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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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Adelheid und ich mit gespanntem Ohr gelauscht
haben. --

-- "Aber freilich ein Anderes sind ein Paar im
Grunde doch fremde alte Leute und ein Anderes eine
junge bängliche Braut. Die arme, kleine Dorl saß
stumm und blaß, Hände und Blicke im Schoß und
berührte keinen Bissen noch Tropfen. Eigentlich kam
es mir vor, als hätte sie von all' den Mordgeschichten
und Geschäften nicht ein Sterbenswort gehört und
ganz an was anderes dabei gedacht. Der Erzähler
aber dankte ihr dieses angstvolle Erstarren im Rück¬
blick auf die Gefahren, die er fern von ihr durchlebt
hatte. Er drückte ihr die Hand und schwenkte geschickt
in ein Gebiet, in welchem das schwächlichste Frauen¬
zimmer sich allezeit erholt. Die revolutionairen Damen¬
moden wurden auf's Tapet gebracht; das gesellige
Treiben, erst in Paris, dann in Berlin; Namen wurden
genannt, als die von Gönnern und Freunden, bei
deren Klange dem vormaligen Schenkjüngferchen wohl
das Herz im Leibe lachen konnte; und als endlich gar
der eigene Hausstand an die Reihe kam, als einer
Beletage unter den Linden, der Bedienten, Wagen und
Pferde wie selbstverständlicher Dinge Erwähnung ge¬
schah, Freund, da hätten Sie sehen sollen, wie unser

Adelheid und ich mit geſpanntem Ohr gelauſcht
haben. —

— „Aber freilich ein Anderes ſind ein Paar im
Grunde doch fremde alte Leute und ein Anderes eine
junge bängliche Braut. Die arme, kleine Dorl ſaß
ſtumm und blaß, Hände und Blicke im Schoß und
berührte keinen Biſſen noch Tropfen. Eigentlich kam
es mir vor, als hätte ſie von all’ den Mordgeſchichten
und Geſchäften nicht ein Sterbenswort gehört und
ganz an was anderes dabei gedacht. Der Erzähler
aber dankte ihr dieſes angſtvolle Erſtarren im Rück¬
blick auf die Gefahren, die er fern von ihr durchlebt
hatte. Er drückte ihr die Hand und ſchwenkte geſchickt
in ein Gebiet, in welchem das ſchwächlichſte Frauen¬
zimmer ſich allezeit erholt. Die revolutionairen Damen¬
moden wurden auf’s Tapet gebracht; das geſellige
Treiben, erſt in Paris, dann in Berlin; Namen wurden
genannt, als die von Gönnern und Freunden, bei
deren Klange dem vormaligen Schenkjüngferchen wohl
das Herz im Leibe lachen konnte; und als endlich gar
der eigene Hausſtand an die Reihe kam, als einer
Beletage unter den Linden, der Bedienten, Wagen und
Pferde wie ſelbſtverſtändlicher Dinge Erwähnung ge¬
ſchah, Freund, da hätten Sie ſehen ſollen, wie unſer

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[86/0090] Adelheid und ich mit geſpanntem Ohr gelauſcht haben. — — „Aber freilich ein Anderes ſind ein Paar im Grunde doch fremde alte Leute und ein Anderes eine junge bängliche Braut. Die arme, kleine Dorl ſaß ſtumm und blaß, Hände und Blicke im Schoß und berührte keinen Biſſen noch Tropfen. Eigentlich kam es mir vor, als hätte ſie von all’ den Mordgeſchichten und Geſchäften nicht ein Sterbenswort gehört und ganz an was anderes dabei gedacht. Der Erzähler aber dankte ihr dieſes angſtvolle Erſtarren im Rück¬ blick auf die Gefahren, die er fern von ihr durchlebt hatte. Er drückte ihr die Hand und ſchwenkte geſchickt in ein Gebiet, in welchem das ſchwächlichſte Frauen¬ zimmer ſich allezeit erholt. Die revolutionairen Damen¬ moden wurden auf’s Tapet gebracht; das geſellige Treiben, erſt in Paris, dann in Berlin; Namen wurden genannt, als die von Gönnern und Freunden, bei deren Klange dem vormaligen Schenkjüngferchen wohl das Herz im Leibe lachen konnte; und als endlich gar der eigene Hausſtand an die Reihe kam, als einer Beletage unter den Linden, der Bedienten, Wagen und Pferde wie ſelbſtverſtändlicher Dinge Erwähnung ge¬ ſchah, Freund, da hätten Sie ſehen ſollen, wie unſer

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/90>, abgerufen am 25.04.2024.