Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite

linge, aus der Küche tretend, die wie eine appetitlich
duftende Nebelhöhle aussah. Sie riß sich die nasse
Schürze ab und schleuderte sie hinter sich; dann ging
sie mit einladendem Rückwärtsblicken den etwas dunk¬
len Gang hinab und öffnete die letzte Thür. Mit
einem gewissen Stolz wies sie ihm das hochgethürmte
Bett mit dem bunten Zitzüberwurf, den breiten blau
und weißen Kachelofen, das Haartuchsopha neben dem
Fenster und den verhängten Rahmen in der Ecke, der
statt eines Kleiderschranks diente.

"Und a Stiefelknecht kommt au no doher;
schaug'ns, 's is a Fräulen dogewesen, die hat koa
braucht, -- und a Kerzen; und dös Waschschüsserl,
was do herein g'hört, is in der Kuchel; 's Fräulen
hat a eigenes gehabt, wissens; Emerenz, bring' doch
g'schwind 'm seligen Herrn Panther sein Wasch¬
schüsserl her, daß der Herre siecht, daß alles in der
Ordnung is."

Der junge Mann war ans Fenster getreten und
hatte eine der Scheiben geöffnet, die bei jedem Schritt
auf dem schwächlichen Fußboden und bei jedem Wagen¬
gerassel draußen surrend erzitterten. Ein voller Strahl
der Märzsonne kam herein und dem Fremden in die
Augen, daß er sie blinzelnd wegdrehen mußte.

Dieser warme Gruß überzeugte ihn vollends,
daß er's hier sehr gut getroffen habe, und über der
Waschschüssel, die Emerenz wie ein Opfergefäß zwischen

1*

linge, aus der Küche tretend, die wie eine appetitlich
duftende Nebelhöhle ausſah. Sie riß ſich die naſſe
Schürze ab und ſchleuderte ſie hinter ſich; dann ging
ſie mit einladendem Rückwärtsblicken den etwas dunk¬
len Gang hinab und öffnete die letzte Thür. Mit
einem gewiſſen Stolz wies ſie ihm das hochgethürmte
Bett mit dem bunten Zitzüberwurf, den breiten blau
und weißen Kachelofen, das Haartuchſopha neben dem
Fenſter und den verhängten Rahmen in der Ecke, der
ſtatt eines Kleiderſchranks diente.

„Und a Stiefelknecht kommt au no doher;
ſchaug'ns, 's is a Fräulen dogeweſen, die hat koa
braucht, — und a Kerzen; und dös Waſchſchüſſerl,
was do herein g'hört, is in der Kuchel; 's Fräulen
hat a eigenes gehabt, wiſſens; Emerenz, bring' doch
g'ſchwind 'm ſeligen Herrn Panther ſein Waſch¬
ſchüſſerl her, daß der Herre ſiecht, daß alles in der
Ordnung is.“

Der junge Mann war ans Fenſter getreten und
hatte eine der Scheiben geöffnet, die bei jedem Schritt
auf dem ſchwächlichen Fußboden und bei jedem Wagen¬
geraſſel draußen ſurrend erzitterten. Ein voller Strahl
der Märzſonne kam herein und dem Fremden in die
Augen, daß er ſie blinzelnd wegdrehen mußte.

Dieſer warme Gruß überzeugte ihn vollends,
daß er's hier ſehr gut getroffen habe, und über der
Waſchſchüſſel, die Emerenz wie ein Opfergefäß zwiſchen

1*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0019" n="3"/>
linge, aus der Küche tretend, die wie eine appetitlich<lb/>
duftende Nebelhöhle aus&#x017F;ah. Sie riß &#x017F;ich die na&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Schürze ab und &#x017F;chleuderte &#x017F;ie hinter &#x017F;ich; dann ging<lb/>
&#x017F;ie mit einladendem Rückwärtsblicken den etwas dunk¬<lb/>
len Gang hinab und öffnete die letzte Thür. Mit<lb/>
einem gewi&#x017F;&#x017F;en Stolz wies &#x017F;ie ihm das hochgethürmte<lb/>
Bett mit dem bunten Zitzüberwurf, den breiten blau<lb/>
und weißen Kachelofen, das Haartuch&#x017F;opha neben dem<lb/>
Fen&#x017F;ter und den verhängten Rahmen in der Ecke, der<lb/>
&#x017F;tatt eines Kleider&#x017F;chranks diente.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und a Stiefelknecht kommt au no doher;<lb/>
&#x017F;chaug'ns, 's is a Fräulen dogewe&#x017F;en, die hat koa<lb/>
braucht, &#x2014; und a Kerzen; und dös Wa&#x017F;ch&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;erl,<lb/>
was do herein g'hört, is in der Kuchel; 's Fräulen<lb/>
hat a eigenes gehabt, wi&#x017F;&#x017F;ens; Emerenz, bring' doch<lb/>
g'&#x017F;chwind 'm &#x017F;eligen Herrn Panther &#x017F;ein Wa&#x017F;ch¬<lb/>
&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;erl her, daß der Herre &#x017F;iecht, daß alles in der<lb/>
Ordnung is.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der junge Mann war ans Fen&#x017F;ter getreten und<lb/>
hatte eine der Scheiben geöffnet, die bei jedem Schritt<lb/>
auf dem &#x017F;chwächlichen Fußboden und bei jedem Wagen¬<lb/>
gera&#x017F;&#x017F;el draußen &#x017F;urrend erzitterten. Ein voller Strahl<lb/>
der März&#x017F;onne kam herein und dem Fremden in die<lb/>
Augen, daß er &#x017F;ie blinzelnd wegdrehen mußte.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;er warme Gruß überzeugte ihn vollends,<lb/>
daß er's hier &#x017F;ehr gut getroffen habe, und über der<lb/>
Wa&#x017F;ch&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;el, die Emerenz wie ein Opfergefäß zwi&#x017F;chen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">1*<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0019] linge, aus der Küche tretend, die wie eine appetitlich duftende Nebelhöhle ausſah. Sie riß ſich die naſſe Schürze ab und ſchleuderte ſie hinter ſich; dann ging ſie mit einladendem Rückwärtsblicken den etwas dunk¬ len Gang hinab und öffnete die letzte Thür. Mit einem gewiſſen Stolz wies ſie ihm das hochgethürmte Bett mit dem bunten Zitzüberwurf, den breiten blau und weißen Kachelofen, das Haartuchſopha neben dem Fenſter und den verhängten Rahmen in der Ecke, der ſtatt eines Kleiderſchranks diente. „Und a Stiefelknecht kommt au no doher; ſchaug'ns, 's is a Fräulen dogeweſen, die hat koa braucht, — und a Kerzen; und dös Waſchſchüſſerl, was do herein g'hört, is in der Kuchel; 's Fräulen hat a eigenes gehabt, wiſſens; Emerenz, bring' doch g'ſchwind 'm ſeligen Herrn Panther ſein Waſch¬ ſchüſſerl her, daß der Herre ſiecht, daß alles in der Ordnung is.“ Der junge Mann war ans Fenſter getreten und hatte eine der Scheiben geöffnet, die bei jedem Schritt auf dem ſchwächlichen Fußboden und bei jedem Wagen¬ geraſſel draußen ſurrend erzitterten. Ein voller Strahl der Märzſonne kam herein und dem Fremden in die Augen, daß er ſie blinzelnd wegdrehen mußte. Dieſer warme Gruß überzeugte ihn vollends, daß er's hier ſehr gut getroffen habe, und über der Waſchſchüſſel, die Emerenz wie ein Opfergefäß zwiſchen 1*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/19
Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/19>, abgerufen am 25.04.2024.