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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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auch dieser wackre Lehrer ihm vertraut, er sei "dort
oben" wie im Exil und könnte gar nimmer fort¬
machen, wenn er nicht so oft als thunlich im künst¬
lerischen Süden neue Anregung und Erfrischung hole?
Und wie hatte ihm die theilnehmende Freude vom
Gesicht geleuchtet, als ihm Alfred den Glückszufall
mit der Erbschaft erzählt.

"Gut, gut, da machen Sie geschwind, daß Sie
fortkommen, es ist hohe Zeit für Sie. Dreitausend
Thaler? Das muß für acht, für zehn Jahre reichen,
wenn Sie solid bleiben. Und nur nicht gleich hei¬
rathen! dann ist's verspielt," hatte er seufzend hin¬
zugefügt. Und als der Schüler kopfschüttelnd gelacht:
"Ja, jetzt hat's Lachen keinen Werth, lachen Sie,
wann Sie verliebt sind! Eh glaub' ich's nicht. Ein
Hitzkopf sind Sie auch." Und dann noch einmal
beim Abschied: "Also Briefe, Berichte willkommen,
aber -- Verlobungsanzeig verbitt ich, vor Ihrem
fünfzigsten Geburtstag."

Warum kamen ihm diese ganz überflüssigen
Worte jetzt wieder in den Sinn, während er sie beim
Anhören nicht groß beachtet hatte? War es nicht
vielleicht schon ein Gefühl der Einsamkeit in all dem
neuen Glück, die Empfindung: hätt' ich nur Jemand,
dem ich's sagen dürfte, wie schön das alles hier ist?
Er ertappte sich darauf, daß er einem jungen, eifrig
plaudernden Paare mit langem Halse nachsah und

auch dieſer wackre Lehrer ihm vertraut, er ſei „dort
oben“ wie im Exil und könnte gar nimmer fort¬
machen, wenn er nicht ſo oft als thunlich im künſt¬
leriſchen Süden neue Anregung und Erfriſchung hole?
Und wie hatte ihm die theilnehmende Freude vom
Geſicht geleuchtet, als ihm Alfred den Glückszufall
mit der Erbſchaft erzählt.

„Gut, gut, da machen Sie geſchwind, daß Sie
fortkommen, es iſt hohe Zeit für Sie. Dreitauſend
Thaler? Das muß für acht, für zehn Jahre reichen,
wenn Sie ſolid bleiben. Und nur nicht gleich hei¬
rathen! dann iſt's verſpielt,“ hatte er ſeufzend hin¬
zugefügt. Und als der Schüler kopfſchüttelnd gelacht:
„Ja, jetzt hat's Lachen keinen Werth, lachen Sie,
wann Sie verliebt ſind! Eh glaub' ich's nicht. Ein
Hitzkopf ſind Sie auch.“ Und dann noch einmal
beim Abſchied: „Alſo Briefe, Berichte willkommen,
aber — Verlobungsanzeig verbitt ich, vor Ihrem
fünfzigſten Geburtstag.“

Warum kamen ihm dieſe ganz überflüſſigen
Worte jetzt wieder in den Sinn, während er ſie beim
Anhören nicht groß beachtet hatte? War es nicht
vielleicht ſchon ein Gefühl der Einſamkeit in all dem
neuen Glück, die Empfindung: hätt' ich nur Jemand,
dem ich's ſagen dürfte, wie ſchön das alles hier iſt?
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[6/0022] auch dieſer wackre Lehrer ihm vertraut, er ſei „dort oben“ wie im Exil und könnte gar nimmer fort¬ machen, wenn er nicht ſo oft als thunlich im künſt¬ leriſchen Süden neue Anregung und Erfriſchung hole? Und wie hatte ihm die theilnehmende Freude vom Geſicht geleuchtet, als ihm Alfred den Glückszufall mit der Erbſchaft erzählt. „Gut, gut, da machen Sie geſchwind, daß Sie fortkommen, es iſt hohe Zeit für Sie. Dreitauſend Thaler? Das muß für acht, für zehn Jahre reichen, wenn Sie ſolid bleiben. Und nur nicht gleich hei¬ rathen! dann iſt's verſpielt,“ hatte er ſeufzend hin¬ zugefügt. Und als der Schüler kopfſchüttelnd gelacht: „Ja, jetzt hat's Lachen keinen Werth, lachen Sie, wann Sie verliebt ſind! Eh glaub' ich's nicht. Ein Hitzkopf ſind Sie auch.“ Und dann noch einmal beim Abſchied: „Alſo Briefe, Berichte willkommen, aber — Verlobungsanzeig verbitt ich, vor Ihrem fünfzigſten Geburtstag.“ Warum kamen ihm dieſe ganz überflüſſigen Worte jetzt wieder in den Sinn, während er ſie beim Anhören nicht groß beachtet hatte? War es nicht vielleicht ſchon ein Gefühl der Einſamkeit in all dem neuen Glück, die Empfindung: hätt' ich nur Jemand, dem ich's ſagen dürfte, wie ſchön das alles hier iſt? Er ertappte ſich darauf, daß er einem jungen, eifrig plaudernden Paare mit langem Halſe nachſah und

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/22>, abgerufen am 23.11.2024.