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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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Bräutchen aufthaute! Wie die Oehrchen sich spitzten,
die Aeugelchen blitzten, die blassen Wangen immer
rosiger sich färbten. Die kleine Dorl sah sich schon
als Frau Geheimeräthin, wohl gar als gnädige Frau,
in Tituskopf und Tunika, wiegte sich auf seidenen
Polstern zwischen Pendülen und Vasen, während
draußen Generäle und Grafen antichambrirten in Er¬
wartung des gefeierten Herrn Gemahls. Jetzt wagte
sie es, die Augen zu ihm aufzuschlagen; sie nickte ihm
lächelnd zu und ließ die bisher so widerwillige Hand
ohne Sträuben in der seinen. Ja, Weiberchen, Weiber¬
chen, Eva's Töchter, die ihr alle seid! --

--" "Das Heerdfeuer lodert in Erwartung der Haus¬
frau"" -- so schloß der geschickte Mann seine Schil¬
derei, -- " "und auch die Hausfrau wird ja, will's
Gott, nur auf Tage noch dem freundlichen Heimwesen
fehlen. Wir sind Beide verwaist, auch Sie, liebe
Dorothee majorenn; die erforderlichen Zeugnisse können
im Orte bezogen werden. Uebermorgen darf das erste
Aufgebot stattfinden, und zweifle ich nicht, daß uns
alle weiteren Observanzen erlassen werden, wenn ich
in Leipzig, wo ich morgen einige alte Freunde und
Gönner aufzusuchen gedenke, mich beim Consistorium
darum bemühe. Jedenfalls wird bis zum übernächsten

Bräutchen aufthaute! Wie die Oehrchen ſich ſpitzten,
die Aeugelchen blitzten, die blaſſen Wangen immer
roſiger ſich färbten. Die kleine Dorl ſah ſich ſchon
als Frau Geheimeräthin, wohl gar als gnädige Frau,
in Tituskopf und Tunika, wiegte ſich auf ſeidenen
Polſtern zwiſchen Pendülen und Vaſen, während
draußen Generäle und Grafen antichambrirten in Er¬
wartung des gefeierten Herrn Gemahls. Jetzt wagte
ſie es, die Augen zu ihm aufzuſchlagen; ſie nickte ihm
lächelnd zu und ließ die bisher ſo widerwillige Hand
ohne Sträuben in der ſeinen. Ja, Weiberchen, Weiber¬
chen, Eva’s Töchter, die ihr alle ſeid! —

—„ „Das Heerdfeuer lodert in Erwartung der Haus¬
frau““ — ſo ſchloß der geſchickte Mann ſeine Schil¬
derei, — „ „und auch die Hausfrau wird ja, will’s
Gott, nur auf Tage noch dem freundlichen Heimweſen
fehlen. Wir ſind Beide verwaiſt, auch Sie, liebe
Dorothee majorenn; die erforderlichen Zeugniſſe können
im Orte bezogen werden. Uebermorgen darf das erſte
Aufgebot ſtattfinden, und zweifle ich nicht, daß uns
alle weiteren Obſervanzen erlaſſen werden, wenn ich
in Leipzig, wo ich morgen einige alte Freunde und
Gönner aufzuſuchen gedenke, mich beim Conſiſtorium
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[87/0091] Bräutchen aufthaute! Wie die Oehrchen ſich ſpitzten, die Aeugelchen blitzten, die blaſſen Wangen immer roſiger ſich färbten. Die kleine Dorl ſah ſich ſchon als Frau Geheimeräthin, wohl gar als gnädige Frau, in Tituskopf und Tunika, wiegte ſich auf ſeidenen Polſtern zwiſchen Pendülen und Vaſen, während draußen Generäle und Grafen antichambrirten in Er¬ wartung des gefeierten Herrn Gemahls. Jetzt wagte ſie es, die Augen zu ihm aufzuſchlagen; ſie nickte ihm lächelnd zu und ließ die bisher ſo widerwillige Hand ohne Sträuben in der ſeinen. Ja, Weiberchen, Weiber¬ chen, Eva’s Töchter, die ihr alle ſeid! — —„ „Das Heerdfeuer lodert in Erwartung der Haus¬ frau““ — ſo ſchloß der geſchickte Mann ſeine Schil¬ derei, — „ „und auch die Hausfrau wird ja, will’s Gott, nur auf Tage noch dem freundlichen Heimweſen fehlen. Wir ſind Beide verwaiſt, auch Sie, liebe Dorothee majorenn; die erforderlichen Zeugniſſe können im Orte bezogen werden. Uebermorgen darf das erſte Aufgebot ſtattfinden, und zweifle ich nicht, daß uns alle weiteren Obſervanzen erlaſſen werden, wenn ich in Leipzig, wo ich morgen einige alte Freunde und Gönner aufzuſuchen gedenke, mich beim Conſiſtorium darum bemühe. Jedenfalls wird bis zum übernächſten

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/91>, abgerufen am 28.03.2024.