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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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Hardine," fuhr der Probst nach kurzer Pause fort,
"wessen Bild während der Erzählung handgreiflich
vor mir aufgestiegen, und daß es eine müßige Frage
war, die ich nach dem Namen ihres Helden stellte.
In der Antwort: "Doctor, neuerdings Geheimerath
Faber," überraschte mich höchstens der Titel.

"Wir hatten uns der Stelle genähert, bei wel¬
cher der Weg nach der Anstalt abzweigt. "Verstand
ich Sie recht, mein Herr," fragte ich, nachdem ich Ab¬
schied genommen, den Fremden, "verstand ich Sie
recht, so hat Doctor Faber Sie kürzlich auf der Reise
in diese Gegend begleitet? Sie werden meine Neugier
entschuldigen, wenn ich Ihnen sage, daß ich einem
lange Verschollenen in seiner Heimath zu begegnen
hoffe." ""Ihre Hoffnung dürfte sich erfüllen, Verehr¬
tester,"" antwortete der Begleiter. ""Wir reisten bis
Halle miteinander; dort verweilte ich, während er
ohne Aufenthalt auf der Merseburger Straße weiterfuhr.
In Familienangelegenheiten, wie er sagte."" "Und
wann geschah das?" fragte ich noch einmal. ""Gestern,
Freitag vor acht Tagen,"" versetzte der Fremde, und
der Postwagen rollte von dannen.

"An dem nämlichen Tage hatte ich meine Fahrt
nach Thüringen angetreten; seit länger als einer

Hardine,“ fuhr der Probſt nach kurzer Pauſe fort,
„weſſen Bild während der Erzählung handgreiflich
vor mir aufgeſtiegen, und daß es eine müßige Frage
war, die ich nach dem Namen ihres Helden ſtellte.
In der Antwort: „Doctor, neuerdings Geheimerath
Faber,“ überraſchte mich höchſtens der Titel.

„Wir hatten uns der Stelle genähert, bei wel¬
cher der Weg nach der Anſtalt abzweigt. „Verſtand
ich Sie recht, mein Herr,“ fragte ich, nachdem ich Ab¬
ſchied genommen, den Fremden, „verſtand ich Sie
recht, ſo hat Doctor Faber Sie kürzlich auf der Reiſe
in dieſe Gegend begleitet? Sie werden meine Neugier
entſchuldigen, wenn ich Ihnen ſage, daß ich einem
lange Verſchollenen in ſeiner Heimath zu begegnen
hoffe.“ „„Ihre Hoffnung dürfte ſich erfüllen, Verehr¬
teſter,““ antwortete der Begleiter. „„Wir reiſten bis
Halle miteinander; dort verweilte ich, während er
ohne Aufenthalt auf der Merſeburger Straße weiterfuhr.
In Familienangelegenheiten, wie er ſagte.““ „Und
wann geſchah das?“ fragte ich noch einmal. „„Geſtern,
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[76/0080] Hardine,“ fuhr der Probſt nach kurzer Pauſe fort, „weſſen Bild während der Erzählung handgreiflich vor mir aufgeſtiegen, und daß es eine müßige Frage war, die ich nach dem Namen ihres Helden ſtellte. In der Antwort: „Doctor, neuerdings Geheimerath Faber,“ überraſchte mich höchſtens der Titel. „Wir hatten uns der Stelle genähert, bei wel¬ cher der Weg nach der Anſtalt abzweigt. „Verſtand ich Sie recht, mein Herr,“ fragte ich, nachdem ich Ab¬ ſchied genommen, den Fremden, „verſtand ich Sie recht, ſo hat Doctor Faber Sie kürzlich auf der Reiſe in dieſe Gegend begleitet? Sie werden meine Neugier entſchuldigen, wenn ich Ihnen ſage, daß ich einem lange Verſchollenen in ſeiner Heimath zu begegnen hoffe.“ „„Ihre Hoffnung dürfte ſich erfüllen, Verehr¬ teſter,““ antwortete der Begleiter. „„Wir reiſten bis Halle miteinander; dort verweilte ich, während er ohne Aufenthalt auf der Merſeburger Straße weiterfuhr. In Familienangelegenheiten, wie er ſagte.““ „Und wann geſchah das?“ fragte ich noch einmal. „„Geſtern, Freitag vor acht Tagen,““ verſetzte der Fremde, und der Poſtwagen rollte von dannen. „An dem nämlichen Tage hatte ich meine Fahrt nach Thüringen angetreten; ſeit länger als einer

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/80>, abgerufen am 24.04.2024.