Die kann dir antworten! Michel hätte fast Bravo! geschrieen.
Nun fängt wieder der Lärm an: "Ben i 's gwe? Oder i? Oder i?" schreien die Gesellen und drängen sich heran, als wollten sie sich auf Monika stürzen. Michel springt einen Schritt vor, aber es ist unnöthig, sie hat keine Angst, ihr Gesicht ist so rein, wie ihr weißer Schurz; ruhig schüttelt sie den Kopf. "Nein, ich seh ihn hier nit, er ist gar nicht hier, scheint's; ein junger Herr war's, -- der hat mir's Geld abgenommen und mir die Quittung ge¬ bracht."
Der Meister guckt in das Papier, es zittert in seinen Händen. "Aber, um Gotteswille, wer hat denn das unterschriebe?" ruft er, unschlüssig im Kreise umblickend. Die Gesellen sehen über seine Schultern weg mit in das Blatt.
"Descht e Mädeleshandschrift!" ruft plötzlich einer.
Voller Verwunderung blickt ihn Monika an: "'s ist aber doch a junger Mann gewesen!"
Die Köchin, die ihre großen Ohren horchend offen hält und mit ängstlichen weitaufgerissenen Augen von einem zum anderen blickt, will doch auch etwas sagen.
"Vielleicht ischt einer weggange von Ihre Leut?" meint sie.
"In de' letzte zwei Monet net."
Die kann dir antworten! Michel hätte faſt Bravo! geſchrieen.
Nun fängt wieder der Lärm an: „Ben i 's gwe? Oder i? Oder i?“ ſchreien die Geſellen und drängen ſich heran, als wollten ſie ſich auf Monika ſtürzen. Michel ſpringt einen Schritt vor, aber es iſt unnöthig, ſie hat keine Angſt, ihr Geſicht iſt ſo rein, wie ihr weißer Schurz; ruhig ſchüttelt ſie den Kopf. „Nein, ich ſeh ihn hier nit, er iſt gar nicht hier, ſcheint's; ein junger Herr war's, — der hat mir's Geld abgenommen und mir die Quittung ge¬ bracht.“
Der Meiſter guckt in das Papier, es zittert in ſeinen Händen. „Aber, um Gotteswille, wer hat denn das unterſchriebe?“ ruft er, unſchlüſſig im Kreiſe umblickend. Die Geſellen ſehen über ſeine Schultern weg mit in das Blatt.
„Deſcht e Mädeleshandſchrift!“ ruft plötzlich einer.
Voller Verwunderung blickt ihn Monika an: „'s iſt aber doch a junger Mann geweſen!“
Die Köchin, die ihre großen Ohren horchend offen hält und mit ängſtlichen weitaufgeriſſenen Augen von einem zum anderen blickt, will doch auch etwas ſagen.
„Vielleicht iſcht einer weggange von Ihre Leut?“ meint ſie.
„In de' letzte zwei Monet net.“
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Die kann dir antworten! Michel hätte faſt
Bravo! geſchrieen.
Nun fängt wieder der Lärm an: „Ben i 's
gwe? Oder i? Oder i?“ ſchreien die Geſellen und
drängen ſich heran, als wollten ſie ſich auf Monika
ſtürzen. Michel ſpringt einen Schritt vor, aber es
iſt unnöthig, ſie hat keine Angſt, ihr Geſicht iſt ſo
rein, wie ihr weißer Schurz; ruhig ſchüttelt ſie den
Kopf. „Nein, ich ſeh ihn hier nit, er iſt gar nicht
hier, ſcheint's; ein junger Herr war's, — der hat
mir's Geld abgenommen und mir die Quittung ge¬
bracht.“
Der Meiſter guckt in das Papier, es zittert in
ſeinen Händen. „Aber, um Gotteswille, wer hat
denn das unterſchriebe?“ ruft er, unſchlüſſig im
Kreiſe umblickend. Die Geſellen ſehen über ſeine
Schultern weg mit in das Blatt.
„Deſcht e Mädeleshandſchrift!“ ruft plötzlich einer.
Voller Verwunderung blickt ihn Monika an:
„'s iſt aber doch a junger Mann geweſen!“
Die Köchin, die ihre großen Ohren horchend
offen hält und mit ängſtlichen weitaufgeriſſenen Augen
von einem zum anderen blickt, will doch auch etwas
ſagen.
„Vielleicht iſcht einer weggange von Ihre Leut?“
meint ſie.
„In de' letzte zwei Monet net.“
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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/182>, abgerufen am 16.02.2025.
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