Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.sie beide hielt, ward er mit der Wirthin einig. Er Sonderbar angeheimelt, obgleich ihm doch hier Vielleicht öffnete ihm ein bedeutender Künstler ſie beide hielt, ward er mit der Wirthin einig. Er Sonderbar angeheimelt, obgleich ihm doch hier Vielleicht öffnete ihm ein bedeutender Künſtler <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0020" n="4"/> ſie beide hielt, ward er mit der Wirthin einig. Er<lb/> gab ihr ſeine Karte, von der ſie ihm ſeinen Namen<lb/> „Alfred Heuvels, Bildhauer,“ ſtotternd vorlas, und<lb/> die dienſtfertige Emerenz ſchickte ihm ihren Bruder,<lb/> den Buben heraus, daß er für ſeinen Handkoffer doch<lb/> keinen Fiaker zu nehmen brauche.</p><lb/> <p>Sonderbar angeheimelt, obgleich ihm doch hier<lb/> Alles fremd war, und berauſcht von dem immer¬<lb/> währenden Bewußtſein: das iſt nun München, nach<lb/> dem ich mich ſo geſehnt habe, ſah ſich Alfred bald<lb/> wieder in der prächtigen Bahnhofshalle und las mit<lb/> lächelnden Blicken die Aufſchriften an den großen Ta¬<lb/> feln: „Nach Starnberg;“ „nach Salzburg;“ „nach<lb/> Innsbruck,“ — Da geh ich überall hin, ſagte er ſich<lb/> heimlich, und es ſchien ihm, als lache Italien ganz<lb/> nahe zu ihm herüber, und er dürfe nur die Hand<lb/> ausſtrecken und ſich hineinſchwingen. Freilich einſt¬<lb/> weilen noch nicht, — erſt wollte er hierbleiben, ge¬<lb/> nießen, ſehen, lernen, arbeiten. Aber er fühlte, daß<lb/> er das Sehen am Nöthigſten habe.</p><lb/> <p>Vielleicht öffnete ihm ein bedeutender Künſtler<lb/> ſein Atelier. Ihm klopfte das Herz vor Freude und<lb/> Bangen, wenn er an ſeine eigenen geringen Entwürfe<lb/> und an die überſchwängliche Fülle des Schönen dachte,<lb/> die ihn hier erwartete. Eine dankbare Regung über¬<lb/> kam ihn gegen den unfreundlichen, geizigen Onkel,<lb/> der ihm nun doch in ſeinem Teſtament dreitauſend<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [4/0020]
ſie beide hielt, ward er mit der Wirthin einig. Er
gab ihr ſeine Karte, von der ſie ihm ſeinen Namen
„Alfred Heuvels, Bildhauer,“ ſtotternd vorlas, und
die dienſtfertige Emerenz ſchickte ihm ihren Bruder,
den Buben heraus, daß er für ſeinen Handkoffer doch
keinen Fiaker zu nehmen brauche.
Sonderbar angeheimelt, obgleich ihm doch hier
Alles fremd war, und berauſcht von dem immer¬
währenden Bewußtſein: das iſt nun München, nach
dem ich mich ſo geſehnt habe, ſah ſich Alfred bald
wieder in der prächtigen Bahnhofshalle und las mit
lächelnden Blicken die Aufſchriften an den großen Ta¬
feln: „Nach Starnberg;“ „nach Salzburg;“ „nach
Innsbruck,“ — Da geh ich überall hin, ſagte er ſich
heimlich, und es ſchien ihm, als lache Italien ganz
nahe zu ihm herüber, und er dürfe nur die Hand
ausſtrecken und ſich hineinſchwingen. Freilich einſt¬
weilen noch nicht, — erſt wollte er hierbleiben, ge¬
nießen, ſehen, lernen, arbeiten. Aber er fühlte, daß
er das Sehen am Nöthigſten habe.
Vielleicht öffnete ihm ein bedeutender Künſtler
ſein Atelier. Ihm klopfte das Herz vor Freude und
Bangen, wenn er an ſeine eigenen geringen Entwürfe
und an die überſchwängliche Fülle des Schönen dachte,
die ihn hier erwartete. Eine dankbare Regung über¬
kam ihn gegen den unfreundlichen, geizigen Onkel,
der ihm nun doch in ſeinem Teſtament dreitauſend
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