François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.lächelte zum erstenmale unter meinem Dach, -- "Das Kind friert. Es braucht Wärme!" sagte Nun aß ich mit der Kleinen an einem Tisch, nun Ich hatte mit dem Prediger einen Unterrichts¬ lächelte zum erſtenmale unter meinem Dach, — „Das Kind friert. Es braucht Wärme!“ ſagte Nun aß ich mit der Kleinen an einem Tiſch, nun Ich hatte mit dem Prediger einen Unterrichts¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0253" n="249"/> lächelte zum erſtenmale unter meinem Dach, —<lb/> vielleicht zum erſtenmale im Leben.</p><lb/> <p>„Das Kind friert. Es braucht Wärme!“ ſagte<lb/> ich, und von dem Tage ab wohnte und ſchlief es in<lb/> meinem Erkerthurm, der gegen die Mittags- und<lb/> Abendſonne gelegen und allein von der langen, glän¬<lb/> zenden Zimmerflucht warm, und allenfalls wohnlich<lb/> eingerichtet war.</p><lb/> <p>Nun aß ich mit der Kleinen an einem Tiſch, nun<lb/> ſah ich ſie Morgens und Abends in ihrem Bett, nun<lb/> merkte ich auf die Entwickelung des zarten Keimes.<lb/> Lange freilich noch nicht mit der bewußten Liebe des<lb/> Gärtners, der ein Samenkorn zum Pflänzchen auf¬<lb/> erzieht, aber doch mit einer Art von neugierigem Ver¬<lb/> langen: ob es wohl zur Blüthe kommen wird? Sie<lb/> wurde täglich weißer, runder, gefälliger anzuſehen.<lb/> Manchmal rief ich überraſcht: die Dorl! Aber ſie<lb/> drehte ſich nicht wie die Dorl, lachte nicht, ſchwatzte<lb/> nicht, ſpielte nicht wie ſie, und der große, ſchwarze<lb/> Hund war ihr einziger, aber treuergebener Freund.</p><lb/> <p>Ich hatte mit dem Prediger einen Unterrichts¬<lb/> verſuch verabredet, der nach Neujahr mit dem ſchwäch¬<lb/> lichen Geiſte angeſtellt werden ſollte. Am Nachmittag<lb/> des Weihnachtsheiligabends kam er zu mir, die Kleine<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [249/0253]
lächelte zum erſtenmale unter meinem Dach, —
vielleicht zum erſtenmale im Leben.
„Das Kind friert. Es braucht Wärme!“ ſagte
ich, und von dem Tage ab wohnte und ſchlief es in
meinem Erkerthurm, der gegen die Mittags- und
Abendſonne gelegen und allein von der langen, glän¬
zenden Zimmerflucht warm, und allenfalls wohnlich
eingerichtet war.
Nun aß ich mit der Kleinen an einem Tiſch, nun
ſah ich ſie Morgens und Abends in ihrem Bett, nun
merkte ich auf die Entwickelung des zarten Keimes.
Lange freilich noch nicht mit der bewußten Liebe des
Gärtners, der ein Samenkorn zum Pflänzchen auf¬
erzieht, aber doch mit einer Art von neugierigem Ver¬
langen: ob es wohl zur Blüthe kommen wird? Sie
wurde täglich weißer, runder, gefälliger anzuſehen.
Manchmal rief ich überraſcht: die Dorl! Aber ſie
drehte ſich nicht wie die Dorl, lachte nicht, ſchwatzte
nicht, ſpielte nicht wie ſie, und der große, ſchwarze
Hund war ihr einziger, aber treuergebener Freund.
Ich hatte mit dem Prediger einen Unterrichts¬
verſuch verabredet, der nach Neujahr mit dem ſchwäch¬
lichen Geiſte angeſtellt werden ſollte. Am Nachmittag
des Weihnachtsheiligabends kam er zu mir, die Kleine
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