Du das?“</p> <p>Toni fand die Fahnen aber äußerst langweilig und konnte nicht glauben, daß etwas Interessantes darauf stehen könne.</p> <p>„Eigentlich solltest Du es lesen, da es doch von Deinem Bräutigam ist,“ scherzte Richard.</p> <p>Toni ward sehr ängstlich: „Im Ernst? Thun das alle Gelehrtenfrauen? Über Eiweißkoagulationen? Ach Gott, Richard, das kann ich ja aber gar nicht!“ Sie lief zu ihrer Mutter, die mit einem Roman in Schaukelstuhl saß, und zeigte ihr die Abzüge.</p> <p>„Gib her, liebe Puppe, und plappere nicht jetzt, Du störst mich!“ rief Richard herrisch, „wenn Du auch nicht verstehen kannst, was da steht, – so viel Verständniß sollte eine Gelehrtenfrau allerdings haben.“</p> <p>Toni wagte nicht mehr zu mucksen, so hatte er sie noch niemals angefahren. Wie eine Feder sprang sie auf, als es an die Thür klopfte, ein halb scheuer, halb schadenfroher Blick flog zu dem Schreibenden am Fenster.</p> <p>„So, jetzt kommt Besuch! Mama, es sind die Wagners, alle drei.“</p> <p>Richard sprudelte einige lebhafte Worte heraus, er hatte gleich zusammengepackt und sah sich nach seinem Hut um.</p> </div> </body> </text> </TEI> [147/0155]
„Aber wir sind ja kaum zwölf zusammen, mein kleiner Peter!“
„Gut, so bring’ ich meine Korrekturbogen mit zu Euch und sehe sie hier durch; willst Du das?“
Toni fand die Fahnen aber äußerst langweilig und konnte nicht glauben, daß etwas Interessantes darauf stehen könne.
„Eigentlich solltest Du es lesen, da es doch von Deinem Bräutigam ist,“ scherzte Richard.
Toni ward sehr ängstlich: „Im Ernst? Thun das alle Gelehrtenfrauen? Über Eiweißkoagulationen? Ach Gott, Richard, das kann ich ja aber gar nicht!“ Sie lief zu ihrer Mutter, die mit einem Roman in Schaukelstuhl saß, und zeigte ihr die Abzüge.
„Gib her, liebe Puppe, und plappere nicht jetzt, Du störst mich!“ rief Richard herrisch, „wenn Du auch nicht verstehen kannst, was da steht, – so viel Verständniß sollte eine Gelehrtenfrau allerdings haben.“
Toni wagte nicht mehr zu mucksen, so hatte er sie noch niemals angefahren. Wie eine Feder sprang sie auf, als es an die Thür klopfte, ein halb scheuer, halb schadenfroher Blick flog zu dem Schreibenden am Fenster.
„So, jetzt kommt Besuch! Mama, es sind die Wagners, alle drei.“
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