Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.und Zukunft schaut, sie waren aber beide unkenntlich. Die Damen steckten seelenvergnügt ihre Blechtäfelchen ein, Richard ward sehr bemitleidet: "Armer Peter, bist so gräßlich geworden! Aber warum hast Du auch so gezappelt?" Gerade, als ob ihm die Verzerrung Schmerz machen müßte! Aus was für Gründen alles man bedauert werden kann! "Versuch's doch, mich zu retouchieren! Du weißt ja jetzt so tapfer mit dem Pinsel umzugehen," sagte er sarkastisch. Aber Toni mochte nicht geneckt werden, sie war dann wie auf Glatteis. Nach vier Tagen fast ununterbrochenen Zusammenseins in Restaurants, Galerien, Cafes und Hotelzimmern empfand Hausdörffer eine unwiderstehliche Sehnsucht nach seiner Arbeit. Er sagte sich, daß er an solch ein Herumlungern mit Damen nicht gewöhnt sei und auch nicht die Verpflichtung habe, sich daran zu gewöhnen. Waren sie einmal verheirathet, so hatte ja auch jedes seine Arbeit, man traf sich dann nur in den Mußestunden. So war es das Normale und konnte trotz alledem sehr hübsch werden. Er deutete seiner Braut an, daß er jetzt an den Vormittagen nicht frei sein, sie erst zum Speisen abholen würde. "Aber Du hast doch Ferien," hieß es. "Liebes Kind, vierundzwanzig Stunden Liebe jeden Tag, das ist zuviel für den Menschen," lachte er. und Zukunft schaut, sie waren aber beide unkenntlich. Die Damen steckten seelenvergnügt ihre Blechtäfelchen ein, Richard ward sehr bemitleidet: „Armer Peter, bist so gräßlich geworden! Aber warum hast Du auch so gezappelt?“ Gerade, als ob ihm die Verzerrung Schmerz machen müßte! Aus was für Gründen alles man bedauert werden kann! „Versuch’s doch, mich zu retouchieren! Du weißt ja jetzt so tapfer mit dem Pinsel umzugehen,“ sagte er sarkastisch. Aber Toni mochte nicht geneckt werden, sie war dann wie auf Glatteis. Nach vier Tagen fast ununterbrochenen Zusammenseins in Restaurants, Galerien, Cafés und Hotelzimmern empfand Hausdörffer eine unwiderstehliche Sehnsucht nach seiner Arbeit. Er sagte sich, daß er an solch ein Herumlungern mit Damen nicht gewöhnt sei und auch nicht die Verpflichtung habe, sich daran zu gewöhnen. Waren sie einmal verheirathet, so hatte ja auch jedes seine Arbeit, man traf sich dann nur in den Mußestunden. So war es das Normale und konnte trotz alledem sehr hübsch werden. Er deutete seiner Braut an, daß er jetzt an den Vormittagen nicht frei sein, sie erst zum Speisen abholen würde. „Aber Du hast doch Ferien,“ hieß es. „Liebes Kind, vierundzwanzig Stunden Liebe jeden Tag, das ist zuviel für den Menschen,“ lachte er. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0154" n="146"/> und Zukunft schaut, sie waren aber beide unkenntlich. Die Damen steckten seelenvergnügt ihre Blechtäfelchen ein, Richard ward sehr bemitleidet:</p> <p>„Armer Peter, bist so gräßlich geworden! Aber warum hast Du auch so gezappelt?“ Gerade, als ob ihm die Verzerrung Schmerz machen müßte! Aus was für Gründen alles man bedauert werden kann!</p> <p>„Versuch’s doch, mich zu retouchieren! Du weißt ja jetzt so tapfer mit dem Pinsel umzugehen,“ sagte er sarkastisch. Aber Toni mochte nicht geneckt werden, sie war dann wie auf Glatteis.</p> <p>Nach vier Tagen fast ununterbrochenen Zusammenseins in Restaurants, Galerien, Cafés und Hotelzimmern empfand Hausdörffer eine unwiderstehliche Sehnsucht nach seiner Arbeit. Er sagte sich, daß er an solch ein Herumlungern mit Damen nicht gewöhnt sei und auch nicht die Verpflichtung habe, sich daran zu gewöhnen. Waren sie einmal verheirathet, so hatte ja auch jedes seine Arbeit, man traf sich dann nur in den Mußestunden. So war es das Normale und konnte trotz alledem sehr hübsch werden. Er deutete seiner Braut an, daß er jetzt an den Vormittagen nicht frei sein, sie erst zum Speisen abholen würde.</p> <p>„Aber Du hast doch Ferien,“ hieß es.</p> <p>„Liebes Kind, vierundzwanzig Stunden Liebe jeden Tag, das ist zuviel für den Menschen,“ lachte er.</p> </div> </body> </text> </TEI> [146/0154]
und Zukunft schaut, sie waren aber beide unkenntlich. Die Damen steckten seelenvergnügt ihre Blechtäfelchen ein, Richard ward sehr bemitleidet:
„Armer Peter, bist so gräßlich geworden! Aber warum hast Du auch so gezappelt?“ Gerade, als ob ihm die Verzerrung Schmerz machen müßte! Aus was für Gründen alles man bedauert werden kann!
„Versuch’s doch, mich zu retouchieren! Du weißt ja jetzt so tapfer mit dem Pinsel umzugehen,“ sagte er sarkastisch. Aber Toni mochte nicht geneckt werden, sie war dann wie auf Glatteis.
Nach vier Tagen fast ununterbrochenen Zusammenseins in Restaurants, Galerien, Cafés und Hotelzimmern empfand Hausdörffer eine unwiderstehliche Sehnsucht nach seiner Arbeit. Er sagte sich, daß er an solch ein Herumlungern mit Damen nicht gewöhnt sei und auch nicht die Verpflichtung habe, sich daran zu gewöhnen. Waren sie einmal verheirathet, so hatte ja auch jedes seine Arbeit, man traf sich dann nur in den Mußestunden. So war es das Normale und konnte trotz alledem sehr hübsch werden. Er deutete seiner Braut an, daß er jetzt an den Vormittagen nicht frei sein, sie erst zum Speisen abholen würde.
„Aber Du hast doch Ferien,“ hieß es.
„Liebes Kind, vierundzwanzig Stunden Liebe jeden Tag, das ist zuviel für den Menschen,“ lachte er.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-26T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-26T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |