Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite
O Tanzsaal ohne Gleichen,
In kühler Schattennacht!
Von Birken und rauschenden Eichen
Umwölbt und überdacht.
Was zauderst Du, Geselle?
Wer zögert, der versäumt!
Die Stunden wandern schnelle, --
Getanzt! und nicht geträumt!
Die Sonne hüpft über die Matten,
Die Fischlein schnellen im Strom,
Die weißen Wolkenschatten
Wirbeln am Himmelsdom.
Doch fröhlicher als sie alle
Das klopfende Herz in der Brust --
Versink! Versink im Schwalle
Brausender Lebenslust!

"Nein! nein!" bat Marianne und hob ihm den
Kopf in die Höhe, den er schluchzend in die Arme
vergraben hatte. "Oder -- sag' mir die Wahrheit,
Alfred, ist Dir's noch immer weh um sie?"

Er schüttelte den Kopf: "Weißt Du, es ist nur,
da fährt nun die Jugend und die Lebenslust und
fährt an uns vorbei," sagte er mühsam.

"Und Du sehnst Dich mitten hinein! Es ist so
natürlich," flüsterte das Mädchen mit zuckendem
Munde.

"Ach," rief er plötzlich, die Arme ausgebreitet,

O Tanzſaal ohne Gleichen,
In kühler Schattennacht!
Von Birken und rauſchenden Eichen
Umwölbt und überdacht.
Was zauderſt Du, Geſelle?
Wer zögert, der verſäumt!
Die Stunden wandern ſchnelle, —
Getanzt! und nicht geträumt!
Die Sonne hüpft über die Matten,
Die Fiſchlein ſchnellen im Strom,
Die weißen Wolkenſchatten
Wirbeln am Himmelsdom.
Doch fröhlicher als ſie alle
Das klopfende Herz in der Bruſt —
Verſink! Verſink im Schwalle
Brauſender Lebensluſt!

„Nein! nein!“ bat Marianne und hob ihm den
Kopf in die Höhe, den er ſchluchzend in die Arme
vergraben hatte. „Oder — ſag' mir die Wahrheit,
Alfred, iſt Dir's noch immer weh um ſie?“

Er ſchüttelte den Kopf: „Weißt Du, es iſt nur,
da fährt nun die Jugend und die Lebensluſt und
fährt an uns vorbei,“ ſagte er mühſam.

„Und Du ſehnſt Dich mitten hinein! Es iſt ſo
natürlich,“ flüſterte das Mädchen mit zuckendem
Munde.

„Ach,“ rief er plötzlich, die Arme ausgebreitet,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0127" n="111"/>
          <lg n="3">
            <l rendition="#et">O Tanz&#x017F;aal ohne Gleichen,</l><lb/>
            <l>In kühler Schattennacht!</l><lb/>
            <l>Von Birken und rau&#x017F;chenden Eichen</l><lb/>
            <l>Umwölbt und überdacht.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="4">
            <l rendition="#et">Was zauder&#x017F;t Du, Ge&#x017F;elle?</l><lb/>
            <l>Wer zögert, der ver&#x017F;äumt!</l><lb/>
            <l>Die Stunden wandern &#x017F;chnelle, &#x2014;</l><lb/>
            <l>Getanzt! und nicht geträumt!</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="5">
            <l rendition="#et">Die Sonne hüpft über die Matten,</l><lb/>
            <l>Die Fi&#x017F;chlein &#x017F;chnellen im Strom,</l><lb/>
            <l>Die weißen Wolken&#x017F;chatten</l><lb/>
            <l>Wirbeln am Himmelsdom.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="6">
            <l rendition="#et">Doch fröhlicher als &#x017F;ie alle</l><lb/>
            <l>Das klopfende Herz in der Bru&#x017F;t &#x2014;</l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;ink! Ver&#x017F;ink im Schwalle</l><lb/>
            <l>Brau&#x017F;ender Lebenslu&#x017F;t!</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
        <p>&#x201E;Nein! nein!&#x201C; bat Marianne und hob ihm den<lb/>
Kopf in die Höhe, den er &#x017F;chluchzend in die Arme<lb/>
vergraben hatte. &#x201E;Oder &#x2014; &#x017F;ag' mir die Wahrheit,<lb/>
Alfred, i&#x017F;t Dir's noch immer weh um &#x017F;ie?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Er &#x017F;chüttelte den Kopf: &#x201E;Weißt Du, es i&#x017F;t nur,<lb/>
da fährt nun die Jugend und die Lebenslu&#x017F;t und<lb/>
fährt an uns vorbei,&#x201C; &#x017F;agte er müh&#x017F;am.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und Du &#x017F;ehn&#x017F;t Dich mitten hinein! Es i&#x017F;t &#x017F;o<lb/>
natürlich,&#x201C; flü&#x017F;terte das Mädchen mit zuckendem<lb/>
Munde.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ach,&#x201C; rief er plötzlich, die Arme ausgebreitet,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0127] O Tanzſaal ohne Gleichen, In kühler Schattennacht! Von Birken und rauſchenden Eichen Umwölbt und überdacht. Was zauderſt Du, Geſelle? Wer zögert, der verſäumt! Die Stunden wandern ſchnelle, — Getanzt! und nicht geträumt! Die Sonne hüpft über die Matten, Die Fiſchlein ſchnellen im Strom, Die weißen Wolkenſchatten Wirbeln am Himmelsdom. Doch fröhlicher als ſie alle Das klopfende Herz in der Bruſt — Verſink! Verſink im Schwalle Brauſender Lebensluſt! „Nein! nein!“ bat Marianne und hob ihm den Kopf in die Höhe, den er ſchluchzend in die Arme vergraben hatte. „Oder — ſag' mir die Wahrheit, Alfred, iſt Dir's noch immer weh um ſie?“ Er ſchüttelte den Kopf: „Weißt Du, es iſt nur, da fährt nun die Jugend und die Lebensluſt und fährt an uns vorbei,“ ſagte er mühſam. „Und Du ſehnſt Dich mitten hinein! Es iſt ſo natürlich,“ flüſterte das Mädchen mit zuckendem Munde. „Ach,“ rief er plötzlich, die Arme ausgebreitet,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/127
Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/127>, abgerufen am 04.05.2024.