Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite

"Da bin ich froh dran," fiel der Alte ein, "er
hat was Zuwideres."

"Wolff ist ein wackrer Künstler und ein edler
Mensch!" sagte Alfred, während es ihm roth ins Ge¬
sicht stieg und seine Stirn sich unmuthig zusammenzog.

"Kann sein, aber ich mag ihn net," erwiderte
Spitzer und klopfte behaglich seine kurze Pfeife aus.

Armer Freund! Alfred sah Loni scharf an,
aber sie klapperte mit ihrem Armband und bat dann
den "Buben", sie einen Salamander reiben zu lehren,
sie könne es nimmer recht. Der absichtlich laute un¬
bekümmerte Ton schien dem Bildhauer eine neue Her¬
ausforderung. Doch bekämpfte er seinen Aerger und
rief nun selbst: "Exercitium salamandri!" daß das
Mädchen die Augen aufriß und auch der Alte sich
mit Schmunzeln nach ihm umwandte und ihm mit
einem väterlichen: "Ich hab's gern, wenn junge Leut'
lustig sind," auf die Schulter klopfte.

Wider Willen sah sich Alfred in die geräusch¬
volle seichte Heiterkeit hineingezogen. "Blindekuh!
Wir spielen Blindekuh!" rief das Fräulein, riß ihr
Tüchlein hervor und verband ihm die Augen. Dann
lief sie so neckend an ihm vorbei, daß die Andern
wohl merkten, es sei eigentlich nur ein Spiel zwischen
diesen Beiden, und sich bedeutsame Blicke zuwarfen.
Nicht lange dauerte es, da hatte er sie erhascht und
hielt ihre warmen weichen Hände fest in den seinen.

„Da bin ich froh dran,“ fiel der Alte ein, „er
hat was Zuwideres.“

„Wolff iſt ein wackrer Künſtler und ein edler
Menſch!“ ſagte Alfred, während es ihm roth ins Ge¬
ſicht ſtieg und ſeine Stirn ſich unmuthig zuſammenzog.

„Kann ſein, aber ich mag ihn net,“ erwiderte
Spitzer und klopfte behaglich ſeine kurze Pfeife aus.

Armer Freund! Alfred ſah Loni ſcharf an,
aber ſie klapperte mit ihrem Armband und bat dann
den „Buben“, ſie einen Salamander reiben zu lehren,
ſie könne es nimmer recht. Der abſichtlich laute un¬
bekümmerte Ton ſchien dem Bildhauer eine neue Her¬
ausforderung. Doch bekämpfte er ſeinen Aerger und
rief nun ſelbſt: „Exercitium salamandri!“ daß das
Mädchen die Augen aufriß und auch der Alte ſich
mit Schmunzeln nach ihm umwandte und ihm mit
einem väterlichen: „Ich hab's gern, wenn junge Leut'
luſtig ſind,“ auf die Schulter klopfte.

Wider Willen ſah ſich Alfred in die geräuſch¬
volle ſeichte Heiterkeit hineingezogen. „Blindekuh!
Wir ſpielen Blindekuh!“ rief das Fräulein, riß ihr
Tüchlein hervor und verband ihm die Augen. Dann
lief ſie ſo neckend an ihm vorbei, daß die Andern
wohl merkten, es ſei eigentlich nur ein Spiel zwiſchen
dieſen Beiden, und ſich bedeutſame Blicke zuwarfen.
Nicht lange dauerte es, da hatte er ſie erhaſcht und
hielt ihre warmen weichen Hände feſt in den ſeinen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0078" n="62"/>
        <p>&#x201E;Da bin ich froh dran,&#x201C; fiel der Alte ein, &#x201E;er<lb/>
hat was Zuwideres.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wolff i&#x017F;t ein wackrer Kün&#x017F;tler und ein edler<lb/>
Men&#x017F;ch!&#x201C; &#x017F;agte Alfred, während es ihm roth ins Ge¬<lb/>
&#x017F;icht &#x017F;tieg und &#x017F;eine Stirn &#x017F;ich unmuthig zu&#x017F;ammenzog.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Kann &#x017F;ein, aber ich mag ihn net,&#x201C; erwiderte<lb/>
Spitzer und klopfte behaglich &#x017F;eine kurze Pfeife aus.</p><lb/>
        <p>Armer Freund! Alfred &#x017F;ah Loni &#x017F;charf an,<lb/>
aber &#x017F;ie klapperte mit ihrem Armband und bat dann<lb/>
den &#x201E;Buben&#x201C;, &#x017F;ie einen Salamander reiben zu lehren,<lb/>
&#x017F;ie könne es nimmer recht. Der ab&#x017F;ichtlich laute un¬<lb/>
bekümmerte Ton &#x017F;chien dem Bildhauer eine neue Her¬<lb/>
ausforderung. Doch bekämpfte er &#x017F;einen Aerger und<lb/>
rief nun &#x017F;elb&#x017F;t: <hi rendition="#aq">&#x201E;Exercitium salamandri!&#x201C;</hi> daß das<lb/>
Mädchen die Augen aufriß und auch der Alte &#x017F;ich<lb/>
mit Schmunzeln nach ihm umwandte und ihm mit<lb/>
einem väterlichen: &#x201E;Ich hab's gern, wenn junge Leut'<lb/>
lu&#x017F;tig &#x017F;ind,&#x201C; auf die Schulter klopfte.</p><lb/>
        <p>Wider Willen &#x017F;ah &#x017F;ich Alfred in die geräu&#x017F;ch¬<lb/>
volle &#x017F;eichte Heiterkeit hineingezogen. &#x201E;Blindekuh!<lb/>
Wir &#x017F;pielen Blindekuh!&#x201C; rief das Fräulein, riß ihr<lb/>
Tüchlein hervor und verband ihm die Augen. Dann<lb/>
lief &#x017F;ie &#x017F;o neckend an ihm vorbei, daß die Andern<lb/>
wohl merkten, es &#x017F;ei eigentlich nur ein Spiel zwi&#x017F;chen<lb/>
die&#x017F;en Beiden, und &#x017F;ich bedeut&#x017F;ame Blicke zuwarfen.<lb/>
Nicht lange dauerte es, da hatte er &#x017F;ie erha&#x017F;cht und<lb/>
hielt ihre warmen weichen Hände fe&#x017F;t in den &#x017F;einen.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0078] „Da bin ich froh dran,“ fiel der Alte ein, „er hat was Zuwideres.“ „Wolff iſt ein wackrer Künſtler und ein edler Menſch!“ ſagte Alfred, während es ihm roth ins Ge¬ ſicht ſtieg und ſeine Stirn ſich unmuthig zuſammenzog. „Kann ſein, aber ich mag ihn net,“ erwiderte Spitzer und klopfte behaglich ſeine kurze Pfeife aus. Armer Freund! Alfred ſah Loni ſcharf an, aber ſie klapperte mit ihrem Armband und bat dann den „Buben“, ſie einen Salamander reiben zu lehren, ſie könne es nimmer recht. Der abſichtlich laute un¬ bekümmerte Ton ſchien dem Bildhauer eine neue Her¬ ausforderung. Doch bekämpfte er ſeinen Aerger und rief nun ſelbſt: „Exercitium salamandri!“ daß das Mädchen die Augen aufriß und auch der Alte ſich mit Schmunzeln nach ihm umwandte und ihm mit einem väterlichen: „Ich hab's gern, wenn junge Leut' luſtig ſind,“ auf die Schulter klopfte. Wider Willen ſah ſich Alfred in die geräuſch¬ volle ſeichte Heiterkeit hineingezogen. „Blindekuh! Wir ſpielen Blindekuh!“ rief das Fräulein, riß ihr Tüchlein hervor und verband ihm die Augen. Dann lief ſie ſo neckend an ihm vorbei, daß die Andern wohl merkten, es ſei eigentlich nur ein Spiel zwiſchen dieſen Beiden, und ſich bedeutſame Blicke zuwarfen. Nicht lange dauerte es, da hatte er ſie erhaſcht und hielt ihre warmen weichen Hände feſt in den ſeinen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/78
Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/78>, abgerufen am 06.05.2024.