Die Gesellen stecken mit finstern Mienen die Köpfe zusammen. Wenn die Monika nicht ein so tapferes Geschöpf wär -- --
"Vor kaum vierzehn Tagen hab' ich's da bezahlt, da herein, in der Werkstatt," erzählt sie nun mit ihrer tiefen, weichen Stimme; "daher," sie zeigt auf eine Hinterthür, "ist er kommen, der junge Herr, hat mich erst g'fragt, was ich krieg, hat mir die Rech¬ nung aus der Hand genommen und ist damit dort hinein; nachher hab' ich ihm 's Geld in seine Hand bezahlt und die Quittung empfangen. So gewiß ich hier steh."
Der Meister schüttelt den Kopf; da geht die Hinterthür auf, und zwei weitere Gesellen treten her¬ ein, eilig und verwundert, und schwarze Schwei߬ tropfen von ihren Stirnen wischend. Der Schmied kümmert sich nicht um ihre Verdutztheit, er schiebt sie an der Schulter vor das Mädchen: "So, weiter hab' i keine Leut! Sind's eppe die g'wese?" Und dabei wirft er einen furchtbaren Blick auf Monika, daß es Michel kalt überläuft. Unter all' diesen zornigen Männern ist sie die einzige, die ihre Ruhe bewahrt, und gerade sie hätte doch am allermeisten Ursache, zornig zu werden. Sie mustert langsam die vor ihr Stehenden, Michel klopft das Herz, ach, wenn's doch einer von denen wäre! Aber da schüttelt sie wieder
Die Geſellen ſtecken mit finſtern Mienen die Köpfe zuſammen. Wenn die Monika nicht ein ſo tapferes Geſchöpf wär — —
„Vor kaum vierzehn Tagen hab' ich's da bezahlt, da herein, in der Werkſtatt,“ erzählt ſie nun mit ihrer tiefen, weichen Stimme; „daher,“ ſie zeigt auf eine Hinterthür, „iſt er kommen, der junge Herr, hat mich erſt g'fragt, was ich krieg, hat mir die Rech¬ nung aus der Hand genommen und iſt damit dort hinein; nachher hab' ich ihm 's Geld in ſeine Hand bezahlt und die Quittung empfangen. So gewiß ich hier ſteh.“
Der Meiſter ſchüttelt den Kopf; da geht die Hinterthür auf, und zwei weitere Geſellen treten her¬ ein, eilig und verwundert, und ſchwarze Schwei߬ tropfen von ihren Stirnen wiſchend. Der Schmied kümmert ſich nicht um ihre Verdutztheit, er ſchiebt ſie an der Schulter vor das Mädchen: „So, weiter hab' i keine Leut! Sind's eppe die g'weſe?“ Und dabei wirft er einen furchtbaren Blick auf Monika, daß es Michel kalt überläuft. Unter all' dieſen zornigen Männern iſt ſie die einzige, die ihre Ruhe bewahrt, und gerade ſie hätte doch am allermeiſten Urſache, zornig zu werden. Sie muſtert langſam die vor ihr Stehenden, Michel klopft das Herz, ach, wenn's doch einer von denen wäre! Aber da ſchüttelt ſie wieder
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Die Geſellen ſtecken mit finſtern Mienen die
Köpfe zuſammen. Wenn die Monika nicht ein ſo
tapferes Geſchöpf wär — —
„Vor kaum vierzehn Tagen hab' ich's da bezahlt,
da herein, in der Werkſtatt,“ erzählt ſie nun mit
ihrer tiefen, weichen Stimme; „daher,“ ſie zeigt auf
eine Hinterthür, „iſt er kommen, der junge Herr, hat
mich erſt g'fragt, was ich krieg, hat mir die Rech¬
nung aus der Hand genommen und iſt damit dort
hinein; nachher hab' ich ihm 's Geld in ſeine Hand
bezahlt und die Quittung empfangen. So gewiß ich
hier ſteh.“
Der Meiſter ſchüttelt den Kopf; da geht die
Hinterthür auf, und zwei weitere Geſellen treten her¬
ein, eilig und verwundert, und ſchwarze Schwei߬
tropfen von ihren Stirnen wiſchend. Der Schmied
kümmert ſich nicht um ihre Verdutztheit, er ſchiebt ſie
an der Schulter vor das Mädchen: „So, weiter hab'
i keine Leut! Sind's eppe die g'weſe?“ Und dabei
wirft er einen furchtbaren Blick auf Monika, daß es
Michel kalt überläuft. Unter all' dieſen zornigen
Männern iſt ſie die einzige, die ihre Ruhe bewahrt,
und gerade ſie hätte doch am allermeiſten Urſache,
zornig zu werden. Sie muſtert langſam die vor ihr
Stehenden, Michel klopft das Herz, ach, wenn's doch
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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/183>, abgerufen am 16.02.2025.
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