Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891."Ja, was ist denn? Was hat er denn?" frag¬ "So bleich ist er und kann net sehn und hat a "Ha, da thät ich heulen!" rief ein kleiner Kerl Der aber schüttelte mit stoischer Miene den dicken "Das Loch macht nex," sagte Emerenz eifrig, "Ha, da braucht ich net in Schul', da thät ich "Bist a dummer Bub!" rief Emerenz empört, „Ja, was iſt denn? Was hat er denn?“ frag¬ „So bleich iſt er und kann net ſehn und hat a „Ha, da thät ich heulen!“ rief ein kleiner Kerl Der aber ſchüttelte mit ſtoiſcher Miene den dicken „Das Loch macht nex,“ ſagte Emerenz eifrig, „Ha, da braucht ich net in Schul', da thät ich „Biſt a dummer Bub!“ rief Emerenz empört, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0091" n="75"/> <p>„Ja, was iſt denn? Was hat er denn?“ frag¬<lb/> ten die Leute und drängten ſich um das Kind, das<lb/> mit der Schürze vor den Augen auf der Haustreppe<lb/> ſaß, weil der Arzt es oben fortgeſchickt hatte.</p><lb/> <p>„So bleich iſt er und kann net ſehn und hat a<lb/> rothen Fleck in jedem Aug', ſo grauſig! Und da hat<lb/> er ein großes Loch:“ ſie zeigte auf die Schläfe, „aber<lb/> er ſagt, das macht nix, und der Doktor ſagt's auch,“<lb/> jammerte Emerenz mit der Wichtigkeit einer Ein¬<lb/> geweihten.</p><lb/> <p>„Ha, da thät ich heulen!“ rief ein kleiner Kerl<lb/> und ſtieß einen Kameraden, den häßlichen Bruder der<lb/> Emerenz an, „gelt, Du thätſt auch heulen, wann Du<lb/> da a Loch hättſt?“</p><lb/> <p>Der aber ſchüttelte mit ſtoiſcher Miene den dicken<lb/> Kopf: „Ha nein! Ich bin ſchon die Stiegen herunter¬<lb/> rumpelt, hab' ich da a Loch kriegt,“ er wies auf<lb/> ſeinen Ellbogen; „es hat heidenmäßig brennt, aber<lb/> heult hab i net.“</p><lb/> <p>„Das Loch macht nex,“ ſagte Emerenz eifrig,<lb/> „aber er geſieht nimmer nex! Gelt, da thätſt doch<lb/> heulen, wenn's Dir ſo gehn thät, gelt Leo?“</p><lb/> <p>„Ha, da braucht ich net in Schul', da thät ich<lb/> net heulen,“ beharrte der Junge.</p><lb/> <p>„Biſt a dummer Bub!“ rief Emerenz empört,<lb/> „wenn's nur auch das Fräulein Marianne wiſſen<lb/> thät!“ fuhr ſie altklug und nachdenkend fort.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [75/0091]
„Ja, was iſt denn? Was hat er denn?“ frag¬
ten die Leute und drängten ſich um das Kind, das
mit der Schürze vor den Augen auf der Haustreppe
ſaß, weil der Arzt es oben fortgeſchickt hatte.
„So bleich iſt er und kann net ſehn und hat a
rothen Fleck in jedem Aug', ſo grauſig! Und da hat
er ein großes Loch:“ ſie zeigte auf die Schläfe, „aber
er ſagt, das macht nix, und der Doktor ſagt's auch,“
jammerte Emerenz mit der Wichtigkeit einer Ein¬
geweihten.
„Ha, da thät ich heulen!“ rief ein kleiner Kerl
und ſtieß einen Kameraden, den häßlichen Bruder der
Emerenz an, „gelt, Du thätſt auch heulen, wann Du
da a Loch hättſt?“
Der aber ſchüttelte mit ſtoiſcher Miene den dicken
Kopf: „Ha nein! Ich bin ſchon die Stiegen herunter¬
rumpelt, hab' ich da a Loch kriegt,“ er wies auf
ſeinen Ellbogen; „es hat heidenmäßig brennt, aber
heult hab i net.“
„Das Loch macht nex,“ ſagte Emerenz eifrig,
„aber er geſieht nimmer nex! Gelt, da thätſt doch
heulen, wenn's Dir ſo gehn thät, gelt Leo?“
„Ha, da braucht ich net in Schul', da thät ich
net heulen,“ beharrte der Junge.
„Biſt a dummer Bub!“ rief Emerenz empört,
„wenn's nur auch das Fräulein Marianne wiſſen
thät!“ fuhr ſie altklug und nachdenkend fort.
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