François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.milie zu versorgen, sondern dankte Gott, daß ich sie, Nun aber war es erstaunlich, welche niegekannte Wenn wir das Leben bedeutender Menschen, wie milie zu verſorgen, ſondern dankte Gott, daß ich ſie, Nun aber war es erſtaunlich, welche niegekannte Wenn wir das Leben bedeutender Menſchen, wie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0257" n="253"/> milie zu verſorgen, ſondern dankte Gott, daß ich ſie,<lb/> als Schatz des neuen Thurmes, hüten durfte.</p><lb/> <p>Nun aber war es erſtaunlich, welche niegekannte<lb/> Bedürfniſſe ich dem beſcheidenen Kinde Tag für Tag<lb/> zu befriedigen fand, wie mit jeder Befriedigung der<lb/> Hunger nach neuen Bedürfniſſen wuchs, und wie das<lb/> nüchterne, einförmige Leben allmälig ſo bunt und<lb/> mannichfaltig ward rings um mich her. Das Kind<lb/> braucht Behagen und Freiheit, es braucht Geſpielen<lb/> und Freunde, Blumen und Vögel, Sang und Klang;<lb/> es braucht Almoſen für die Armen und Obdach für<lb/> die Waiſen, die es ſich nachgelockt hat; alles in Eins<lb/> gefaßt: das Kind braucht Liebe!</p><lb/> <p>Wenn wir das Leben bedeutender Menſchen, wie<lb/> es die Geſchichte, oder der Dichter uns vorführt, über¬<lb/> ſchauen, ſo finden wir in heißen Jugendkämpfen, in<lb/> Luſt und Leid ein aneignendes Streben, ein Drängen<lb/> aus der eigenen Perſönlichkeit heraus und in die der<lb/> Anderen hinein, bis denn am Ende, nach mancher<lb/> Verirrung, befriedigt oder entſagend, das Ich zur<lb/> Ruhe kommt, die Heldenmäßigen ſelbſtvergeſſend für<lb/> eine Geſammtheit wirken, Denker und Dichter be¬<lb/> ſchaulich das Ganze, wie das Einzelne an ſich vor¬<lb/> überziehen laſſen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [253/0257]
milie zu verſorgen, ſondern dankte Gott, daß ich ſie,
als Schatz des neuen Thurmes, hüten durfte.
Nun aber war es erſtaunlich, welche niegekannte
Bedürfniſſe ich dem beſcheidenen Kinde Tag für Tag
zu befriedigen fand, wie mit jeder Befriedigung der
Hunger nach neuen Bedürfniſſen wuchs, und wie das
nüchterne, einförmige Leben allmälig ſo bunt und
mannichfaltig ward rings um mich her. Das Kind
braucht Behagen und Freiheit, es braucht Geſpielen
und Freunde, Blumen und Vögel, Sang und Klang;
es braucht Almoſen für die Armen und Obdach für
die Waiſen, die es ſich nachgelockt hat; alles in Eins
gefaßt: das Kind braucht Liebe!
Wenn wir das Leben bedeutender Menſchen, wie
es die Geſchichte, oder der Dichter uns vorführt, über¬
ſchauen, ſo finden wir in heißen Jugendkämpfen, in
Luſt und Leid ein aneignendes Streben, ein Drängen
aus der eigenen Perſönlichkeit heraus und in die der
Anderen hinein, bis denn am Ende, nach mancher
Verirrung, befriedigt oder entſagend, das Ich zur
Ruhe kommt, die Heldenmäßigen ſelbſtvergeſſend für
eine Geſammtheit wirken, Denker und Dichter be¬
ſchaulich das Ganze, wie das Einzelne an ſich vor¬
überziehen laſſen.
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