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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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den stolzen Namen "Garten" beigelegt hatte. Hier
stand sie, die Heldin unseres Idylls! Eine classische
Gestalt, hoch geschürzt, die Schritte nicht durch zwän¬
gendes Schuhwerk gehemmt, das gestrige Haar durch
keine Spiegelkunst verschnörkelt. Die fremden Ein¬
dringlinge störten sie nicht in ihrem Geschäft. Mit
antiker Kraft und Ruhe hackte sie die Erdäpfel auf,
welche eine nachwüchsige Schaar in die Höhe puddelte.
Das beiläufig ausgerodete Unkraut lieferte einen Lecker¬
bissen für die umkreisende Ziege, sammt ihren Zickel¬
chen, die mit lustigen Sprüngen ihre Wollust an den
Tag legten. Das kleine, zweibeinige Publikum spen¬
dete dem vierbeinigen Beifall, die Arbeit stockte und
die Vorarbeiterin entfaltete die Macht ihrer Lungen
und Gliedmaßen, um sie wieder in Gang zu bringen.

Jetzt aber griff ein tragischer Zwischenfall in das
ländliche Bild. Unter der Hofthür lehnte die älteste
Tochter, zugleich Kindesmagd der Familie und noch
nicht nach mütterlichem Exempel stoisch geschult. Beim
Begaffen der fremden Gäste entglitt das Wickelkind
ihrem Arm und fiel -- zum Glück in den Schlamm
vor dem Schweinekoben. Mit erhobenen Händen stürzte
die Mutter zur Hülfe und Rache herbei; die älteste
Tochter heulte, das Wickelkind schrie, die Säue grunz¬

den ſtolzen Namen „Garten“ beigelegt hatte. Hier
ſtand ſie, die Heldin unſeres Idylls! Eine claſſiſche
Geſtalt, hoch geſchürzt, die Schritte nicht durch zwän¬
gendes Schuhwerk gehemmt, das geſtrige Haar durch
keine Spiegelkunſt verſchnörkelt. Die fremden Ein¬
dringlinge ſtörten ſie nicht in ihrem Geſchäft. Mit
antiker Kraft und Ruhe hackte ſie die Erdäpfel auf,
welche eine nachwüchſige Schaar in die Höhe puddelte.
Das beiläufig ausgerodete Unkraut lieferte einen Lecker¬
biſſen für die umkreiſende Ziege, ſammt ihren Zickel¬
chen, die mit luſtigen Sprüngen ihre Wolluſt an den
Tag legten. Das kleine, zweibeinige Publikum ſpen¬
dete dem vierbeinigen Beifall, die Arbeit ſtockte und
die Vorarbeiterin entfaltete die Macht ihrer Lungen
und Gliedmaßen, um ſie wieder in Gang zu bringen.

Jetzt aber griff ein tragiſcher Zwiſchenfall in das
ländliche Bild. Unter der Hofthür lehnte die älteſte
Tochter, zugleich Kindesmagd der Familie und noch
nicht nach mütterlichem Exempel ſtoiſch geſchult. Beim
Begaffen der fremden Gäſte entglitt das Wickelkind
ihrem Arm und fiel — zum Glück in den Schlamm
vor dem Schweinekoben. Mit erhobenen Händen ſtürzte
die Mutter zur Hülfe und Rache herbei; die älteſte
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[62/0066] den ſtolzen Namen „Garten“ beigelegt hatte. Hier ſtand ſie, die Heldin unſeres Idylls! Eine claſſiſche Geſtalt, hoch geſchürzt, die Schritte nicht durch zwän¬ gendes Schuhwerk gehemmt, das geſtrige Haar durch keine Spiegelkunſt verſchnörkelt. Die fremden Ein¬ dringlinge ſtörten ſie nicht in ihrem Geſchäft. Mit antiker Kraft und Ruhe hackte ſie die Erdäpfel auf, welche eine nachwüchſige Schaar in die Höhe puddelte. Das beiläufig ausgerodete Unkraut lieferte einen Lecker¬ biſſen für die umkreiſende Ziege, ſammt ihren Zickel¬ chen, die mit luſtigen Sprüngen ihre Wolluſt an den Tag legten. Das kleine, zweibeinige Publikum ſpen¬ dete dem vierbeinigen Beifall, die Arbeit ſtockte und die Vorarbeiterin entfaltete die Macht ihrer Lungen und Gliedmaßen, um ſie wieder in Gang zu bringen. Jetzt aber griff ein tragiſcher Zwiſchenfall in das ländliche Bild. Unter der Hofthür lehnte die älteſte Tochter, zugleich Kindesmagd der Familie und noch nicht nach mütterlichem Exempel ſtoiſch geſchult. Beim Begaffen der fremden Gäſte entglitt das Wickelkind ihrem Arm und fiel — zum Glück in den Schlamm vor dem Schweinekoben. Mit erhobenen Händen ſtürzte die Mutter zur Hülfe und Rache herbei; die älteſte Tochter heulte, das Wickelkind ſchrie, die Säue grunz¬

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/66>, abgerufen am 23.11.2024.