Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.Ecken, in die das Licht der über dem Tisch hängen¬ "Wollen Sie nicht sitzen? Daher?" Das ist doch nun gewiß ein Traum, dachte er "Ich hörte hier Gesang und wollte nicht stören -- " "Ich habe gesungen wie immer am Abend und "Sie sind die Sängerin?" stotterte er und blickte "Ja -- das heißt -- nein," stammelte er wie¬ "So dank' ich Ihnen eben recht, daß Sie mir Ecken, in die das Licht der über dem Tiſch hängen¬ „Wollen Sie nicht ſitzen? Daher?“ Das iſt doch nun gewiß ein Traum, dachte er „Ich hörte hier Geſang und wollte nicht ſtören — “ „Ich habe geſungen wie immer am Abend und „Sie ſind die Sängerin?“ ſtotterte er und blickte „Ja — das heißt — nein,“ ſtammelte er wie¬ „So dank' ich Ihnen eben recht, daß Sie mir <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0038" n="22"/> Ecken, in die das Licht der über dem Tiſch hängen¬<lb/> den Lampe fiel. Leer war auch der Platz am Clavier;<lb/> es war Niemand im Zimmer als die Dame, die jetzt<lb/> freundlich ſagte:</p><lb/> <p>„Wollen Sie nicht ſitzen? Daher?“</p><lb/> <p>Das iſt doch nun gewiß ein Traum, dachte er<lb/> bei ſich und erwiderte mit einem gewiſſen prüfenden<lb/> Ton:</p><lb/> <p>„Ich hörte hier Geſang und wollte nicht ſtören — “</p><lb/> <p>„Ich habe geſungen wie immer am Abend und<lb/> bin froh, wenn ich nicht Andere ſtöre,“ war die ein¬<lb/> fache Antwort.</p><lb/> <p>„Sie ſind die Sängerin?“ ſtotterte er und blickte<lb/> mit der peinvollen Gewißheit, daß dies Alles ein<lb/> böſer Traum ſei, der ihn aber doch herzlich quäle, in<lb/> das grotesk-häßliche Geſicht vor ihm, über das unter<lb/> ſeinem erſchrockenen Anſtarren ein leiſes wehmüthiges<lb/> Zucken ging. Sie wandte ſich nun ab: „Haben Sie<lb/> das Singen gern?“</p><lb/> <p>„Ja — das heißt — nein,“ ſtammelte er wie¬<lb/> der und ſah angſtvoll auf die große reizloſe Geſtalt,<lb/> die knochigen Hände und das ſtumpfe chineſiſche Pro¬<lb/> fil. Dabei dachte er fortwährend: Ich muß dem hier<lb/> doch ein Ende machen, ich muß doch das Wort ſagen,<lb/> daß aus der häßlichen Haut die Nixe hervorſpringt,<lb/> die Huldin, die Göttin.</p><lb/> <p>„So dank' ich Ihnen eben recht, daß Sie mir<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [22/0038]
Ecken, in die das Licht der über dem Tiſch hängen¬
den Lampe fiel. Leer war auch der Platz am Clavier;
es war Niemand im Zimmer als die Dame, die jetzt
freundlich ſagte:
„Wollen Sie nicht ſitzen? Daher?“
Das iſt doch nun gewiß ein Traum, dachte er
bei ſich und erwiderte mit einem gewiſſen prüfenden
Ton:
„Ich hörte hier Geſang und wollte nicht ſtören — “
„Ich habe geſungen wie immer am Abend und
bin froh, wenn ich nicht Andere ſtöre,“ war die ein¬
fache Antwort.
„Sie ſind die Sängerin?“ ſtotterte er und blickte
mit der peinvollen Gewißheit, daß dies Alles ein
böſer Traum ſei, der ihn aber doch herzlich quäle, in
das grotesk-häßliche Geſicht vor ihm, über das unter
ſeinem erſchrockenen Anſtarren ein leiſes wehmüthiges
Zucken ging. Sie wandte ſich nun ab: „Haben Sie
das Singen gern?“
„Ja — das heißt — nein,“ ſtammelte er wie¬
der und ſah angſtvoll auf die große reizloſe Geſtalt,
die knochigen Hände und das ſtumpfe chineſiſche Pro¬
fil. Dabei dachte er fortwährend: Ich muß dem hier
doch ein Ende machen, ich muß doch das Wort ſagen,
daß aus der häßlichen Haut die Nixe hervorſpringt,
die Huldin, die Göttin.
„So dank' ich Ihnen eben recht, daß Sie mir
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