Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895."Doktor Hausdörffer, mein Schwiegersohn," stellte Mama mit zärtlichem Tonfall vor. "Ich bedaure unendlich, aber ich habe zu arbeiten," sagte Richard, als die ersten Worte gewechselt waren; die drei gleichgültigen Leute, die ihn aufhielten, aber nicht im mindesten interessirten, kannte er von der Straße her: es waren zwei gigerlhaft gekleidete Brüder und die Frau des einen, eine bekannte Modeschönheit. Am Nachmittag fand er einen kühlen Empfang, vor allem bei Mama. "Sie waren wirklich nicht sehr rücksichtsvoll, lieber Doktor, ich fühlte mich peinlich berührt, als Sie so schnell aufbrachen. Wagners sind gegen Toni unbeschreiblich zuvorkommend, sie haben ihr für den ganzen Fasching eine Einladung gebracht - sie wohnt dort -, solche Konnexionen sind doch gewiß nicht zu verachten." "Leere Bälge, Haubenstöcke! Nein, dahin geht Toni nicht!" "Lieber Himmel, ihr seid doch noch nicht verheirathet!" rief Mama. Diesmal war Toni die Klügere. "Wir können später darüber sprechen, es ist ja noch ein halbes Jahr hin," aber ihr Gesicht wurde nicht sehr weich, selbst als nachher ein harmloseres Gespräch aufkam, und Richard sich großer Liebenswürdigkeit befliß. Er nahm ihr Stickscherchen fort und schnippte tändelnd nach ihren Stirnlocken, er wickelte ihr den „Doktor Hausdörffer, mein Schwiegersohn,“ stellte Mama mit zärtlichem Tonfall vor. „Ich bedaure unendlich, aber ich habe zu arbeiten,“ sagte Richard, als die ersten Worte gewechselt waren; die drei gleichgültigen Leute, die ihn aufhielten, aber nicht im mindesten interessirten, kannte er von der Straße her: es waren zwei gigerlhaft gekleidete Brüder und die Frau des einen, eine bekannte Modeschönheit. Am Nachmittag fand er einen kühlen Empfang, vor allem bei Mama. „Sie waren wirklich nicht sehr rücksichtsvoll, lieber Doktor, ich fühlte mich peinlich berührt, als Sie so schnell aufbrachen. Wagners sind gegen Toni unbeschreiblich zuvorkommend, sie haben ihr für den ganzen Fasching eine Einladung gebracht – sie wohnt dort –, solche Konnexionen sind doch gewiß nicht zu verachten.“ „Leere Bälge, Haubenstöcke! Nein, dahin geht Toni nicht!“ „Lieber Himmel, ihr seid doch noch nicht verheirathet!“ rief Mama. Diesmal war Toni die Klügere. „Wir können später darüber sprechen, es ist ja noch ein halbes Jahr hin,“ aber ihr Gesicht wurde nicht sehr weich, selbst als nachher ein harmloseres Gespräch aufkam, und Richard sich großer Liebenswürdigkeit befliß. Er nahm ihr Stickscherchen fort und schnippte tändelnd nach ihren Stirnlocken, er wickelte ihr den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0156" n="148"/> <p>„Doktor Hausdörffer, mein Schwiegersohn,“ stellte Mama mit zärtlichem Tonfall vor.</p> <p>„Ich bedaure unendlich, aber ich habe zu arbeiten,“ sagte Richard, als die ersten Worte gewechselt waren; die drei gleichgültigen Leute, die ihn aufhielten, aber nicht im mindesten interessirten, kannte er von der Straße her: es waren zwei gigerlhaft gekleidete Brüder und die Frau des einen, eine bekannte Modeschönheit.</p> <p>Am Nachmittag fand er einen kühlen Empfang, vor allem bei Mama. „Sie waren wirklich nicht sehr rücksichtsvoll, lieber Doktor, ich fühlte mich peinlich berührt, als Sie so schnell aufbrachen. Wagners sind gegen Toni unbeschreiblich zuvorkommend, sie haben ihr für den ganzen Fasching eine Einladung gebracht – sie wohnt dort –, solche Konnexionen sind doch gewiß nicht zu verachten.“</p> <p>„Leere Bälge, Haubenstöcke! Nein, dahin geht Toni nicht!“</p> <p>„Lieber Himmel, ihr seid doch noch nicht verheirathet!“ rief Mama.</p> <p>Diesmal war Toni die Klügere. „Wir können später darüber sprechen, es ist ja noch ein halbes Jahr hin,“ aber ihr Gesicht wurde nicht sehr weich, selbst als nachher ein harmloseres Gespräch aufkam, und Richard sich großer Liebenswürdigkeit befliß.</p> <p>Er nahm ihr Stickscherchen fort und schnippte tändelnd nach ihren Stirnlocken, er wickelte ihr den </p> </div> </body> </text> </TEI> [148/0156]
„Doktor Hausdörffer, mein Schwiegersohn,“ stellte Mama mit zärtlichem Tonfall vor.
„Ich bedaure unendlich, aber ich habe zu arbeiten,“ sagte Richard, als die ersten Worte gewechselt waren; die drei gleichgültigen Leute, die ihn aufhielten, aber nicht im mindesten interessirten, kannte er von der Straße her: es waren zwei gigerlhaft gekleidete Brüder und die Frau des einen, eine bekannte Modeschönheit.
Am Nachmittag fand er einen kühlen Empfang, vor allem bei Mama. „Sie waren wirklich nicht sehr rücksichtsvoll, lieber Doktor, ich fühlte mich peinlich berührt, als Sie so schnell aufbrachen. Wagners sind gegen Toni unbeschreiblich zuvorkommend, sie haben ihr für den ganzen Fasching eine Einladung gebracht – sie wohnt dort –, solche Konnexionen sind doch gewiß nicht zu verachten.“
„Leere Bälge, Haubenstöcke! Nein, dahin geht Toni nicht!“
„Lieber Himmel, ihr seid doch noch nicht verheirathet!“ rief Mama.
Diesmal war Toni die Klügere. „Wir können später darüber sprechen, es ist ja noch ein halbes Jahr hin,“ aber ihr Gesicht wurde nicht sehr weich, selbst als nachher ein harmloseres Gespräch aufkam, und Richard sich großer Liebenswürdigkeit befliß.
Er nahm ihr Stickscherchen fort und schnippte tändelnd nach ihren Stirnlocken, er wickelte ihr den
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-26T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-26T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |